Westfalen-Blatt / Zeitung für Halle, Steinhagen und Werther ,
23.03.2020 :
Dieses Museum bleibt offen
Halle (WB). Landauf, landab müssen die Museen geschlossen bleiben, nur die Haller Zeiträume können ihre (virtuellen) Tore noch offen halten - eine gute Gelegenheit, das Online-Geschichtsmuseum der Stadt Halle zu entdecken. Viel gibt es hier zu anzusehen und zu lesen. Die Biographie der jungen Ärztin Dr. Margret Albring aus dem Jahr 1945 ist vollständig online, ebenso die Haller Chronik des Ersten Weltkriegs von Christian Frederking. Ganz neu ist die Geschichte der jüdischen Familie Stern, die noch 1939 nach Amerika auswandern konnte. Besonders spannend im Ausstellungsraum zum Nationalsozialismus in Halle sind vor allem die Tondokumente, in denen Zeitzeugen über Ereignisse berichten, von denen in Halle kaum jemand weiß - so wie die nächtliche Flucht von Verfolgten durch den Teutoburger Wald. Neue Ausstellungsstücke und Geschichten sollen in Kürze online gehen.
www.haller-zeitraeume.de
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Westfalen-Blatt / Zeitung für Halle, Steinhagen und Werther, 28./29.12.2019:
Kekse mit Mehl und "Nichts"
Kriegstagebuch der Haller Ärztin Dr. Margret Albring ist Zeitdokument
Halle (el). Seit Jahren ist es Tradition, dass zum lebendigen Adventskalender auch Haller Geschichte gehört. Das Team des virtuellen Museums "ZeitRäume" hat daher für 35 Zuhörer ein paar Geschichten aus dem Tagebuch einer Haller Ärztin ausgegraben.
Aus den Tagen des Zweiten Weltkriegs sind zahlreiche Aus- und Umzüge bekannt. Meist waren es Flüchtlinge und Gefangene. Doch nicht immer. So ist die Geschichte der Haller Ärztin Dr. Margret Albring ein Umzug ganz anderer Art. Die 1917 in Bochum geborene Ärztin wurde von Gelsenkirchen aus als Unterstützung nach Halle gesandt. Mit dem Ehemann Eduard im Krieg und der kleinen Tochter Ursula auf dem Arm zog sie daher im fünften Kriegsjahr in ein Nebengebäude der Haller Klinik.
Gebannt hörten die Gäste im Hotel Hollmann, wie der Text sehr genau und oft auch humorvoll die damaligen Zustände beschrieb. Dazu gehörte die unverhohlene Beschreibung des "Wintergartens" der Klinik. Sie sei eher eine Baracke gewesen. Ausgestattet mit Krankenhausbetten, aber mit Wänden aus Holz statt Stein, diente dieser unromantische Anbau vor allem für ausländische Verletzte. Die meisten von ihnen waren damals als Fremdarbeiter auf den umliegenden Höfen eingesetzt worden.
Doch gehörten zu den Erinnerungen natürlich auch alltägliche Schwierigkeiten. Passend zur Weihnachtszeit, war beispielsweise vom Plätzchenbacken die Rede. Allerdings waren Fett, Eier, Milch und Backpulver einfach nicht zu bekommen. So buk Dr. Margret Albring ihr Gebäck aus "Mehl, Rübenkraut und Nichts". Stefan Plogmann, der die Lesung seiner Ehefrau Andrea Janböke-Plogmann unterstützte, hatte es auch getan; und jeder Gast durfte einmal das mürbe Gebäck probieren. So richtig lecker war das nicht, stellten die Gäste fest, unter denen auch fünf Familienmitglieder der Ärztin waren. Ganz fürchterlich war es aber auch nicht.
Museumsleiterin Dr. Katja Kosubek hat das Schriftstück der im Jahr 2017 verstorbenen Ärztin Magret Albring als 70 Seiten umfassende Kladde zusammen gestellt
So konnte gerade dieser Aspekt, wie auch das eingespielte Sendesignal des britischen Radios, viele Gespräche zwischen den Gästen entfachen. Gastgeberin Antje Siekendiek vom Hotel Hollmann musste daher noch oft die Punschflaschen auffüllen. Schließlich entschlossen sich jedoch einige Gäste dafür, die auf Halle bezogenen Teile des Tagebuchs, das Dr. Margret Albring 1997 verfasste, schriftlich mit nach Hause zu nehmen.
Museumsleiterin Katja Kosubek hatte das Schriftstück, der im Jahr 2017 verstorbenen Ärztin, als 70 Seiten umfassende Kladde zusammen gestellt. Sie versprach jedoch auch: "Ab dem 23. Dezember ist das Tagebuch dann Teil unseres Museums und kann online herunter geladen oder gelesen werden."
Bildunterschrift: Halles Geschichte aus Sicht einer Ärztin (von links): Die Leiterin des Haller Museums Dr. Katja Kosubek hat mit Stefan und Andrea Janböke-Plogmann die Haller Jahre von Dr. Margret Albring aus ihren Tagebüchern zusammen gesucht.
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Seit dem 23. Dezember 2019 kann das Kriegstagebuch von Dr. med. Margret Albring - die 1944 als junge Assistenzärztin an das Haller Krankenhaus kam - auf www.haller-zeitraeume.de herunter geladen werden.
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www.haller-zeitraeume.de
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