Neue Westfälische - Löhner Nachrichten ,
16.03.2020 :
Gedenken an den Bombenangriff auf Löhne vor 75 Jahren
In Mahnen wurde ein festlicher ökumenischer Bittgottesdienst für den Frieden gefeiert / Zeitzeuge Gerhard Woker berichtete über seine damaligen Erlebnisse
Sandra C. Siegemund
Löhne. "Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein!" Auf diesen Satz des Ökumenischen Rats der Kirchen von 1948 beriefen sich auch die Löhner Pfarrer und hatten 75 Jahre nach dem Bombenangriff auf Löhne zu einem ökumenischen Bittgottesdienst für den Frieden in die Matthäuskirche in Mahnen eingeladen. Vor dem Beginn des Gottesdienstes läuteten ab 15.17 Uhr im gesamten Stadtgebiet die Glocken, um an den damals zur selben Uhrzeit ausgelösten Fliegeralarm zu erinnern.
"Viele der heute hier Anwesenden waren damals noch nicht geboren", sagte Enrico Klee in seiner Ansprache. Zeitzeuge Gerhard Woker berichtete über seine damaligen Erlebnisse. "Heute vor 75 Jahren passierte es. Ich war damals zehn Jahre alt. Wir wohnten damals in der Lübbecker Straße 5", begann er.
Ein Blindgänger war liegen geblieben, darunter saßen wir im Luftschutzkeller
Im nahe gelegenen Bahnhof standen Waggons mit Militär und Flugabwehrgeschützen. Beim Ertönen der Sirenen suchten die Menschen Schutz in den Kellern. "Schon ging es los. Die Flugzeuge kamen. Viele unbekannte Geräusche ertönten und wir fragten uns. Kommen wir hier je wieder raus?"
Als die ersten Menschen sich wieder nach draußen wagten, sahen sie "Rauch, Feuer, Qualm und eingestürzte Mauern, überall Bombentrichter", erinnert sich der Zeitzeuge. Nachbarn waren ums Leben gekommen. "Überall brannte es. Ein Blindgänger war liegen geblieben, darunter saßen wir im Luftschutzkeller. Ein tapferer Mann hat sich den Blindgänger geschnappt und in die Werre geworfen", berichtete Gerhard Woker.
"Hier können wir nicht blieben, hat meine Mutter gesagt und den Bollerwagen beladen." Da die Fenster der Wohnung zerstört waren, brachten sie Sachen zu Bekannten nach Obernbeck. "Wir selbst machten uns danach auf den Weg zu unserem Onkel Hitzemann nach Bad Oeynhausen. Wieder wurde der Bollerwagen beladen, diesmal unter anderem mit Kleidung. Obendrauf saß meine Schwester Mathilde." Gerhard Woker erinnerte sich, dass ihnen der Onkel voller Sorge bereits unterwegs entgegenkam. Den Einzug der Amerikaner im Mai 1945 erlebte die Familie in Oberlübbe, wo sie eine neue Bleibe gefunden hatte.
Gemeinsam beteten die Anwesenden in der Mahnener Kirche die 1959 in Coventry formulierte Versöhnungslitanei. Die Matthäuskirche, deren Vorgängerbau auch bei dem Bombenangriff zerstört wurde, ist Mitglied der weltweiten Versöhnungsbewegung und hat ein Nagelkreuz, symbolisch aus drei Nägeln der 1940 durch einen deutschen Bombenangriff zerstörten Kathedrale in Coventry gebildet, auf dem Altar stehen. Eckhard Teismann hielt die Predigt. "Frieden in der Welt ist auch heute noch Zukunftsmusik. Wir sollten unser Licht hier und heute leuchten lassen, damit es die Finsternis überlagert", forderte der Pfarrer auf.
"Die Zerstörungen von Stadt und Kirche verbinden Löhne und Coventry. Das Kreuz erinnert an Leid und Tod, ist für Christen aber auch ein Zeichen der Versöhnung", sagte er.
Auch er erinnerte an den 14. März 1945, als mehr als 240 Bomber Kurs auf Löhne nahmen, denn die Bahnverbindungen ins Ruhrgebiet sollten zerstört werden. Es gab 114 Tote und über 100 zerstörte Gebäude. Auch die Kirche von Mahnen wurde ein Raub der Flammen. Der brennende Turm war weithin sichtbar. Doch die Glocken aus Gussstahl blieben hängen, als wollten sie sagen, dies ist nicht das Ende der Geschichte. "Sie schlagen noch heute", so Eckhard Teismann.
Die Kollekte kommen dem Café Mosaik zugute
Am 17. Januar 1965 wurde die neu gebaute, gewollt schlicht gehaltene Matthäuskirche eingeweiht. Eckhard Teismann forderte die Gemeinde auf, "gerade auch jetzt als Christen zusammenzustehen". Viele Gottesdienstbesucher zündeten Kerzen an, für den Frieden und in Gedenken an die Opfer des Bombenangriffs, unter ihnen auch eine Zeitzeugin, die an dem Tag ihre Familie verlor.
Die Kollekte des Gottesdienstes kommt dem von Ehrenamtlichen getragenen Café Mosaik zugute, in dem Löhner und viele Menschen aus verschiedenen Ländern zusammenkommen.
Bildunterschrift: Vorbereitungsteam: Hubert Köhler (v. l.), Thomas Struckmeier, Uwe Stintmann, Theofil Nemetschek, Eckhard Teismann, Enrico Klee und Peter Außerwinkler hatten den Gedenkgottesdienst in der Matthäuskirche in Mahnen vorbereitet.
Bildunterschrift: Die Kirche Mahnen nach dem alliierten Bombenangriff auf Löhne am 14. März 1945. Das Gebäude wurde extrem zerstört.
Bildunterschrift: So sieht die Kirche nach dem Wiederaufbau heute aus.
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