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Neue Westfälische , 31.10.2001 :

Millionenfache Folter in der Türkei beklagt

Bielefeld (nw). "Einerseits lädt die Regierung uns zum runden Tisch für Menschenrechte ein, andererseits droht sie damit, unser Behandlungszentrum für Folteropfer zu schließen." So beschreibt der Vorsitzende der türkischen Menschenrechtsstiftung TIHV, Yavuz Önen, die zwiespältige Haltung der türkischen Führung. Vor 60 Zuhörern, überwiegend männliche Türken, sprach er jetzt in Bielefeld auf Einladung des Kultur- und Solidaritätshauses.

Etliche der Besucher sind Folter-Opfer und gehören zu der Gruppe, die seit 1980 die Türkei wegen politischer Verfolgung verlassen mussten. Yavuz Önen berichtete über die Arbeit seiner Organisation. Die Menschenrechtsstiftung behandelt und rehabilitiert nach seinen Worten seit 1990 Folteropfer. 6.000 Menschen seien seitdem in den fünf Behandlungszentren (Ankara, Istanbul, Izmir, Adana und Diyarbakir) betreut worden.

"Dies ist nur ein Bruchteil der Opfer", schätzt der 63-jährige gelernte Architekt. Man müsse von etwa einer Millionen Menschen ausgehen, die seit 1980 gefoltert worden seien. Die türkischen Ärzte sprächen nur von "einem Problem für die Volksgesundheit". Der ehemalige politische Häftling weiter: "Wir bilden Ärzte aus, damit sie alternative Gutachten für die türkischen Gerichte erstellen. Denn die Folterer müssen angeklagt und verurteilt werden." Die Menschenrechtler stünden unter Druck, so Önen. Der Gouverneur des Ausnahmezustandsgebietes in Diyabakir drohe mit der Schließung des Behandlungszentrums. 342 Patientenakten seien beschlagnahmt worden.


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