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Neue Westfälische - Höxtersche Kreiszeitung , 07.04.2020 :

Als Höxter am Abgrund stand

Am 7. April 1945 zerstören deutsche Pioniere die Weserbrücken / Während sie sich selbst zurückziehen, wollen die deutschen Soldaten den Vormarsch der Amerikaner so schwierig wie möglich gestalten

Alexander Graßhoff

Höxter. Vor 75 Jahren sprengen Pioniere der Wehrmacht die Höxteraner Weserbrücke. Doch der Knall und das Krachen des zusammenbrechenden Stahls gehen im Gewitter des feindlichen Beschusses unter. Denn die Stadt ist an diesem Tag "fortwährend von Artilleriefeuer und anderen Detonationen" erfüllt, schreibt Hans Boelte in seinem Buch "Der Kreis Höxter "in jenen Tagen"". Nur noch ein guter Monat bis zur Kapitulation Nazi-Deutschlands und Höxter steht am Abgrund. Erst elf Tage zuvor haben die Alliierten Paderborn zerstört. Droht Höxter das gleiche Schicksal?

"Die ernste Absicht zur Verteidigung der Stadt war schon längst aufgegeben", notiert Boelte mit Blick auf den 7. April. Dabei galt Höxter den Nazis als Teil der "Weserfestung", sagt Stadtarchivar Michael Koch. Ein Propaganda-Begriff, um die Amerikaner abzuschrecken. "Tatsächlich ist das Tal im Bereich der Oberweser relativ eng. Es gibt nur wenige Punkte, an denen man die Weser bequem hätte überqueren können." Doch die Amerikaner haben die Frontlinien in den vergangenen Tagen immer weiter Richtung Höxter verschoben. Längst sind sie mit einer frischen Division bei Oerlinghausen und Lemgo durchgebrochen. Und weil deutsche Truppen aus Sennelager ihre Stellung nicht mehr halten konnten, ist der Weg für die Alliierten durch die Kreise Warburg und Höxter bis an die Weser nicht mehr weit.

"Man konnte an manchen Tagen den Kanonendonner hören", schreibt Adelheid Bartels, damals 44 Jahre alt, in Erinnerung an den näher kommenden Schlachtlärm. Von 1920 bis 1947 war sie Lehrerin an der Realschule (ehemals Höhere Mädchenschule). Ihren Erlebnisbericht über die letzten Kriegstage in Höxter haben ihre Nachkommen dem Stadtarchiv Höxter zur Verfügung gestellt.

Die Amerikaner können ohne Blutvergießen einmarschieren

Am Osterdienstag des Jahres 1945 waren die Amerikaner laut Boelte bis nach Peckelsheim vorgerückt. Damit befanden sie sich nur noch 20 Kilometer südlich von Brakel. Bereits Karfreitag hatten Gerüchte die Runde gemacht, dass der Feind Warburg besetzt habe und demnach innerhalb von zwei Stunden in Höxter sein könnte. Tatsächlich bleibt den Höxteranern eine weitere Woche. Am 1. April versammeln sie sich für eine Kundgebung in den Weseranlagen. Ein Wehrmachtsoffizier erklärt den Anwesenden die militärische Lage. Es heißt, an der Weser werde eine neue Abwehrfront errichtet. Doch Ortsgruppenleiter Meyer warnt die Höxteraner: Es wird erschossen, "wer die weiße Fahne hisse: kein Fußbreit Heimatboden dürfe dem Feind kampflos überlassen werden".

Kreisleitung, Arbeitsamt und NS-Volkswohlfahrt verbrennen nur wenige Tage später ihre Akten, berichtet Adelheid Bartels. "Die Hakenkreuz-Fahnen wurden vernichtet, zu Haufen lagen die Parteiabzeichen, die von der feigen Gesellschaft abgelegt waren. Die SA-Uniformen schwammen in der Weser. Landrat, Kreisleiter, Ortsgruppenleiter und sonstige Parteibonzen waren verduftet. Nur der Bürgermeister, der ebenfalls den Rat bekommen hatte, zu verschwinden, blieb auf seinem Posten."

Am Abend des 6. April wird Höxter dann erstmalig unter Beschuss genommen; der Schwerpunkt liegt auf der Altstadt an der Weser und dem Wasserübungsplatz. Schon seit längerem hatten sich die Höxteraner darauf vorbereitet, in die Berge zu fliehen oder wie Adelheid Bartels im Krekelerschen Keller unterhalb des Felsenkellers Schutz zu suchen.

