Neue Westfälische - Herforder Kreisanzeiger ,
12.03.2020 :
"Die Elsbachs" jetzt mit Logo-Vitrine
Die Dauerausstellung zur Familien- und Firmengeschichte ist mit dem speziell für die Schau hergestellten Stück komplettiert worden
Herford. Seit kurzem ist die im zweiten Obergeschoss des Elsbach-Hauses gezeigte Dauerausstellung "Die Elsbachs - eine Familien- und Firmengeschichte" wieder um die für die 2018 gezeigte Ausstellung speziell angefertigte Vitrine in Form des Elsbach-Logos vervollständigt.
In den beiden Teilen der Vitrine werden Dokumente, Fotografien und Sachzeugnisse zur Familie und Firma Elsbach in Original und Kopie gezeigt. Eine Vitrinen-Hälfte behandelt die Familie von den Anfängen der Familie in Herford Mitte des 19. Jahrhunderts bis zur Deportation von Käthe Maass, geborene Elsbach. Die andere enthält neben Original-Produkten der Firma Elsbach Fotos der Fabrikräume, Aktien, Kataloge, Werbematerialien bis zur neuen Elsbach-Linie der Firma Ahlers, aber auch die Dokumente zur "Arisierung" der Firma Elsbach 1938. Die Ursprünge der Wäschefabrik Elsbach liegen in den 1840er Jahren, als Levi Elsbach in eine jüdische Herforder Familie einheiratete.
1873 wurde die Fabrik gegründet, die sich in den Folgejahren rasant entwickelte. 1907 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt galt sie vor dem Ersten Weltkrieg als größte Wäschefabrik auf dem europäischen Kontinent. 1938 "arisierte" die Bekleidungsfirma Adolf Ahlers unter Einfluss der NSDAP und von Wirtschaftsverbänden die Firma. Die Familie Elsbach lebte bis zur Juden-Verfolgung in den 1930er Jahren in großbürgerlichem und kulturell hochstehendem Milieu in Herford und Hamburg. Käthe Elsbach, Tochter des langjährigen Inhabers Hermann Elsbach, wurde zusammen mit ihrem Mann Adolf Maass deportiert und im KZ Auschwitz ermordet, andere Familienmitglieder konnten fliehen.
Bildunterschrift: Die Vitrinen zeigen Stücke aus der Geschichte der Familie und des Unternehmens.
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Neue Westfälische - Herforder Kreisanzeiger, 25.09.2008:
Von den Nazis "erfasst"
Was Eva-Maria Küchling-Marsden, Schwiegertochter von Käthe Elsbach, berichtet
Von Hartmut Brandtmann
Herford. Wie konnte es geschehen? Die jungen Frauen aus der 12. Jahrgangsstufe des Elisabeth-von-der-Pfalz-Berufskollegs setzen sich mit dem Nationalsozialismus auseinander. Eine Zeitzeugin, die unter der Gewaltherrschaft gelitten hat, ist Eva-Maria Küchling-Marsden. Sie berichtet.
Der Vorsitzende des Kuratoriums Erinnern Forschen Gedenken, Jörg Militzer, hat das Gespräch vermittelt. Mittelbar geht es auch um die jüdische Geschichte der Stadt, denn die Zeitzeugin war verheiratet mit Herbert Adolf Maas, dem Sohn der Jüdin Käthe Elsbach, die ihrerseits Schwester von Kurt Elsbach war, der als letztes Familienmitglied das Herforder Unternehmen führte. Käthe Elsbach, verheiratete Maas, wurde 1944 in Auschwitz ermordet.
In der Lebensgeschichte von Eva-Maria Küchling-Marsden geht es um Schutzhaft in Heidelberg. Aus Maas war Marsden geworden, denn Herbert Adolf emigrierte nach England und nannte sich fortan Edward Arthur Marsden. Seine Frau hatte er in Herford kennen gelernt, als er Geschäftsstellenleiter beim britischen Senat des Obersten Rückerstattungsgerichts war. Dort arbeitete Eva-Maria als Übersetzerin.
Sprachen hatte sie in Heidelberg studiert. Dort geriet sie in die Fänge des berüchtigten Sicherheitsdienstes SD. Am Stammtisch der deutsch-ausländischen Gesellschaft, der sie angehörte, hatte sie vor flämischen Kommilitonen den Einmarsch der Wehrmacht in Belgien kritisiert und erzählt, dass ihr Bruder eine rote Fahne hat, ein Mitbringsel des Onkels, der in China gearbeitete hatte.
Sie wurde bei der Gau-Studentenführung angezeigt und "als Zeugin in eigener Sache" vorgeladen. "Wir sind von Rechtsweg unabhängig" hatte ihr der Vernehmer zynisch erklärt, als sie um einen Rechtsanwalt bat. Wegen "Heimtücke", einer "Straftat", die man nur in der Nazizeit begehen konnte, wurde die damals 22-Jährige zu 14 Tagen Schutzhaft verurteilt.
Ihre Zellengenossin war eine Baronin, verurteilt wegen "verbotenen Umgangs mit Kriegsgefangenen". Die Schutzinhaftierten schliefen auf Strohsäcken, die hygienischen Verhältnisse waren grenzwertig, wie man heute sagen würde.
Vom Leiden berichtet die alte Dame nicht, mehr vom Glück, das sie hatte und von Versuchen, sie nach der Entlassung als Gestapo-Spitzel anzuwerben. Sie widerstand mit Geschick.
Die 86-Jährige erzählt in faszinierender Klarheit. Sie spricht leise und doch verständlich - ohne Anklage oder Dramatik. Geschichte wird lebendig. Die Kollegiatinnen hören konzentriert zu. Die Eingangsfrage "Wie konnte das geschehen", beantwortet Eva-Maria Küchling-Marsden so: "Was man erfuhr, war meistens ein Gerücht. So sahen wir die Gefahr nicht heraufziehen. Alle Medien waren gleichgeschaltet. Und wir waren von den Nazis erfasst."
Zwei Jahre Elsbach-Platz
Fast zwei Jahre ist es her, dass der Platz gegenüber MARTa seinen Namen bekam. Er soll an die Jüdin Käthe Elsbach erinnern, die Schwiegermutter von Eva-Maria Küchling-Marsden. Die heute 86-Jährige, die in Bad Salzuflen lebt, gehörte zu dem kleinen Kreis, der zur Einweihung am 27. September 2006 geladen war.
Bewusst eingeladen wurde Jan Ahlers, der Gründer der Ahlers AG und Anreger der Namensgebung. Sein Vater hatte im Sommer 1938 die von den Nationalsozialisten enteignete und "zwangsarisierte" Fabrik des Vaters von Käthe Elsbach übernommen. Deren Hauptsitz befand sich im heutigen "Elsbach-Komplex", der direkt an den Käthe-Elsbach-Platz angrenzt.
Bildunterschrift: Nachdenklich: Die Zeitzeugin Eva-Maria Küchling-Marsden konzentriert sich auf die Fragen.
Bildunterschrift: Durchblick: Jörg Militzer (Kuratorium Erinnern Forschen Gedenken) und die Politik-Lehrerin Regine Stelte moderieren das Gespräch am Elisabeth-von-der-Pfalz-Berufskolleg.
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www.zellentrakt.de
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