Lippische Landes-Zeitung ,
30.04.2005 :
Muße, Muse, Meditation / Verschiedene Berichte über Streitigkeiten im Lemgoer Friedensbüro
Wer sich mit den Brennpunkten der Gesellschaft befasst, lebt besonders heiß. Bedingt durch die Aufgabenstellung des Vereins sind im Friedensbüro die Unmenschlichkeiten unseres Systems besonders zu spüren. Der Kriegszustand der Konkurrenzgesellschaft wird hier fokussiert: Jeder gegen jeden. Keiner traut mehr dem anderen. Solidarität und Kooperation sind nur noch schöne Worte.
Wir alle sind Kinder dieser Gesellschaft: Geiz, Neid, Angst und Hass haben Konjunktur. Das Gefühl, Opfer zu sein, lässt den Täter entstehen. Wie schon bei Abel und Kain - dem Prototyp von Konkurrenzkampf und Gier nach Zuwendung.
Was sagen die Weisen zu dieser Sündenfalle? Die Neurobiologin Prof. Teuchert-Noodt diagnostiziert: Unsere Lebensverhältnisse werden immer schädlicher für Leib und Seele. Durch chronischen Stress verkümmert das Moralzentrum des Homo sapiens im vorderen Stirnhirn. Wir werden wieder zum Neandertaler, wenn diese Entwicklung so weitergeht (Vortrag am 24. April 2004, Uni Bielefeld).
Einstein warnte: "Die Verkrüppelung des Individuums ist das größte Übel des Kapitalismus" ("Warum Sozialismus?" in Monthly Review, Mai 1949). Und in der Bibel wird Kain, dem ersten lustgeborenen Leidenserzeuger, von Gott der Rat gegeben: Achte auf deine Gefühle. Wenn Grimm hochkommt und die Sünde nach dir Verlangen hat, lass sie nicht einnisten (1. Mose 4).
Eigene Emotionen und Lebensverhältnisse wirken gegenseitig: Friede innen und außen sind nur zusammen zu erreichen. Machen wir es wie Gandhi: "Wir selbst müssen die Veränderung sein, die wir in der Welt sehen wollen." Muße, Muse und Meditation können auch Wachstum bewirken - zu mehr Friedfertigkeit.
Rainer Kluckhuhn
Stucken 25
Lemgo
30.04./01.05.2005
Detmold@lz-online.de
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