Die Stadt habe wie ausgestorben gewirkt, schreibt Boelte. Ein Aufenthalt im Freien: lebensgefährlich. Während das Bombardement durch die feindlichen Geschütze vom Bielenberg aus andauert, versuchen Bürgermeister Hartmann, der Erste Beigeordnete der Stadt, Hugo Kuhne, Polizeichef Kollmann und Heinrich Nolzen, der bei den Verhandlungen als Dolmetscher fungieren soll, mit den Amerikanern Kontakt aufzunehmen. Während sich die Delegation den amerikanischen Truppen mit weißer Flagge nähert, sprengen deutsche Pioniere die Höxteraner Weserbrücke. Von fünf Weserbrücken, die an diesem Tag zwischen Beverungen und Holzminden gesprengt werden, ist sie die letzte. Den Anfang hatte die Corveyer Eisenbahnbrücke gemacht.

Schließlich hat die Delegation Erfolg. Die Amerikaner können ohne Blutvergießen einmarschieren. Vorweg: Höxteraner als Versicherung für die Amerikaner - falls es doch noch zu Gegenwehr kommt. Die offizielle Übergabe wird schließlich im Rathaus verhandelt. Erleichterung auf beiden Seiten: Ein auf dem Paderborner Flughafen bereitstehendes Bombergeschwader muss nicht mehr angefordert werden. Höxter bleibt das Schicksal Paderborns erspart.

Dabei ist der Schaden beträchtlich: Durch die Brücken-Sprengung und den Artilleriebeschuss wurden unter anderem die Häuser am Eingang der Weserstraße zerstört, berichtet Boelte. Außerdem sind einige Treffer in der Umgebung des Krankenhauses St. Nikolai niedergegangen. Die Kilianikirche schwer beschädigt, die Turmspitze vom Rathaus abgerissen und viele weitere Häuser völlig zerstört oder zumindest demoliert. Wegen der "schnellen Übergabe an die Alliierten" gab es in der Höxteraner Zivilbevölkerung allerdings nur drei Todesopfer zu beklagen, schreibt Ernst Würzburger in seinem Buch "Höxter: Verdrängte Geschichte".

Adelheid Bartels überlebt in ihrem Versteck. Für sie und die anderen Höxteraner hat das bange Warten ein Ende. Die heiße Phase des Zweiten Weltkriegs ist in der Weserstadt vorbei. "Trotzdem wir nun in Feindes Hand waren, atmeten wir doch erleichtert auf", schreibt sie. Geduldig habe sie die schlaflosen Stunden bis zum Sonntagmorgen ertragen. "Um 9 Uhr wurden wir endlich herausgelassen. Ach, wie freudig begrüßte man das Sonnenlicht!"

Exekution einen Tag vor dem Ende

Einen Tag bevor die Alliierten Höxter einnahmen, wurde Gastwirt Bernhard Disse, Besitzer des Gasthauses "Braunschweiger Hof" an der Bahnhofsstraße, hingerichtet. Der Vorwurf: Wehrkraftzersetzung.

Ein deutscher Unteroffizier hatte mitbekommen, wie Disse der Mannschaft einer Panzersperre geraten hatte, vor den anrückenden Amerikanern - zu diesem Zeitpunkt schon in Brakel - zu fliehen. Einer der Soldaten hat ihn bei dem Unteroffizier denunziert.

Disse wurde später aus dem Haus geholt, ohne, dass seine Frau darüber benachrichtigt wurde. Die Exekution wurde am Abend vollstreckt. Später erfuhr sie, dass in der Lüre zwischen Corvey und Lüchtringen ein Mann tot aufgefunden worden sei. Dabei handelte es sich um ihren Mann.

Bildunterschrift: Das von den Sprengladungen zerrissene Stahlgerippe der Höxteraner Weserbrücke neigt sich in den Strom.

Bildunterschrift: Nur wenige Tage vor Kriegsende wurden einige Häuser am Eingang der Weserstraße durch Artilleriefeuer und die Wucht der Brücken-Sprengung beschädigt.

Bildunterschrift: Die Eisenbahnbrücke bei Corvey wurde 1954 wieder in Betrieb genommen. Zuvor war sie als erste von fünf Brücken an der Weser den Sprengladungen deutscher Pioniere zum Opfer gefallen.

