Milton Erickson ,
01.05.2005 :
1. Mai in Bückeburg - Prügel für Kiddies
Bückeburg am 1. Mai: 29 Faschos wollen durch den Ort zum Sablé-Platz vor dem Rathaus marschieren. Ca. 350 Antifas, SchülerInnen und BürgerInnen halten das für ein schlechte Idee und stellen sich den Faschisten in den Weg. 600 Polizisten aus ganz Niedersachsen halten wiederum das für ein schlechte Idee und prügeln den Nazis den Weg frei. Dabei scheint das Alter der GegnerInnen unbedeutend, denn den Einsatzkräften fehlt jede Hemmung, eine friedliche Sitzblockade aus hauptsächlich Minderjährigen mit roher Gewalt und dem exzessiven Einsatz von Pfefferspray von der Straße zu fegen und danach im Sprint 10-jährigen Kindern nachzusetzen. Ein Eindruck der Geschehnisse.
Nacht vom 30.04. auf den 01.05.: Unbekannte postieren einen Miststreuer vor dem Bückeburger Bahnhof, der darauf hinweist, dass brauner Mist nur dort abgeladen werden solle. Die zuständigen Einsatzkräfte verstehen keinen Spaß ... und konfiszieren den Miststreuer.
Eine Gruppe von ca. 6 Menschen verschönert Bückeburgs Straßen mit Fettkreide um Sprüche wie "Bückeburg ist bunt", "Nazis raus" und ähnlich schöne Texte. Die zuständigen Einsatzkräfte haben dafür kein Verständnis und stellen die öffentliche Ordnung wieder her, indem sie die örtliche Feuerwehr ausrücken lassen, um die Straßen von den Kreideschmierereien zu reinigen.
10.00 Uhr: Offizieller Beginn der Antifa-Demo am Bahnhof. Leider kanns noch nicht losgehen - die Polizei moniert Sonnenbrillen als Vermummung (mit Verlaub, ich hatte nach dem Tag n ordentlich Sonnenbrand ... ), besteht auf einem Seitenspalier und erhebt nachträglich die Auflage, das Seitentransparente nicht erlaubt sind. Verzögerung: über eine Stunde. Erst gegen 11.00 Uhr bewegt sich die laute, kräftige Demo Richtung Marktplatz.
Nachdem die Endkundgebung schlussendlich gekesselt wird, damit die Leute nicht zu schnell zum Bhf zurück können, finden sich allerdings sehr viele Leute am Bahnhof ein, um den Nazis einen gebührenden Empfang zur bereiten.
12.00 Uhr: Die stolze Zahl von 29 Dummbatzen hats zum Versammlungsort geschafft. Sichtlich eingeschüchtert von der Präsenz und der Ablehnung von seiten der anwesenden AnwohnerInnen und DemonstrantInnen warten die Nasen darauf, dass sie endlich losgehen können. Währenddessen müssen sie sich eine Menge von den ziemlich nah dran stehenden Antifas und SchülerInnen anhören ... von trotzigen Antworten keine Spur.
13.00 Uhr: Es ist geschafft. Die Deppen von der JN habens endlich geschafft, alle Auflagen der Polizei für ihren Aufmarsch vorzulesen - das wars allerdings auch schon mit Redebeiträgen. Da man davon ohnehin nicht viel hören kann, weil die GegendemonstrantInnen zu laut sind, belässt man es eben dabei. Wohlgemerkt ... die "Herrenrasse" hat bis dahin noch nicht einen Millimeter zurückgelegt.
Vereinzelte übereifrige Polizeikommisare nutzen die Stunde, um sich wichtig zu machen und verteilen den einen oder anderen Platzverweis für die Demoroute. Auf Nachfrage, wo dieser Verweis genau gilt und wo man sich demnach denn problemlos bewegen könne, wird nicht oder nur ausweichend geantwortet ("Wenn ihr uns seht, wisst ihr Bescheid ... ").
14.00 Uhr: Die "deutsche Jugend" marschiert auf den Sablé-Platz zu. Begleitet von der immer größer werdenden Menge an AntifaschistInnen jeder Altersstufe, die damit gar nicht einverstanden ist. Kurz vor dem Sablé-Platz ist es einer großen Gruppe von BürgerInnen und SchülerInnen gelungen, sich auf die Demoroute zu stellen und später auch zu setzen. Nun steht der Naziaufmarsch und fordert unerbittlich die Polizei auf, ihnen die Straße freizuräumen. Der Bereich ist nur von einer Seite betretbar, da ansonsten von Polizeiketten abgesperrt. An einer Seite droht ein Festnahme-Trupp und pflanzt schon mal die Helme auf.
Ca. 14.30 Uhr: Zum dritten Mal schallt die Aufforderung der Polizei durch die Lautsprecher den Platz freizumachen. Die Sitzblockade reagiert naturgemäß nicht darauf und setzt ihren passiven Widerstand fort. Niemand geht zu diesem Zeitpunkt von einer gewaltsamen Räumung aus, da sich die Blockade vorrangig aus minderjährigen SchülerInnen zusammensetzt. Die meisten der Antifa-Kräfte halten sich fern, da kaum jemand von Ihnen ohne Platzverweis geblieben ist.
Ca. 14.40 Uhr: Tumulte. Der Festnahmtrupp stürmt voran und versucht nicht einmal die BlockiererInnen wegzutragen. Brutal und gewalttätig wird an den sitzenden und liegenden Personen herumgerissen, getreten und geschlagen. Auch 12-jährige Kinder werden mit Faustschlägen ins Gesicht traktiert, treten schwere Stiefel auf die Arme wehrloser Kinder. Da die Räumung offenkundig nicht schnell genug von statten geht, verschärft der Trupp den Druck und spritzt mit Pfefferspray. Panik bricht aus. Die DemonstrantInnen werden in den offenen Bereich abgedrängt, die Straße ist frei. Dennoch sprühen die Beamten weiter Pfeffer in die aufgebrachte Menge. Es kommt zu keiner gewalttätigen Gegenwehr dennoch sprengt der Trupp plötzlich nach vorn und macht Jagd auf 10-jährige Schüler, löst eine Panik aus, sodass sogar PassantInnen umgerissen werden. Bei all dem werden auch Pferde und Hunde eingesetzt.
Ca. 15.00 Uhr: Wunden lecken. Die letzten wackeren verleihen ihrem Widerstand Ausdruck, indem sie am Sablé-Platz hinter den Bullenketten stehen und versuchen, die Faschisten zu übertönen. Die meisten allerdings versuchen, irgendwie das ätzende Zeug von der Haut zu waschen oder anderen dabei behilflich zu sein. Und natürlich das gerade erlebte zu verarbeiten. Fassunglose Gesichter sogar bei alten HäsInnen, die nicht glauben können, wie hemmungslos deutlich ältere Polizisten gegen minderjährige Personen und tatsächliche Kinder vorgehen und auch vor dem Einsatz chemischer Waffen gegenüber diesen nicht zurückschrecken.
Ereignisse, die die kleine Stadt Bückeburg so sicher noch nicht erlebt hat. Bleibt zu hoffen, dass die Geschehnisse ihren Widerhall finden, dass unter den betroffenen Kindern vielleicht auch solche waren, deren Eltern etwas mehr Einfluss haben, als die verhallenden Stimmen der restlichen AugenzeugInnen. Dass bei der Einsatzleitung zumindest Köpfe rollen, dass Eltern vielleicht gemeinsam Anzeige gegen die Verantwortlichen erstatten. Dieses völlig maßlose Vorgehen darf nicht ungesühnt bleiben.
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