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Westfalen-Blatt / Bielefelder Zeitung , 06.03.2020 :

Bereit für weitere Flüchtlinge

"Sicherer Hafen": Rat stimmt zusätzlichem Kontingent zu

Von Peter Bollig

Bielefeld (WB). Die Stadt Bielefeld ist bereit, über die Zuweisungsquote hinaus weitere 90 Flüchtlinge aus griechischen Auffanglagern aufzunehmen, dazu zehn weitere unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Die Mehrheit aus Paprika-Koalition, Linke und Lokaldemokraten stimmte diesem Beitrag im Rahmen der Initiative "Sichere Häfen" am Donnerstagabend im Rat zu.

Zuvor hatten der Hauptausschuss, der Jugendhilfe- und der Sozialausschuss in einer Sondersitzung den Vorschlag der Verwaltung unterstützt. Mit Verweis auf die dramatische Lage in den griechischen Flüchtlingslagern und an den EU-Außengrenzen sprachen die Befürworter von einem erforderlichen humanitären Akt. Oberbürgermeister Pit Clausen ist sich sicher: "Das wird uns nicht hindern, auch in Zukunft unsere Pflicht bei der Versorgung von Flüchtlingen zu erfüllen."

"Der Platz ist da", betonte auch die Verwaltung. So sollen die neu ankommenden Menschen in den fünf großen Flüchtlingsunterkünften Rütli, Eisenbahnstraße, Zedernstraße, Otto-Brenner-Straße und Tieplatzschule untergebracht werden. Dort stünden rund 90 Plätze für im Familienverbund Geflüchtete, 60 weitere für allein Reisende zur Verfügung. Die Verwaltung geht davon aus, dass drei Viertel der zusätzlich Aufgenommenen im Familienverbund, ein Viertel als allein Reisende nach Bielefeld kämen. Es blieben also Reserven für die im regulären Verfahren zugewiesenen Flüchtlinge. Auch für Minderjährige gebe es ausreichend Kapazitäten.

Die CDU wollte sich dem trotzdem nicht anschließen. Michael Weber: "Wir können hier keine Außenpolitik beschließen", so die rechtlichen Bedenken seiner Fraktion. Die Union hält es für sinnvoller, angesichts der dynamischen Entwicklung an der türkisch-griechischen Grenze erst die bald erwarteten Beschlüsse der Bundesregierung und der EU über die Aufnahme von Flüchtlingen abzuwarten. CDU-Fraktionschef Ralf Nettelstroth: "Da wird auch über Sonderkontingente gesprochen."

Jan Maik Schlifter (FDP) befürchtet, dass die Zusage zusätzlicher Kontingente im Rahmen des "Sicheren Hafens" die Verhandlungen auf EU-Ebene über Aufnahmequoten torpedieren könnte.

Während Befürworter des zusätzlichen Kontingents wie Michael Gugat (Lokaldemokraten) den Gegnern "moralische Insolvenz" vorwarfen, sprachen diese von einer reinen "Symbol-Politik" der Mehrheitsfraktionen. Klaus Rees (Grüne) bedauerte vor allem, dass es in dieser Sache keine Einstimmigkeit gebe.

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Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt, 27.02.2020:

Bielefeld baut am "Sicheren Hafen"

Politik diskutiert freiwillige Aufnahme von Flüchtlingen aus Griechenland

Bielefeld (stb). Der Chef der Verwaltung erschien persönlich zur Sondersitzung: OB Pit Clausen machte am Mittwochnachmittag im Rochdale-Saal im Rathaus die Runde, schüttelte die Hände der extra angereisten Ausschuss-Mitglieder (Jugendhilfe sowie Sozial- und Gesundheit) und präsentierte das Projekt "Sichere Häfen" - Aufnahmeinitiative für NRW. Wegen der desolaten Lebensbedingungen für Flüchtlinge in den griechischen Auffanglagern wollten ursprünglich 16 Städte in NRW freiwillig Menschen aus diesen Camps aufnehmen: Bielefeld wäre demnach bereit, 90 zusätzliche Flüchtlinge in den bestehenden Einrichtungen unterzubringen und auch weiteren 10 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen eine sichere Obhut am Teuto zu bieten, erklärte Clausen.