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Westfalen-Blatt / Höxtersche Zeitung, 31.03.2020:

Bücher schildern die letzten Tage

Kriegsende im Kreis Höxter vor 75 Jahren

Von Michael Robrecht

Höxter (WB). Viele Jahre waren eine WB-Serie und das von Hans Boelte verfasste Buch "Der Kreis Höxter in jenen Tagen" die einzige gedruckte Quelle zum Kriegsende 1945 im Kreis. Das vom Busse-Verlag veröffentlichte 220-Seiten-Werk ist nur noch über das Internet oder in Antiquariaten erhältlich. Im Boelte-Buch wird über alle Orte im nördlichen und mittleren Kreisgebiet und die Kämpfe und Geschehnisse im April 1945 berichtet. Als weiteres Standardwerk gilt das Buch von Ernst Würzburger, "Höxter - Verdrängte Geschichte", das sich mit der gesamten Nazi-Zeit, dem Krieg und den Jahren danach beschäftigt. Dieser Band ist im Buchhandel erhältlich. Das Buch "Luftkrieg im Weserbergland" von Detlef Creyd schildert die Luftangriffe.

Bildunterschrift: Eines der besten Fotos, das den Einmarsch der alliierten Truppen in den Kreis Höxter Anfang April 1945 dokumentiert: Das Bild zeigt amerikanische Soldaten mit ihren Fahrzeugen in Fürstenau. Lange Marschkolonnen und viele Gefangene sind überall zu sehen. Von Fürstenau aus geht es dann nach Höxter, das am 7. April besetzt wird.

Bildunterschrift: Der Bahnhof in Brakel in Trümmern: Bei Kriegsende 1945 sieht das Gebäude so aus. Einen Toten gibt es bei dem Fliegerangriff.

Bildunterschrift: In der Kaserne Höxter sollen im Frühjahr 1945 noch hunderte Wehrmachtssoldaten gelegen haben.

Bildunterschrift: Nach dem Sturmangriff am 6. April 1945 bauen die US-Truppen eine Kriegsbrücke bei Wehrden. Hier rollen Jeeps zum Eulenkrug.

Bildunterschrift: US-Wachposten am 7. April 1945 an Brakels Stadtkasse.

Bildunterschrift: Das Missionshaus in Bad Driburg ist 1945 ein Lazarett.

Bildunterschrift: In Höxter sind die Häuser zwischen Rathaus und Weserbrücke durch die Brückensprengung im April 1945 zerstört worden.

Bildunterschrift: Auf einer Geige spielt ein alliierter Soldat aus Alabama Brakeler Kindern nach dem Einmarsch am 7. April Südstaaten-Lieder vor.

Bildunterschrift: Fünf Weserbrücken sind Anfang April 1945 gesprengt worden: Corvey (Foto), Höxter, Fürstenberg, Meinbrexen und Beverungen.

Bildunterschrift: Wrack einer bei Vörden im Zweiten Weltkrieg abgestürzten Halifax LW 293: Eine junge Frau sitzt auf dem Flugzeug-Trümmerberg.

Mehr Fotos im Internet www.westfalen-blatt.de

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Westfalen-Blatt / Höxtersche Zeitung, 31.03.2020:

Wehrmacht sprengt fünf Brücken

Vor 75 Jahren: Zweiter Weltkrieg endet im Kreis Höxter mit Einmarsch alliierter Truppen

Von Michael Robrecht

Höxter (WB). In diesen Wochen jährt sich zum 75. Mal das Kriegsende 1945. Knapp 30 Tage vor der Kapitulation am 8. Mai haben die Städte und Dörfer im Kreis Höxter die Hölle des Krieges bei der Besetzung durch alliierte Truppen erlebt. Das Nazi-Regime war fast am Ende, dennoch sind damals in nur einer Woche zwischen Egge und Weser besonders viele junge Soldaten sinnlos in die Kämpfe geworfen worden. Etliche starben.

Besonders die Ereignisse zwischen dem 4. und 8. April 1945 sind bei vielen älteren Bürgern noch sehr präsent. Ihnen ist es wichtig, den Jüngeren davon zu erzählen und eine Kultur der Erinnerung zu pflegen. Hans Boelte, lange Jahre WB-Redaktionsleiter in Höxter, hat in dem Buch "Der Kreis Höxter in jenen Tagen" in den 50er Jahren die Ereignisse aus allen Ortschaften aufgeschrieben. "Viele haben die Schrecken der Nazi-Herrschaft nicht mehr erlebt und wissen wenig von den Zusammenhängen. Deshalb ist ein Buch wie "In jenen Tagen wichtig"", schrieb er. Gedenkfeiern sind in diesem Frühjahr im Kreis nicht geplant; jedes Jahr wird jedoch am Volkstrauertag im November der Weltkriegsopfer und im Januar der Holocaust-Opfer gedacht.

