Neue Westfälische - Zeitung für das Lübbecker Land ,
09.03.2020 :
FDP ist "Bündnis gegen Rechts" zu einseitig
Dieter Fette will sich nur beteiligen, wenn es sich auch gegen Linksextremismus richtet
Lübbecke. Nachdem die NW berichtet hatte, dass die FDP beim Bündnis gegen Rechtsextremismus ("Gesicht zeigen") als einzige im Stadtrat vertretene Partei nicht an dem ersten Treffen in der vergangenen Woche teilgenommen hatte, begründet FDP-Ratsherr Dieter Fette seine Abwesenheit und stellt zunächst fest: Die FDP sei für eine offene, tolerante Gesellschaft und gegen rechtsextremistische Gewalt: "Das sind unsere Werte, für die wir einstehen, und die wir jederzeit verteidigen werden."
Bei einer Veranstaltung Bündnis gegen Rechts- und Linksextremismus, "hätten wir uns als erste beteiligt", fährt Fette fort. Eine Diskussion, über die jetzt offensichtlich zu Tage getretene rechtsextremistische Gewalt und Mittel, wie man sie einschränken könne, würde man gern "konstruktiv mitgestalten". Die Qualität der Rechtsextremen sei eine andere als die der Linksextremen und treffe Deutschland besonders. "Aber Mauer-Schützen und Stasi-Bespitzelung sind auch noch nicht vergessen und Repräsentanten der alten SED, jetzt die "Linken", greifen wieder zur Macht", so Fette: "Ich wehre mich gegen linkes Framing, den Versuch, das Spektrum der öffentlichen Meinung nach links zu verschieben und damit alles was rechts davon steht, als extremistisch zu verunglimpfen."
Er habe Sympathien für die "rechten" Werte, aber auch für die "linken". Als Liberaler könne er sich jedoch weder mit den Tradionalisten ("Das haben wir schon immer so gemacht") noch mit den Staatsgläubigen ("Vater Staat wird’s schon richten") identifizieren. Die FDP lege Wert darauf, nicht mit Linksextremen oder Rechtsextremen in Reih und Glied zu marschieren, weder im Geiste noch in der Realität.
In Minden, bei dem dortigen Bündnis gegen Rechts, hat sich Fette zufolge "eine degenerierte CDU mit den linksextremistischen Parteien KPD, MLPD gemein gemacht", Parteien, die offen oder versteckt, verfassungsfeindliche Ziele verfolgten. Von den Grünen, deren Gründerväter fast ausnahmslos linksextremen Parteien entstammten - die Konservativen seien weggebissen worden - könne man die Beteiligung erwarten.
"Es ist für mich nur eine Frage der Zeit bis auch die Antifa in Lübbecke an dem Bündnis teilnimmt", betont Fette. Wie heiße es in dem Zitat des italienischen Sozialisten Ignazio Silone? "Wenn der Faschismus zurückkehrt, wird er sagen: Ich bin der Antifaschismus."
Bildunterschrift: Dieter Fette vertritt die FDP als einziger Abgeordneter im Lübbecker Stadtrat.
Kommentar / Kritik der FDP Lübbecke
Rechtes Auge blind?
Joern Spreen-Ledebur
Eines vorweg: Jede Form von Extremismus ist verwerflich. Anders als von Dieter Fette behauptet, greifen die alten SED-Funktionäre nicht nach der Macht. Nicht einmal mehr in Brandenburg.
Fette attackiert eine "degenerierte CDU", verschweigt aber das Verhalten seiner Thüringer Parteifreunde, die im Februar bei der Ministerpräsidenten-Wahl mit AfD-Abgeordneten um den Faschisten Björn Höcke stimmten. Nun stimmte die FDP gar nicht mit ab - warum ist sie dann eigentlich noch im Erfurter Landtag vertreten? Was Dieter Fette nicht sagt: In diesem Land gibt es eine Terror-Serie. Nicht von Links, sondern von Rechts. Die NSU-Morde, Walter Lübcke, Halle, Hanau, Feindes- und Todeslisten. Sollte die FDP Lübbecke auf dem rechten Auge blind sein?
joern.spreen-ledebur@nw.de
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Neue Westfälische - Zeitung für das Lübbecker Land, 06.03.2020:
Kommentar / Lübbecker Bündnis für Toleranz
Den Worten müssen endlich Taten folgen
Joern Spreen-Ledebur
Das Engagement von Irmgard Schmidt verdient Respekt und Anerkennung. Mit ihrer privaten Initiative hat die Lübbeckerin die Gründung eines Bündnisses für ein tolerantes Lübbecke angestoßen. Irmgard Schmidt engagiert sich für unsere Demokratie, sie ist aktiv für das Miteinander.
