Neue Westfälische - Paderborner Kreiszeitung ,
16.03.2020 :
Linksfraktion kritisiert Bürgermeister
Paderborn. Die Paderborner Linksfraktion kritisiert Bürgermeister Michael Dreier hinsichtlich dessen Bereitschaft zur Aufnahme weiterer Flüchtlinge. Dazu erklärt der Fraktionsvorsitzende Reinhard Borgmeier in einer Presseinformation: "Bürgermeister Dreier betreibt Augenwischerei, wenn er erklärt, die Stadt sei bereit, Flüchtlinge aus dem Krisengebiet an der griechisch-türkischen Grenze aufzunehmen. Der Pferdefuß: Er bezieht sich auf das Verteilsystem "Königsteiner Schlüssel". Dieses setzt voraus, dass die Bundesregierung über die Aufnahme von Flüchtlinge entscheidet. Die Regierung fordert aber eine europäische Lösung, die nicht kommen wird." Damit werde, "die Verantwortung für die Katastrophe an der Grenze abgeschoben".
"Nur wer über das hinausgeht, wozu er gesetzlich verpflichtet ist, zeigt wirklich Engagement", erklärt Borgmeier. "So wie die Bürgermeister aus dem Netzwerk "Sichere Häfen" aus bundesweit 140 Städten. Noch im letzten Jahr hat Dreier sich gegen den Beitritt zum Bündnis ausgesprochen. Das ist kein Engagement." Die Linke unterstütze daher die Forderung der Grünen, zusätzlich 50 Flüchtlinge, vor allem Frauen und Kinder, aufzunehmen.
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Neue Westfälische - Paderborner Kreiszeitung, 12.03.2020:
Bereit für mehr Flüchtlinge
Paderborner Initiativen üben den Schulterschluss mit dem Bürgermeister / Das zeigt sich in einem Brief an die Bundeskanzlerin / Die Grünen wollen ein deutlicheres Zeichen
Hans-Hermann Igges
Paderborn. Menschen ertrinken im Mittelmeer oder kampieren zu Tausenden im Dreck an der griechischen Grenze: Dafür, rasch Wege aus der humanitären Katastrophe des Flüchtlingselends zu finden, sprechen sich Paderborner Institutionen und Initiativen gemeinsam mit Bürgermeister Michael Dreier aus.
Bereits im Dezember schickten sie einen gemeinsam verfassten Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel. Darin stellen sich der Bürgermeister sowie Ahmed Alhajraui (Forum der Religionen), Rudolf Bücker (DGB Kreisverband), Mathia Dubberke (Seebrücke Paderborn) sowie die Flüchtlingsbeauftragten der katholischen wie der evangelischen Kirche (Domkapitular Thomas Witt und Pfarrer Christoph Keienburg) ausdrücklich hinter die Zusage von Bundesinnenminister Seehofer, ein Viertel der auf dem Mittelmeer aufgegriffenen Bootsflüchtlinge in Deutschland aufzunehmen.
Man wisse, dass dadurch auch auf Paderborn wieder mehr Flüchtlinge als zuletzt zukommen würden. Ausdrücklich erklärt darin der Bürgermeister für die Stadtgesellschaft aber die engagierte Bereitschaft zur Aufnahme weiterer Flüchtlinge - allerdings auch im Namen des Rates nicht als Einzelaktion, sondern im Rahmen des für alle Kommunen geltenden "Königsberger Schlüssel", nach dem Flüchtlinge und Asylsuchende seit Jahren verteilt werden.
Das Schreiben machten sie nun im Zusammenhang mit der Verlagerung einer 2016 gemeinsam mit Flüchtlingen von dem Elsener Aktionskünstler Arnd Drossel gebauten Eisenskulptur publik. Sie stellt ein Flüchtlingsboot dar und stand bisher im Geißelschen Garten neben der Stadtbibliothek. Nun steht sie besser im Blickfeld, nämlich am Ufer der Rothobornpader vor dem Gebäude. Bürgermeister Dreier wies dabei auch auf die zur Zeit gezeigte Ausstellung in der Stadtverwaltung Am Abdinghof hin, wo Fotos nach Paderborn Geflüchtete zusammen mit ihren hiesigen Paten zeigen und so vom großen lokalen Engagement berichten.
Unterdessen beantragen die Grünen im Rat, dass die Stadt Paderborn angesichts der Lage in Südosteuropa 50 zusätzliche Aufnahmeplätze für Flüchtlinge zusagt, insbesondere Familien und unbegleitete Minderjährige. "Leidtragende sind insbesondere die Schwächsten, vor allem Kinder und Jugendliche. Diese Situation ist mit der europäischen Idee und den Werten unseres Grundgesetzes unvereinbar", stellen Petra Tebbe und Klaus Schröder als Fraktionssprecher fest. Es sei Zeit für entschlossene Humanität. Damit würde sich Paderborn Kommunen wie Bielefeld anschließen. Die Grünen fordern zudem, "dass die Menschen schnell zu uns kommen und dies nicht an langwierigen bürokratischen Abstimmungen scheitert". Auf Grund der stark rückläufigen Zahlen der aufgenommen Flüchtlinge stünden Kapazitäten bereit.
Bildunterschrift: An der Skulptur "Jedes Boot brauch einen sicheren Hafen" vor der Stadtbibliothek bekräftigen ihren Einsatz für Flüchtlinge (v. l.) Modjgan Bidardel (Forum der Religionen), Aktionskünstler Arnd Drossel, Thomas Witt (Flüchtlingsbeauftragter im Erzbistum Paderborn), Bürgermeister Michael Dreier, Anja Dick (Büro für Flüchtlingskoordination der Stadt), Morag Peckelsen (DGB) und Mathia Dubberke (Seebrücke Paderborn).
Zwischenruf / Immerhin ein Signal
Hans Herrmann Igges
Paderborn ist grundsätzlich bereit, mehr Flüchtlinge aufzunehmen - aber nur im Rahmen einer fairen Verteilung. Ist das mehr als bloße Symbolpolitik? Immerhin ist das der gemeinsame Nenner, den Bürgermeister und Flüchtlingsinitiativen gefunden haben nach intensiven Diskussionen. Besser als nichts, mögen die einen sagen. Zu wenig, die anderen. Immerhin: Das wichtige Signal, sich an der Menschenwürde zu orientieren, ist da. Mögen Berlin und Brüssel es vernehmen.
hans-hermann.igges@ihr-kommentar.de
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