Für viele Menschen im Kreis Höxter hatte sich der Krieg bis Ende März 1945 in weiter Ferne an den Fronten abgespielt. Es gab unzählige Luftalarme und -angriffe, die Männer waren seit Jahren im Felde, Ausgebombte flohen in die Städte und erste Ostflüchtlinge erreichten den Kreis. Dann kam Ostern 1945: Dass die alte Fachwerkstadt Höxter am 7. April nicht durch ein bereits angefordertes US-Bombergeschwader, das bei Paderborn wartete, zerstört wurde, ist Höxteranern zu verdanken, die unter Einsatz ihres Lebens die Stadt frühzeitig genug an die Amerikaner übergeben haben.

Zum Einen ergab sich eine Gruppe Parlamentäre um Bürgermeister Hartmann, den Beigeordneten Hugo Kuhne, Polizeichef Bernhard Kollmann und Dolmetscher Heinrich Nolzen an der Brenkhäuser Straße und später im Rathaus. Die US-Truppen funkten rechtzeitig nach Paderborn: "Luftunterstützung nicht mehr nötig."

Dann hatte sich eine zweite Gruppe mit Willi Klangwarth, Heinz Sehr, Otto Hartmann und Peter Schelp nahezu zeitgleich aufgemacht, um den Alliierten die Stadt am Schlachthof (heute Rewe Schlesische Straße) zu übergeben.

US-Kolonnen zur Weser

"Die Amis kommen!" Weil Warburg am 31. März 1945 mit der Schließung des "Ruhrkessels" in Paderborn besetzt worden ist, rechneten die anderen Städte im heutigen Kreis Höxter mit einem schnellen Vormarsch der 3. US-Panzerdivision Richtung Weser noch über Ostern. Es dauerte aber dann noch eine Woche, bis die Alliierten die Region ganz besetzt hatten. Für die Eroberung des Kreises wurde die Reichsstraße 64 von Paderborn bis Höxter-Godelheim als Grenze zwischen der 1. US-Armee im Nordbereich und der 9. US-Armee südlich davon festgelegt. "Der Vormarsch dauert vom 4. bis 8. April", schilderte Autor Waldemar Becker (Bad Driburg). In vier parallel kämpfenden Kolonnen eroberten die Truppen Dorf für Dorf. Oft fuhren sie nur durch die Orte, an vielen Stellen - wie in Bonenburg, Borgentreich, Tietelsen, Bad Driburg oder beim Sturm auf Fürstenberg - gibt es blutige Kämpfe mit der SS (viele junge Soldaten) und Wehrmacht. Stellvertretend für die unzähligen Orte eine Auswahl der Ereignisse:

Neuenheerse: 124 B-26-Bomber zerstören mit 1.793 Sprengbomben und 238 Splitterbomben am 28. März - vor der Bodenoffensive - das WiFo-Großtreibstofflager der Wehrmacht nahe des Bahnhofs Neuenheerse bei Herbram-Wald. Die kriegswichtigen riesigen Benzinbehälter brennen stundenlang.

Bad Driburg: Am 4. April rückt die Front an den Stellberg heran. Alle marschfähigen Patienten der Wehrmachts-Lazarette im Missionshaus, in Stellbergheim, in Bad Hermannsborn, im Kurhaus oder im Josefinum müssen nach Höxter flüchten. Das Kurgelände wird alliiertes Hauptquartier.

Brakel: In Brakel ist der Bahnhof zerstört worden. Am 4. April liegt die Stadt unter Granatfeuer der US-Army. Ein Geschoss zertrümmert das Gebäude der heutigen Annen-Apotheke. Zehn Menschen (darunter eine Mutter mit mehreren Kindern) finden den Tod.

Pömbsen: Wie in vielen Orten im Kreis Höxter wird die Erstkommunion auf die Ostertage vorgezogen. In Pömbsen findet die Kreuztracht in der Kirche statt.

Schmechten: Eine US-Panzerdivision mit 500 Fahrzeugen und 4.000 Mann lagert Anfang April vier Tage in Schmechten. Die Soldaten lassen als Beutegut Schmuck, Uhren, alle Fotoapparate und Lebensmittel mitgehen.