Für das Miteinander der Menschen, egal woher sie kommen, engagieren sich im Lübbecker Land viele Bürger. Viele von ihnen machen das still und leise. Vom Engagement vieler Bürger für Demokratie und Toleranz können Parteien noch eine Menge lernen.
In der Sache hat Heinrich Stenau ja recht: Wenn Bürger schon in der Kommunalpolitik Geschachere und parteipolitischen Zank und Machtspielchen sehen, wenden sie sich mit Grausen ab. Sie werden durch das Gebaren etablierter Parteien in die Arme jener getrieben, die ein demokratisch gewähltes Parlament als Bühne für die eigenen Ziele missbrauchen wollen. In die Arme einer Partei, deren Spitzenmann Björn Hocke laut einem Urteil des Verwaltungsgerichts Meiningen vom September vorigen Jahres als Faschist bezeichnet werden darf.
Eine Partei unterwandert das demokratische System, um es zu zerstören und eine faschistische Terror-Herrschaft zu erreichen: So etwas gab es schon einmal in diesem Land. Am Ende standen ein zerstörter Kontinent und Millionen Tote, Flucht und Vertreibung. Daran muss jeden Tag erinnert werden.
Demokratie ist nicht selbstverständlich. Jeden Tag müssen wir alle uns für sie einsetzen. So wie Irmgard Schmidt. Denn es gibt keine Alternative zu einem demokratischen Deutschland in der Europäischen Union. Wann lassen die demokratischen Parteien ihren vielen Worten endlich auch Taten folgen - und folgen den Beispielen von Irmgard Schmidt und vielen andere Menschen?
joern.spreen-ledebur@nw.de
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Neue Westfälische - Zeitung für das Lübbecker Land, 06.03.2020:
Lübbecker zeigen Gesicht für Toleranz
Bürger wollen dem Erstarken des Rechtsextremismus nicht tatenlos zusehen / Sie schmieden ein Bündnis für Toleranz und Demokratie, das über die Grenzen der Stadt hinaus wirken soll
Joern Spreen-Ledebur
Lübbecke. Die NSU-Morde, der Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke, der Anschlag auf die Synagoge in Halle mit zwei Toten und jüngst die Morde in Hanau: Rechtsextreme Gewalt greift um sich. In der Politik sorgte die kurzzeitige Wahl eines FDP-Politikers zum thüringischen Ministerpräsidenten mit den Stimmen der AfD für ein Beben.
Irmgard Schmidt aus Lübbecke reicht es. Die Seniorin engagiert sich gegen Rechtsextremismus - und sie bekommt Mitstreiter. "Eigentlich wollte ich in Lübbecke einen Ableger von "Omas gegen Rechts" gründen", merkt sie an. Warum aber eine solche Einschränkung? Irmgard Schmidt startete eine private Initiative, die in ein Bündnis münden soll. Der genaue Name soll noch gefunden werden, mit "Lübbecke zeigt Gesicht" oder "Gesicht zeigen für Vielfalt" sind Vorschläge schon genannt, mit einem ersten Treffen auch ein erster Schritt hin zum Bündnis getan.
Zahlreiche Lübbecker trafen sich auf Initiative von Irmgard Schmidt und berieten am Mittwochabend in den Räumen der Parität, wie das Bündnis auf den Weg gebracht werden kann. Auch Vertreter der Grünen und von CDU, SPD, Lübbecke Konkret und der Wählergemeinschaft Lübbecke waren dabei und sicherten Unterstützung zu.
