Lippische Landes-Zeitung ,
10.03.2020 :
Leserbriefe / Begriffe bereiten den Weg für rassistisches Denken
Zur aktuellen Migrations- und Rassismus-Diskussion äußern sich diese Leser.
Wer der Frage nachgeht, woher der Rassismus kommt, der zu solchen Taten wie in Hanau führt, der muss sich auch mit den Begriffen beschäftigen, die nicht nur in rechten Medien, sondern auch in den so genannten Qualitätsmedien und auch der Lippischen Landes-Zeitung in der Berichterstattung über Migration verwendet werden.
Da liest man von Flüchtlingswelle, von Flüchtlingskrise, von der Katastrophe des Jahre 2015, die sich nicht wiederholen dürfe, da liest man von Grenzschutz und Griechenland als Schutzschild Europas.
Wenn Flüchtlinge in sprachliche Nähe zu Naturereignissen wie Welle, Flut und Katastrophe gesetzt werden, dann entmenschlicht man sie und macht sie zu einem angstbesetzten Ereignis, dem man sich entgegenstemmen muss. Sie werden zur Gefahr, die man abwehren muss, die ohne entschiedene Gegenmaßnahmen kaum aufzuhalten sind.
Und das wird an den Grenzen Europas, das für sich ansonsten gerne die "westlichen Werte" inklusive das aufgeklärte Denken des Humanismus in Anspruch nimmt, gerade wieder einmal bittere Realität: Man "schützt" (!) die Grenzen, indem man Migranten mit NATO-Draht, Wasserwerfern, Tränengas und körperlicher Gewalt traktiert. Das ist dann der von der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und anderen europäischen Staatenlenkern gelobte "Schild Europas". Aber wer muss eigentlich geschützt werden? Wohl nicht die Grenzen, den Grenzen ist das völlig egal, ob sie jemand und wer sie überquert. Geschützt werden sollten die Migranten, die vor Krieg, Armut und Verfolgung fliehen. Das sollte Europa eigentlich leicht fallen, zumindest so lange die Mittelmeerhäfen noch voller Yachten sind, deren Anschaffungspreis pro Stück in die Millionen geht.
Der von vielen in Bezug auf Faschismus und Rassismus gerne aufgerufene Satz "Wehret den Anfängen" sollte von den Medien und auch der Lippischen Landes-Zeitung schon in der Wahl der Begriffe umgesetzt werden, denn Wirklichkeit entsteht auch durch Sprache!
Dorothee Brand und Dieter Zoremba, Detmold
|