Wehrden: 3.000 US-Granaten prasseln auf Wehrden. Viele Häuser brennen. Eine Granate fliegt in die Kirche, explodiert aber nicht. Sie ist noch heute dort ausgestellt. Von Wehrden zum Eulenkrug wird eine Pontonbrücke gebaut, zuvor muss die Fürstenberger Seite mit einem US-Sturmangriff über die Weser mit Booten - unter Beschuss - erobert werden.

Weserbrücken: Fünf Weserbrücken werden von der Wehrmacht beim Einmarsch gesprengt: Corvey, Höxter, Fürstenberg, Meinbrexen und Beverungen.

Steinheim: Artilleriefeuer auf die Stadt setzt am 5. April ein. Scheunen brennen. Die Amis zerstören Schaufenster. Aus Ostpreußen reitet mit ihrem Pferd Marion Gräfin Dönhoff direkt bis Schloss Vinsebeck. Ihre Fluchtgeschichte wird später sehr berühmt.

Nieheim: Auch in Nieheim rücken die Alliierten am 5. April ein. Bei den Kämpfen soll es zwei Dutzend Tote und auch Verletzte gegeben haben. Viele Häuser sind mit US-Soldaten voll belegt.

Fotoseite im Innenteil

Bildunterschrift: Ein junger Pionier-Leutnant ist bei der Sprengung der Weserbrücke in Höxter am 7. April 1945 tödlich verletzt worden. Das Foto aus dem Westfalen-Blatt-Archiv entstand einige Zeit später und zeigt die beiden zerstörten Häuser an der Brücke.

Bildunterschrift: US-Sherman-Panzer rollen durch die Dörfer im Kreis: Eine typische Szene Ende März und Anfang April in den Orten zwischen Egge, Diemel und Weser. Das Foto entstand in Willebadessen in der Ortsdurchfahrt.

Bildunterschrift: Alliierte Truppen rücken in der ersten Aprilwoche durch den Kreis Höxter zur Weser vor, wo im Solling die Wehrmacht noch Widerstand leistet (Karte aus Film von Jan Schametat, "Der Tag an dem sie kamen").

Bildunterschrift: Rauchschwaden sind in den Wäldern bei Schloss Fürstenberg oberhalb der Weser bei Wehrden zu sehen. Wehrden ist damals von 3.000 Granaten schwer beschädigt worden. Hier setzen US-Truppen über.

Mehr Fotos im Internet: www.westfalen-blatt.de

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Westfalen-Blatt / Höxtersche Zeitung, 31.03.2020:

Heute im Lokalteil / Das Kriegsende vor 75 Jahren

Die Ereignisse am Kriegsende 1945 sind bei vielen älteren Bürgern im Kreis Höxter noch sehr präsent. Ihnen ist es wichtig, den Jüngeren von der Zeit vor 75 Jahren zu erzählen - besonders in Krisenzeiten.

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Westfalen-Blatt / Höxtersche Zeitung, 08.04.2014:

Höxter unterm Hakenkreuz

Autor Ernst Würzburger hat 300-Seiten-Standardwerk über die Kreisstadt im Dritten Reich überarbeitet und ergänzt

Von Michael Robrecht

Höxter (WB). Das viele Jahre nicht mehr erhältliche Buch "Höxter: Verdrängte Geschichte" von Ernst Würzburger ist überarbeitet und jetzt erweitert neu veröffentlicht worden. KWG und Realschule haben je einen Klassensatz für den Unterricht erhalten.

Das Standardwerk über die Nazi-Zeit in Höxter ist wieder im heimischen Buchhandel erhältlich. Die Volksbank Paderborn-Höxter-Detmold will mit ihrem Buchsponsoring fördern, dass sich die Schüler mit dem Dritten Reich - 75 Jahre nach Kriegsausbruch 1939 - intensiv auseinandersetzen und hat 70 Bücher gespendet. In der Volksbankzentrale in Höxter hat Heinz Struck die Bände gestern an Georg Wieners (KWG-Direktor) und Monika Krekeler (Realschul-Direktorin) übergeben.

Autor Ernst Würzburger freut sich, dass das 312-Seiten-Werk mit weiteren bisher unbekannten Fotos und vielen textlichen Ergänzungen inhaltlich abgerundet werden konnte. Er macht am Beispiel einer ostwestfälischen Kleinstadt greifbar, wie die Nazis die Macht überall im Reich übernommen und sich penetrant in alle gesellschaftlichen Bereiche ausgedehnt haben. Würzburger lässt sein Buch jedoch nicht mit der Kapitulation 1945 enden, sondern widmet sich intensiv der Vergangenheitsbewältigung in Westdeutschland und auch in der Kreisstadt Höxter.