"Wir wollen, dass Lübbecke weltoffen bleibt"
Lübbecke sei eine liebenswerte Kleinstadt, man kenne sich, sagte Moderator Michael Hafner. "Wir wollen, dass Lübbecke weltoffen bleibt und Toleranz gelebt wird." Fremdenfeindlichkeit lehne man ab. "Lassen Sie uns zusammenstehen. Wir alle können betroffen sein, wenn wir nicht zusammenstehen."
Irmgard Schmidt erinnerte an das Engagement vieler Menschen gegen Rechts. "Ich lebe gern in dieser Stadt, wo man respektvoll miteinander umgeht." Trotzdem betrachte sie die Ereignisse der vergangenen Jahre mit Sorge. Die Zahl rechtsextremer Straftaten nehme zu, die geistigen Brandstifter würden stärker.
"Schade, dass es Bergen-Belsen nicht mehr gibt", habe ihr vor einigen Jahren ein Mann gesagt und sich auf die Meinungsfreiheit berufen, berichtet Irmgard Schmidt. Die Seniorin ist empört. "Die Rechten werden immer lauter, die Aufrechten sind zu leise." Sie bittet die Lübbecker, laut zu werden gegen Extremisten: "Lassen Sie uns ein Bündnis gründen, Lübbecke zeigt Gesicht." Das, forderte die engagierte Lübbeckerin am Mittwoch, solle sich nicht in kurzzeitigem Aktionismus erschöpfen: "Wir müssen kontinuierlich daran arbeiten."
Sie appellierte an die Gäste des Treffens, Gesicht zu zeigen - und ein Foto zu mailen. Bei Freunden, Verwandten und Kollegen in Lübbecke und anderen Orten solle dafür geworben werden, gleiches zu tun. "Vielleicht erreichen wir auf dem Weg sogar die Parteispitzen und Kirchenoberen. Alle zusammen wollen wir Gesicht zeigen für unsere Demokratie."
Irmgard Schmidt wirbt nachdrücklich für Engagement uns sagte: "Man muss das Große anstreben, um das Mittlere zu erreichen. Machen Sie mit und holen Sie die Leute mit ins Boot."
Thomas Heilig aus Bad Oeynhausen, der das im vorigen Jahr in der Kurstadt entstandene Bündnis vorstellte, zeigte sich begeistert. Die Foto-Aktion, bei der Menschen Gesicht zeigten gegen Rechts, die werde man übernehmen.
Jannik Kohl stellt die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus im Regierungsbezirk Detmold vor und bot den Lübbeckern ebenso wie Daniel Kapteina vom Kreis Minden-Lübbecke seine Hilfe an.
"Schafft man Kontakte, sieht die Welt ganz anders aus"
Die Gäste berichteten, warum sie beim Bündnis dabei sein wollen. Die Aussage von AfD-Politiker Alexander Gauland, die zwölf Jahre Nazi-Zeit seien ein Vogelschiss in gut 1.000 Jahren deutscher Geschichte, haben Bruno Schmidt sehr gestört. Dagegen müsse man aktiv werden, sagte er.
Marie-Luise Bernotat setzt auf Begegnungen zwischen Menschen. Dafür sollten alle Möglichkeiten geschaffen werden. Ganz wichtig sei es, mit Leuten zu sprechen und zu informieren: "Schafft man Kontakte, dann sieht die Welt ganz anders aus." Auf Information und Aufklärung setzen alle, die an diesem Abend in der Runde dabei waren.
Sandra Thies von der Diakonie, Leiterin des neuen Jugendcafés am ZOB, steht dem Bündnis grundsätzlich positiv gegenüber und möchte schauen, wie man in der Jugendarbeit Kinder und Jugendliche sensibilisieren kann. Elisabeth Esau interessiert die Sache.
Pfarrer Eberhard Helling findet die Gründung eines solchen Forums sinnvoll. Er erinnerte an einen Besuch bei einer Veranstaltung von "Keine andere Wahrheit" (ehemals "Kein anderes Evangelium"). Das dort Gehörte sei nur Vorbereitung auf das, was die AfD wolle. Er habe die Veranstaltung vorzeitig verlassen, weil er es als Kirchenvertreter nicht aushalte, wenn das Evangelium missbraucht werde. Die Folgen zeigten sich dann in Wahlergebnissen, zum Beispiel in Teilen Espelkamps.
