Blick nach Rechts ,
02.04.2020 :
Schlag gegen rechte "Bruderschaft"
Ermittler des Polizeilichen Staatsschutzes haben am 1. April Hausdurchsuchungen gegen drei Beschuldigte aus dem Spektrum der "Bruderschaft Deutschland" in Düsseldorf, Neuss und Herne durchgeführt. Betroffen davon war auch der Kopf der Gruppierung.
Laut Staatsanwaltschaft und Polizei habe es zuvor Hinweise gegeben, dass drei Männer im Alter von 42, 43 und 49 Jahren illegale Waffen und Rauschgift besitzen sollen. Einer der Beschuldigten ist Ralf N., der Quasi-Anführer der"Bruderschaft Deutschland". N. ist in Nordrhein-Westfaleneiner der bekanntesten Köpfe jener Gruppen, in denen Rechtsextremisten, Hooligans, Rocker und Kampfsportler gemeinsam aktiv sind. Er wurde laut WDR und "Rheinische Post" wegen Körperverletzung verurteilt, weil er bei einer rechtsextremen Kundgebung 2018 in Düsseldorf an einem Angriff auf Gegendemonstranten beteiligt war. Es gibt zudem Hinweise auf Kontakte zu einem Verdächtigen aus der mutmaßlich terroristischen "Gruppe S." (Blick nach Rechts berichtete am 27.02.2020).
Nach der Razzia teilten die Ermittler gestern am frühen Abend mit, es seien bei einem Beschuldigten Gegenstände sicher gestellt worden, welche den Verdacht begründen, dass diese ohne waffenrechtliche Erlaubnis besessen wurden. Zwar sei der Mann - laut WDR handelt es sich um N. - im Besitz waffenrechtlicher Erlaubnisse, jedoch dürfe er ein aufgefundenes Messer und einen Elektroschocker trotzdem nicht führen. Zudem wurden laut Ermittler Verstöße gegen die Aufbewahrungspflichten von Waffen und Munition festgestellt. Bei einem der Beschuldigten sei zudem eine Substanz sichergestellt worden, bei der es sich mutmaßlich um Betäubungsmittel handelte.
"Bundesweites aktives Geflecht aus Gruppen"
Die teils bundesweit miteinander vernetzten "Bürgerwehren" und "Bruderschaften" aus dem Rheinland und dem Ruhrgebiet werden dem rechten und fremdenfeindlichen Spektrum zugeordnet. Landesinnenminister Herbert Reul (CDU) sagte dazu gegenüber der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" im Herbst 2019: "Durch ihre regelmäßige Präsenz wollen solche Gruppierungen ( ... ) den Eindruck erwecken, dass Flüchtlinge generell eine Bedrohung darstellen und der demokratische Rechtsstaat gegenüber Kriminellen das Gewaltmonopol verloren habe." So patrouillierten oder "spazierten" Vertreter der Gruppen durch Innenstädte, angeblich zum Schutz der Menschen. Als das Rheinbad in Düsseldorf im Sommer in die Schlagzeilen geriet, weil angeblich Migranten randaliert hätten, marschierten die "Brüder" dort auf und meinten, sie wollten nun den Schutz der Besucher gewährleisten.
Führend und prägend in diesem Geflecht aus Gruppen ist die "Bruderschaft Deutschland", die von Düsseldorf ausgehend unterdessen mit verschiedenen Ortsgruppen und Ansprechpartnern in Teilen des Rheinlands, teils auch bundesweit und in der Schweiz aktiv sein will. Ähnliche Ableger gibt es auch in anderen Städten NRWs, zuweilen firmieren diese Gruppen unter anderen Namen ,etwa als "Bruderschaft Ruhrpott", als "Steeler Jungs" (Essen) und als "Kölsche Mitte" (Köln). Unterdessen wurde auch eine "Schwesternschaft Deutschland" aktiv, geprägt von Frauen und Freundinnen der "Brüder".
Durch radikales Auftreten in die Schlagzeilen geraten
In NRW beobachtet der Verfassungsschutz die Gruppen (Blick nach Rechts berichtete am 08.10.2019). Deren Teilnehmer gerieten 2019 durch radikales und gewaltbereites Auftreten etwa bei Aufmärschen in Berlin (Blick nach Rechts berichtete am 08.10.2019) und Mönchengladbach (Blick nach Rechts berichtete am 09.09.2019) in die Schlagzeilen. N. soll laut WDR etwa zum Aufmarsch in Berlin Anfang Oktober die gemeinsame Anreise per Bus aus dem Rheinland und dem Ruhrgebiet mitorganisiert haben. Er hatte laut dem Sender zudem auf Fotos mit Tony E. posiert, den die Ermittler zum inneren Kreis der mutmaßlich rechtsterroristischen "Gruppe S." zählen. Letzterer trug T-Shirts der"Bruderschaft Deutschland - Sektion Süd".
Laut NRW-Innenministerium standen die Durchsuchungen daher auch in einem Zusammenhang mit den Ermittlungen des Generalbundesanwalts zur "Gruppe S.". Landesinnenminister Herbert Reul (CDU) sagte, von der Razzia seien Personen betroffen gewesen, die der "Bruderschaft Deutschland" oder deren Umfeld angehörten. Rechtsextreme Gruppen wie "Mönchengladbach steht auf", "NRW stellt sich quer" oder "Pegida NRW" unterhalten teils enge Kontakte zur "Bruderschaft Deutschland". (mik)
Bildunterschrift: Rechtsorientierte "Brüder" in Aktion.