"Erinnerungskultur ist anders."
Ernst Würzburger

Folgende Themen sind im Band "Verdrängte Geschichte", das erstmals Ende der 80er Jahre erschienen ist und zu dem der Ex-Bundesminister und Höxteraner Ehrenbürger Prof. Klaus Töpfer ein Geleitwort geschrieben hat, berücksichtigt: Wahlergebnisse Weimarer Republik in Höxter, Gründung der NSDAP, Weltwirtschaftskrise und Aspekte der Machtergreifung. Fakten gibt es über die KPD-Zerschlagung und das SPD-Verbot, die Gleichschaltung der Presse in Höxter, die Unterdrückung der Kirchen und die massive Juden-Verfolgung.

Intensiv wird über die Vorkriegsjahre berichtet. Hitlerjugend in Höxter, SA, SS, Militarisierung, Kriegsvorbereitungen und Verteidigung der kirchlichen Räume in der katholischen Kirche werden beschrieben.

Wie Höxter den Kriegsausbruch erlebte, die Blitzkriege, erste Tote und der Einmarsch in Russland und die damit verbundenen Auswirkungen auf Höxter werden thematisiert. Die Geschichte von Pfarrer Kayser (erst Höxter, später Bosseborn) als Geistlicher im kommunistischen Nationalkomitee Freies Deutschland in Moskau wird erzählt, ebenso die vom KZ-Buchenwald-Adjutanten Hans Schmidt, der als letzter Kriegsverbrecher in Westdeutschland 1951 in Landsberg hingerichtet worden ist. Juden-Verfolgung, Aufnahme der Ausgebombten aus dem Ruhrgebiet in Höxter, Auswanderungen und die Bombennächte gehören auch zu den Kapiteln des sehr sachlich geschriebenen Buches.

Der Einmarsch der Amerikaner in Höxter ist deshalb interessant, weil es zwei Gruppen gab, die in der Brenkhäuser Straße und am Schlachthof (heute Rewe Schlesische Straße) die Stadt übergaben. Entnazifizierung, Kriegsgefangenenschicksale sowie 90 Tote beim Bombenangriff auf Ottbergen beschäftigen den Autor Würzburger. Interessant auch die Aufzählung, was heute noch an das Dritte Reich in Höxter erinnert, so die Kaserne von 1936.

Ernst Würzburger zeigt sich zufrieden, dass sich die Erinnerungskultur in Höxter sehr stark verändert habe; besonders zur Zeit in den 80er Jahren, als er Teile des Buch erstmals zusammengestellt und die Form der Darstellung der Nazi-Zeit zu lebhaften Debatten geführt hatte.

"Die Erinnerungskultur hat sich etabliert. Stolpersteine, die an jüdische Bürger erinnern, Gedenktafeln wie am alten jüdischen Friedhof, das Pins-Forum oder die Pflege von Gedenktagen gibt es inzwischen", so Würzburger, der zur Zeit am Buch über die Dachauer Prozesse und den KZ-Schergen Hans Schmidt aus Höxter arbeitet.

Ernst Würzburger, "Höxter: Verdrängte Geschichte", Verlag Jörg Mitzkat, ISBN 3-940751-80-5, Auflage 750 Stück, Preis: 14,80 Euro, im Buchhandel.

Bildunterschrift: KWG-Schulleiter Georg Wieners (links) und Realschulleiterin Monika Krekeler haben je einen Klassensatz Bücher von Autor Ernst Würzburger überreicht bekommen. Die Volksbank habe die 70 Bücher gern finanziert, wie Heinz Struck (Volksbank Paderborn-Höxter) sagt.

Bildunterschrift: Die "Stadtschenke", hier mit Hakenkreuz-Fahne (später Ihr Platz und Mac Geiz), ist SA-Hauptquartier und SA-Kneipe gewesen.

Bildunterschrift: Das Würzburger-Buch zeigt neu entdeckte Fotos aus der Nazi-Zeit, hier das HJ-Sommerferienlager auf dem Floßplatz Höxter mit Lagerwache und Zelten.

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www.mitzkat.de/krieg-zwangsarbeit-juedische-geschichte/Hxter-Verdrngte-Geschichte.html


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