Bildunterschrift: Zahlreiche Lübbecker unterstützen die geplante Gründung des Bündnisses für ein weltoffenes Lübbecke von Beginn an. Sie wollen auch Gesicht zeigen für die Demokratie.
Bildunterschrift: Irmgard Schmidt, hier mit Michael Hafner, hatte die Initiative zur Gründung eines Bündnisses für ein tolerantes Lübbecke ergriffen.
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Neue Westfälische - Zeitung für das Lübbecker Land, 06.03.2020:
Breite Unterstützung für Bündnis gegen Rechts
Bis auf die FDP waren alle Parteien vertreten
Lübbecke (-sl-). Mit den Grünen, der SPD, der CDU, der WL und der LK sicherten jetzt fünf der sechs im Stadtrat vertretenen Parteien einem geplanten Bündnis gegen Rechtsextremismus (Lübbecker zeigen Gesicht für Toleranz) ihre Unterstützung zu. Ein Vertreter der FDP war bei dem ersten Treffen in den Räumen der Parität nicht dabei.
In der Schule arbeite er jeden Tag mit Kindern aus verschiedenen Kulturkreisen, und den Kindern sei völlig egal, woher jemand komme, berichtete Karl-Friedrich Rahe (SPD). Ein Problem werde das erst, wenn Kinder von außen indoktriniert würden. Rahe unterstützt das geplante Bündnis ebenso wie Martin Klee (WL), Andreas Schröder (SPD), Kathrin Böhning als gemeinsame Bürgermeister-Kandidatin von CDU und Grünen, Bernd Sasse-Westermann (LK), Heinrich Stenau (Grüne) und Michael Biesewinkel (CDU).
"Mich erschreckt furchtbar, was da hochkocht", sagte Böhning. Manchmal stehe sie vor ihrer Enkeltochter und wünsche sich, dass auch die in Frieden und Demokratie aufwachsen könne, sagt Kerstin Wöbbeking (Grüne).
"Uns war klar, dass wir von Anfang an dabei sein wollen", macht Michael Biesewinkel deutlich. Über die Vergangenheit sei viel gelehrt worden, niemand könne wollen, dass es sowas wieder gebe.
Für Andreas Schröder ist es zu einfach, wenn die Politik mit dem Finger auf die rechte Ecke zeige, aber nichts unternehme, um besser zu werden. Zum Frust bei Bürgern hätten die Parteien ein Quentchen beigetragen, war Schröder etwas selbstkritisch.
Die AfD habe in Lübbecke fünf Leute, sagte Sasse-Westermann und ist überzeugt, dass sie Probleme bekommt, Leute zu finden, die mit ihrem Gesicht auf Plakaten für die Partei stünden. In Lübbecke solle man sich mit dem Wahlprogramm der AfD befassen, "gerade von Höcke, diesem Nazi", fordert Sasse-Westermann und möchte die Partei inhaltlich auseinandernehmen: "Man muss den Leuten sagen, was das für Bullshit ist." So entziehe man der AfD die Basis - werde die Partei nicht in Räte oder Kreistage gewählt, entziehe man ihr auch finanziell den Boden.
"Wir sprechen viel über die AfD, aber die ist nur das Schaufenster", sagt Torsten Griese (Grüne). Dahinter steckten Menschen die gefährlich seien "und unsere Demokratie abschaffen wollen". "Wir sind nicht der Staatsschutz", merkt Pfarrer Eberhard Helling an. Man dürfe sich nicht überfordern und müsse schauen, welche Formate in Lübbecke machbar seien.
Solange man in Lübbecke nicht bereit sei, Jugendsozialeinrichtungen mit Geld auszustatten, bereite man Ideologen den Nährboden, warnte Heinrich Stenau. "Es gibt eine Menge an Leuten, die sind große Sympathisanten und warten nur auf den Funken. Und vielleicht sind wir der Funke."
Bildunterschrift: Thomas Heilig stellte das Bad Oeynhauser Bündnis vor.
