Neue Westfälische ,
06.06.2020 :
Neonazi Krolzig in Dortmund zu Haft verurteilt
Bielefeld / Dortmund (brm). Der Neonazi Sascha Marcel Krolzig, der seit Jahren als Anmelder mehr oder weniger großer Neonazi-Demos in Bielefeld auftritt, wird demnächst ins Gefängnis müssen. Das Landgericht Dortmund verurteilte den Bundesvorsitzenden der rechtsextremen Splitterpartei "Die Rechte" jetzt zu einer Haftstrafe von einem Jahr und drei Monaten. Das Landgericht hat drei Taten zu einer Gesamtstrafe zusammengefasst. In Dortmund hatte Krolzig im Dezember 2016 Kneipengäste rassistisch beleidigt. In Bielefeld hatte er den Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Herford-Detmold, Matitjahu Kellig, als "frechen Juden-Funktionär" bezeichnet. Das Landgericht Bielefeld sah darin den Tatbestand der Volksverhetzung als erfüllt an und verurteilte ihn zu sechs Monaten Haft ohne Bewährung. Vor dem Oberlandesgericht Hamm war Sascha Krolzig mit seiner Revision im Februar dieses Jahres gescheitert. Damit wurde das Urteil des Bielefelder Landgerichts rechtskräftig. Außerdem hatte der Neonazi in der Öffentlichkeit den Hitlergruß gezeigt.
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Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt, 20.02.2020:
Neonazi Sascha Krolzig muss in Haft
Oberlandesgericht: "Begriff "frecher Jude" stachelt Hass an" / Revision zurückgewiesen
Bielefeld / Herford / Hamm (jr). Der Neonazi Sascha Krolzig (32) muss ins Gefängnis, weil er den Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Herford-Detmold, Matitjahu Kellig (70), in einem Online-Text der Neonazi-Partei "Die Rechte" 2016 als "frechen Juden-Funktionär" bezeichnet hatte. Es war eine Reaktion auf ein WDR-Interview Kelligs im Fernsehen. Kellig zeigte den Neonazi schließlich für die Diffamierung an. Das Oberlandesgericht Hamm wies jetzt in der dritten Instanz ein letztes Mal die Revision des ehemaligen Bielefelders gegen das Urteil des hiesigen Landgerichts zurück.
Der 3. Strafsenat im Hamm begründete die Entscheidung mit folgenden Worten: "Die Verwendung des Begriffs des "frecher Jude" stachelt zum Hass an, weil es sich um eine auf die Gefühle des Adressaten abzielende, über die bloße Äußerung von Ablehnung und Verachtung hinausgehende Form des Anreizens zu einer feindseligen Haltung gegenüber Menschen jüdischen Glaubens handelt."
Das Opfer musste therapeutisch behandelt werden
Krolzig hatte sich wiederum auf das Recht der freien Meinungsäußerung bezogen. Doch die antisemitische Äußerung überschreite hier eine Grenze. "Das Grundrecht auf Meinungsfreiheit gilt nicht vorbehaltlos", erklärte Gerichtssprecher Martin Brandt. Daher erkannte das Oberlandesgericht Hamm keinen Fehler im Bielefelder Urteil. Der Begriff des "frechen Juden" gehöre zum charakteristischen Vokabular der Sprache des Nationalsozialismus. Dass Krolzig den Begriff im Zusammenhang mit nationalsozialistischer Rassenideologie genutzt habe, lasse nur den Schluss zu, dass es ihm gerade auf den herabwürdigenden Sprachgebrauch der Nazis angekommen sei. Und damit sei seine Formulierung als "Aufstacheln zum Hass" einzuordnen.
Damit ist das Urteil des Amtsgerichts Bielefeld, das bereits im Februar 2018 wegen Volksverhetzung über sechs Monate Haft ohne Bewährung für den einschlägig vorbestraften Krolzig lautete, rechtskräftig. Der 32-jährige Neonazi, der inzwischen in Dortmund lebt, war gegen das erste Urteil in Berufung gegangen, doch das Landgericht Bielefeld gab der Berufung im Oktober 2019 nicht statt. Mit der jetzigen Entscheidung des Oberlandesgerichts hat der Rechtsextreme keine juristischen Mittel mehr und muss nun in Kürze seine Haft antreten.
Für das Opfer der Tat blieb der langjährige Prozess nicht ohne Folgen. Matitjahu Kellig musste nach seiner Anzeige auf Anraten des Staatsschutzes die Sicherheitsvorkehrungen in seinem Haus verstärken. "Spätestens seit ich Sascha Krolzig, den ich für einen führenden Nazi halte, wegen Volksverhetzung angezeigt habe, bin ich ins Visier der Nazis geraten", sagt er. Der emeritierte Professor der Musikhochschule Detmold musste auch therapeutisch behandelt werden.
Für Sascha Krolzig, der seit Jahren als Anmelder mehr oder weniger großer Neonazi-Demos in Bielefeld auftritt, dürfte die Haftzeit nach sechs Monaten noch nicht zu Ende gehen.