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Neues Deutschland Online, 29.03.2020:
Rechter Terror / Staatsversagen ohne Ende?
29.03.2020 - 18.44 Uhr
Rechtsterroristische "Gruppe S.": Keine Ermittlungen im Umfeld / 20 Neonazis in Hessen jahrelang unbeobachtet
Von Jana Frielinghaus
Wir erinnern uns: Am 14. Februar wurden bei Razzien in sechs Bundesländern zwölf Männer festgenommen, ein weiterer blieb auf freiem Fuß. Der Generalbundesanwalt gab bekannt, gegen alle 13 werde wegen des Verdachts der Bildung einer rechtsterroristischen Vereinigung ermittelt. Die Mitglieder der von den Ermittlern "Gruppe S." genannten Terror-Zelle sollen unter anderem Anschläge auf Betende in Moscheen, auf Geflüchtete und Politiker in zehn Bundesländern geplant haben. Sie selbst haben sich demnach als "Der harte Kern" bezeichnet.
Was die Karlsruher Behörde seither herausgefunden und unternommen hat, wollten die Linke-Bundestagsabgeordnete Martina Renner und Fraktionskollegen von der Bundesregierung wissen. Das Justizministerium ließ jedoch viele Fragen unter Verweis auf die laufenden Ermittlungen unbeantwortet. In dem Regierungsschreiben, das "nd" vorliegt, heißt es, es werde weiter nur gegen 13 Personen ermittelt. Keiner der Verdächtigen sei den Strafverfolgern als so genannter Gefährder bekannt. Nach den Verhaftungen hatte der "Spiegel" jedoch berichtet, der mutmaßliche Anführer der Gruppe, Werner S., sei vor mehreren Monaten als rechter Gefährder eingestuft worden.
Auf die Frage, ob die Gruppe S. Listen mit Angaben zu potenziellen Opfern geführt haben, antwortet das Ministerium, "aktuelle Sichtungen" hätten "einzelne Namensnennungen" von Politikerinnen und Politikern offenbart. Auskünfte über deren Zahl seien derzeit nicht möglich. Die Namen der bekannten Zielpersonen der Terror-Zelle seien an die zuständigen Behörden "zur Prüfung der Durchführung etwaiger Maßnahmen in eigener Zuständigkeit weitergeleitet" worden. Einige Betroffene seien bereits über ihre Nennung auf Listen der Gruppe S. informiert worden.
Martina Renner sagte dem "nd", es gehöre zu den "zwingenden Lehren" aus den Ermittlungen zum NSU-Terror, dass potenzielle Opfer "sofort und konsequent informiert werden müssen". Für die Linke-Politikerin ist es indes "verwunderlich", dass die Zahl der weiteren an den Treffen der Terror-Zelle und ihrer "informellen Struktur" Beteiligten immer noch unklar sei. Es dürfe sich "nicht wiederholen", dass die Ermittlungen zu Unterstützern wie im Fall des NSU "eine Blackbox ohne Ergebnis" blieben, fordert Renner.
Laut "Spiegel" hat einer der mutmaßlichen Unterstützer der "Gruppe S.", Markus K., am 1. Mai 2009 an einem rechten Aufmarsch in Dortmund teilgenommen, bei dem mehrere Hundert Neonazis eine Gewerkschafts-Demo angriffen. Unter den von der Polizei damals festgesetzten Rechtsradikalen befanden sich auch Stephan E., der mutmaßliche Mörder des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke, sowie Markus H., dem Beihilfe zum Mord an dem CDU-Politiker vorgeworfen wird.
E., der offenbar Verbindungen zum NSU-Umfeld hatte, war vom hessischen Verfassungsschutz seit 2014 als "abgekühlt" und damit als nicht mehr beobachtungswürdig eingestuft worden. Die Begründung: Er habe sich nicht mehr entsprechend betätigt - was, wie Recherchen von Journalisten ergaben, nicht stimmt. Am vergangenen Mittwoch wurde zudem bekannt, dass E. inzwischen auch eine Messerattacke auf einen Iraker im Januar 2016 zur Last gelegt wird, die das Opfer nur knapp überlebte. Ein bei E. sichergestelltes Messer soll als Tatwaffe identifiziert worden sein.
Derweil ergab eine Anfrage der Linken in Hessen, dass der dortige Verfassungsschutz insgesamt rund 20 Neonazis fälschlich als "abgekühlt" eingestuft hat. Dies habe das Amt bei einer internen Prüfung selbst festgestellt, berichtete die Linksfraktion im Wiesbadener Landtag am Donnerstag. Innenminister Peter Beuth (CDU) habe dies bestätigt. Nach Angaben des innenpolitischen Sprechers der Linksfraktion, Hermann Schaus, wird bei 150 weiteren Personen überprüft, ob sie "vor, während und nach der Akten-Sperrung weiter in der Neonazi-Szene aktiv" waren. Bei 1.400 weiteren Personen sei dies nicht mehr überprüfbar, "weil die Akten vor Juli 2012 gänzlich gelöscht und geschreddert" worden seien. Dies, obwohl die Behörden seit der Selbstenttarnung des NSU 2011 angeblich alle Akten mehrfach geprüft haben.
Bildunterschrift: Einer der im Februar Verhafteten - Gefährder oder nicht?
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