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Neue Westfälische - Zeitung für das Lübbecker Land, 06.03.2020:
Lübbecke: Bürger und Parteien zeigen Gesicht gegen Rechts
Irmgard Schmidt (Foto) sorgt sich um Demokratie und Toleranz - auch in ihrer Stadt. Sie hat deshalb privat die Initiative ergriffen und bereitet die Gründung eines Bündnisses gegen Rechts vor. Die Lübbecker Ratsparteien tragen Schmidts Vorhaben mit und entsandten Vertreter zu einem ersten Treffen. Eine Partei fehlte allerdings.
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Neue Westfälische - Zeitung für das Lübbecker Land, 12.02.2020:
Bündnis gegen die AfD bildet sich
Mit der Gründung eines Bündnisses aus politisch interessierten Bürgern und Mitgliedern örtlicher Parteien soll verhindert werden, dass die AfD Minden-Lübbecke bei der Kommunalwahl in weitere Stadträte einzieht
Frank Hartmann
Lübbecke. Vor gut einer Woche hat die frühere NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) beim Besuch des SPD-Ortsverbandes Stemwede in Levern gesagt: "In einer Zeit, wo sich die AfD ausbreitet, ist die SPD gefordert." Es seien "Leute unterwegs, die wollen unser demokratisches System auseinandernehmen. Dagegen müssen wir uns wehren." In Lübbecke ist das jetzt geplant. Allerdings nicht initiiert von der SPD oder einer anderen Partei, sondern von einer 70-jährigen Bürgerin, die verhindern möchte, "dass die AfD im September in den Lübbecker Stadtrat kommt".
Die Idee zur Gründung eines Bündnisses, für das ein Name noch gefunden werden muss, kam der Lübbeckerin, die sich und ihren Mann als "zeitlebens politische Menschen" bezeichnet, weil sie "früh genug etwas tun möchte". So ist für Anfang März ein erstes Treffen geplant, bei dem "zunächst im kleinen Kreis" besprochen werden soll, was zu tun ist. Erste Zusagen hat die Initiatorin, die selbst parteilos ist, bereits von drei der im Lübbecker Stadtrat vertretenen Parteien. Die anderen will sie noch ansprechen und hofft, dass sie auch diese zum Mitmachen bewegen kann. Die Parteizugehörigkeit, sagt sie, "spielt keine Rolle". Ihr geht es vor allem um einen Zusammenschluss von Parteien und Bürgern, der möglichst breit aufgestellt ist.
Lübbecke zeigt Gesicht - das wäre eine Bezeichnung, den die engagierte Frau sich vorstellen könnte. Denn es erinnert sie an die Kundgebung Mitte März vergangenen Jahres auf dem Lübbecker Marktplatz. Dort hatten gut 300 Menschen die Idee von Andreas Schröder und Michael Hafner (beide SPD) umgesetzt und ein klares Bekenntnis für Europa abgegeben - kurz bevor in der Stadthalle AfD-Frontfrau Alice Weidel ihren Vortrag mit den Worten beendete, Deutschland müsse notfalls seinen Austritt aus der EU erklären, wofür sie minutenlange stehende Ovationen bekam. Damals, sagt die 70-Jährige, die zu den Zuhörern in der Stadthalle gehörte, habe sie sich gewünscht, dass die Teilnehmer der Kundgebung auf dem Marktplatz anschließend vor der Stadthalle gegen die AfD protestieren. Nun soll Widerstand in anderer Form entstehen, aus Sorge, dass die AfD "gesellschaftsfähig" werden könnte.
Versuchen will die Partei es. Zu einen, indem sie Referenten ins Lübbecker Land holt und diese wissenschaftliche Erkenntnisse wie den Klimawandel bestreiten lässt ("Klimahype und kein Ende?") oder Syrien an Hand von Fotos, die aus einem Reiseprospekt stammen könnten, zu einem sicheren Herkunftsland erklärt. Zum anderen, indem sie in der Lokalpolitik in Fraktionsstärke mitredet, etwa in Minden. Vor gut zwei Wochen teilte Sebastian Landwehr aus Minden, kommissarischer Vorsitzender der AfD im Mühlenkreis, mit, man werde zur Kommunalwahl im Herbst dieses Jahres voraussichtlich in vielen Kommunen im Kreisgebiet "alle Listenplätze besetzen" können.