Als Sozialdezernent Ingo Nürnberger bereits vor einer Woche die Initiative im Sozial- und Gesundheits-Ausschuss präsentierte, plädierte die CDU-Fraktion für eine Vertagung der Debatte, weil ihrer Ansicht nach noch zu viele Fragen offen seien - unter anderem die der Finanzierung. Clausen griff in seinem Plädoyer die Kritik der ersten Sitzung auf und antwortete auch auf aktuelle Fragen aus dem Plenum: Demnach hätten bisher die Stadträte von sechs Kommunen die Initiative angenommen (Dortmund, Minden, Krefeld, Köln, Düsseldorf und Leverkusen). Dagegen ausgesprochen hätten sich Kevelaer, Hamm und Siegen. Würden die potenziellen 90 plus 10 Flüchtlinge tatsächlich nach Bielefeld gelangen, würden sie in den bestehenden Einrichtungen untergebracht, was keine zusätzlichen Kosten für die Infrastruktur verursachen würde, so der OB. Momentan gebe es 150 freie Plätze in den großen Häusern wie Eisenbahnstraße, Rütli oder Tieplatzschule. Die individuellen Kosten würden vom Land pauschal vergütet, und diese seien im Durchschnitt sogar niedriger als die Zahlungen aus Düsseldorf. Kurz vor der entscheidenden Ratssitzung am 5. März treffen sich die beiden Ausschüsse noch einmal zum Abstimmen - das letzte Wort aber hat der Rat.

Der hatte Bielefeld bereits im Juli 2019 zum "Sicheren Hafen" erklärt. Der symbolische Akt richtete sich damals gegen die rigide italienische Flüchtlingspolitik, die den Seenotrettern das Anlaufen der Häfen untersagte. Diesmal soll die Initiative konkret helfen, wenn NRW und Bund zustimmen.

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Westfalen-Blatt / Bielefelder Zeitung, 27.02.2020:

"Sichere Häfen": Beschluss vertagt

Bielefeld (MiS). Die Stadt Bielefeld will zusätzlich 90 Flüchtlinge aus griechischen Lagern aufnehmen, außerdem zehn weiteren unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen ein Quartier bieten. Bereits im Sommer 2019 war die Stadt der kommunalen Initiative "Sichere Häfen" beigetreten. Damals war es um die Aufnahme von Migranten gegangen, die aus dem Mittelmeer gerettet worden waren. Weil die Mittelmeer-Anrainer ihren strikten Aufnahme-Stopp beendet hatten, sank die Zahl. Die Initiative richtete ihren Blick nun auf die zum Teil katastrophalen Zustände in griechischen Lagern. Die CDU im Rat hat vor der Bielefelder Entscheidung noch Beratungsbedarf. Deshalb trafen Sozial-, Jugendhilfe- und Hauptausschuss am Mittwoch noch keine Entscheidung.

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Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt, 15.07.2019:

Bielefeld will Flüchtlinge aus Seenot aufnehmen

Sicherer Hafen: Der Rat beschließt, dem Bündnis von rund 60 Städten beizutreten

Bielefeld (bast/IK). Die Stadt tritt dem Bündnis "Städte Sicherer Häfen" bei und wird die so genannte Potsdamer Erklärung unterzeichnen. Das hat der Rat mit den Stimmen der Paprika-Koalition und der Linken beschlossen. Damit erklärt sich die Stadt wie rund 60 weitere Städte in Deutschland bereit, aus Seenot gerettete Flüchtlinge zusätzlich aufzunehmen.

Die "Städte Sicherer Häfen" fordern von der Bundesregierung, sie bei der praktischen Aufnahme, Unterbringung und Finanzierung zu unterstützen. Bereits im letzten Jahr hatte die Stadt beschlossen, über die gesetzliche Quote hinaus minderjährige Flüchtlinge aus Seenotrettung aufzunehmen. Auf Grund der Entscheidung wurden acht Minderjährige aufgenommen.

"Für uns ist heute ein wichtiger Tag", sagte Brix Tramsen von der Initiative Seebrücke Bielefeld bei der Fridays-for-Future-Demo am Rathaus vor der Ratssitzung: "Es ist wichtig, dass sich die Städte nicht bloß dazu bekennen, sondern dass sie sich auch wirklich darum bemühen." Oberbürgermeister Pit Clausen hatte bereits 2018 seine Bereitschaft erklärt, aus Seenot gerettete Flüchtlinge aufnehmen zu wollen. Dafür hatte er einen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel geschrieben. Bereits seit Sommer 2018 ist Bielefeld offiziell "Sicherer Hafen" - so wie rund 60 Städte.

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