Erst im vergangenen Juni war Krolzig für das Zeigen des Hitlergrußes, für rassistische Beleidigungen eines Kneipenbesuchers ("Volksverhetzung") sowie den versuchten Schlag mit einem Bierglas ("versuchte Körperverletzung") vom Dortmunder Amtsgericht zu 14 Monaten Haft verurteilt worden. Auch dieses Urteil wurde ohne Bewährung ausgesprochen. Auch in diesem Fall hatte Krolzig Rechtsmittel eingelegt. Da er zum Tatzeitpunkt noch unter Bewährung stand, dürfte sich noch eine weitere Haftstrafe anschließen.
Bildunterschrift: Neonazi Sascha Krolzig im November.
Bildunterschrift: Matitjahu Kellig war Ziel der Volksverhetzung.
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WDR-Nachrichten aus Ostwestfalen-Lippe, 10.10.2019:
Staatsschutz Bielefeld lässt jüdischen Zeugen alleine
10.10.2019 - 19.41 Uhr
Von Jörn Seidel
Matitjahu Kellig sagte als Zeuge gegen Rechtsextremisten aus
Polizei Bielefeld verwehrte Kellig Personenschutz
Gerichtsurteil bestätigt Volksverhetzung
Offenbar aus Hass gegen Juden werden in Halle an der Saale zwei Menschen erschossen. Am Tag danach sagt am Landgericht Bielefeld ein jüdischer Zeuge gegen einen Rechtsextremen aus. Schon Tage zuvor fühlt sich der Gläubige bedroht, hat Angst vor Übergriffen. Er bittet um Personenschutz. Aber die Polizei lehnt ab.
Zeuge gegen Rechtsextremisten
Matitjahu Kellig heißt der Bielefelder Zeuge. Er ist Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Herford-Detmold. Als "frechen Judenfunktionär" hatte ihn der Rechtsextreme Sascha Krolzig bezeichnet - und wurde dafür 2018 zu sechs Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt. Krolzig ging in Berufung. Am Donnerstag (10.10.2019) rollte nun das Landgericht Bielefeld den Fall neu auf.
"Mir geht`s ehrlich gesagt nicht gut"
"Mir geht`s ehrlich gesagt nicht gut", sagte Kellig dem WDR vor Prozessbeginn am Donnerstagmorgen. "Das war gestern ein sehr aufreibender Tag für mich." Wegen der Vorbereitung auf den Prozess. Wegen des Jom-Kippur-Feiertags. Und wegen des Angriffs auf die Synagoge in Halle mit zwei Toten.
Kellig beobachtet in der Gesellschaft schon lange eine zunehmende Rechtsradikalität, Gewaltbereitschaft und Gewaltausübung. Auch deshalb bat er die Polizei Bielefeld vor einigen Tagen um Personenschutz. Aber das Gespräch mit dem Staatsschutz verlief anders, als er erwartet hatte. Personenschutz? Abgelehnt!
Ein Satz, der in Erinnerung bleibt
Schließlich habe es auch beim ersten Prozess gegen Krolzig keine Probleme gegeben, sagte eine Polizeisprecherin später. Ein Satz des Staatsschutzes bleibt Kellig besonders in Erinnerung. "Es wird schon nichts passieren", habe man ihm gesagt.
Es gab aber auch Anlass, vom Gegenteil auszugehen: Der Rechtsextreme Sascha Krolzig hatte als Bundesvorsitzender der Partei "Die Rechte" zum Prozess Unterstützer eingeladen. Nicht selten sei es bei Prozessen wie diesem in der Vergangenheit zu "Einschüchterungs- oder Bedrohungslagen" gekommen, sagte Dario Schach von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus.
Landgericht bestätigt Volksverhetzung
Am Donnerstagnachmittag dann das Urteil: Das Landgericht Bielefeld bestätigte die Entscheidung aus dem vergangenem Jahr. Krolzig muss wegen Volksverhetzung für sechs Monate ins Gefängnis. Kellig ist erleichtert, bestätigte er auf Nachfrage. Sein Engagement gegen rechtes Gedankengut wolle er auch weiterhin nicht aufgeben.
Auf dem Weg vom Gericht zurück zum Wagen wurde Kellig von Polizisten begleitet. Tatsächlich ist dem jüdischen Gemeindevorsitzenden auch diesmal nichts passiert, genau wie es der Staatsschutz vorausgesagt haben soll. Aber es blieb dabei: Personenschutz bekam er nicht.
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OLG Hamm, 28.01.2020 - III-3 RVs 1/20
Am 10. Oktober 2019 bestätigte das Landgericht Bielefeld das Urteil der Vorinstanz vom 22. Februar 2018 gegen Sascha Krolzig (Beleidigung, Volksverhetzung) von sechs Monaten Freiheitsstrafe ohne Bewährung.
Am 22. Februar 2018 verurteilte das Amtsgericht Bielefeld den Dortmunder Neonazi Sascha Marcel Krolzig, wegen Beleidigung sowie Volksverhetzung, zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten (ohne Bewährung).
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06./07.06.2020
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