Dass der Kreisverband Minden-Lübbecke durch den Rückzug des bisherigen AfD-Vorsitzenden Burkhard Brauns zum Jahreswechsel seine bisherige Ausrichtung verändert, ist nicht zu erkennen. Auch unter der neuen Führung durch Landwehr und Jan Aussieker aus Hüllhorst werden Inhalte bei Facebook gepostet, die dem bisherigen Kurs entsprechen: Zuletzt am 6. Februar übernahm der Kreisverband Inhalte der AfD NRW und gratulierte den Parteikollegen in Thüringen "herzlich zu ihrem Coup".
Zur Erinnerung: Parteivorsitzender der AfD in Thüringen ist Björn Höcke. Nach dessen umstrittener Dresdner Rede, bei der er eine "erinnerungspolitische Wende um 180 Grad" gefordert und gegen das Holocaust-Mahnmal in Berlin gewettert hatte, drohte Höcke ein Parteiausschlussverfahren. Der Kreisverband der AfD Minden-Lübbecke unterstützte das 2017. Markus Wagner, damals noch Kreisvorsitzender, inzwischen Fraktionsvorsitzender in Düsseldorf, sagte in der Lübbecker Stadthalle: "So etwas wollen wir an der Basis nicht."
Auch Wagners damaliger Stellvertreter auf Kreisebene, Burkhard Brauns, zeigte sich distanziert und sagte, es gebe wegen Höcke "Unmut unter unseren Mitgliedern". Er werde immer wieder darauf angesprochen. So wie Höcke Befürworter habe, gebe es innerhalb der Partei auch Gegensprecher. Denen seien Höckes Ansichten "nicht vermittelbar". Geschichtslehrer Höcke hatte sich unter anderem dagegen ausgesprochen, die Erinnerung an den Massenmord der Nazis an den europäischen Juden weiter wachzuhalten. Stattdessen sollten jungen Deutschen vor allem die großen Taten großer Deutscher vermittelt werden.
Bildunterschrift: Dem Auftritt von Alice Weidel (AfD) in der Stadthalle im März 2019 setzten viele Lübbecker kurz zuvor ein Europafest auf dem Marktplatz entgegen.
Kommentar / Geplantes Lübbecker Bündnis
AfD im Stadtrat - nein danke
Frank Hartmann
Die Gründung eines lokalen Bündnisses gegen die AfD habe ich eher von einer Partei als von einer Bürgerin erwartet. Vor allem nach dem jüngsten politischen Debakel in Thüringen und den bekannten Folgen. Aber sei es drum, besser eine solche Initiative geht von einer Privatperson aus, als dass sie gar nicht zustande kommt.
Es ist in jedem Fall richtig, jetzt aktiv zu werden und zu versuchen, den Einzug der AfD in den Lübbecker Stadtrat zu verhindern, als sich später überrascht und erschüttert zu fragen: Wie konnte das passieren?
Sollte es der AfD nämlich gelingen, bei der Kommunalwahl einen oder mehrere Kandidaten in das Stadtparlament zu bringen, würde das die anderen Parteien in ein Dilemma zwingen: Was wäre zum Beispiel, wenn eine Personalie oder ein Mehrheitsbeschluss zu einem Sachthema mit den Stimmen der AfD zustande käme? Oder bei einem sehr knappen Abstimmungsergebnis die AfD-Abgeordneten das Zünglein an der Waage spielen könnte?
Am besten, es gelingt dem Bündnis und anderen, die Wähler von der Gefahr durch die Höcke-Partei AfD zu überzeugen, damit es erst gar nicht erst so weit kommt.
frank.hartmann@nw.de
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Neue Westfälische - Zeitung für das Lübbecker Land, 12.02.2020:
Lübbecke: Bürger und Parteien bilden Bündnis gegen die AfD
Als es um Europa ging, hat Lübbecke auf dem Marktplatz schon einmal Gesicht gezeigt (Foto). Das ist erneut geplant, aber dieses Mal richtet sich die Gründung eines Bündnisses von Bürgern und Parteien gegen die AfD. Das Ziel: Verhindern, dass es der Höcke-Partei bei der Kommunalwahl gelingt, in den Stadtrat zu kommen.
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www.minden-luebbecke.de/Service/Integration/NRWeltoffen/
www.mobile-beratung-owl.de
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