Tageblatt für Enger und Spenge / Neue Westfälische ,
27.04.2005 :
Stolpersteine doch noch verstolpert? / Angelika Tiemann unterstellt der Verwaltung, ihre persönlichen Interessen nicht wahren zu wollen
Von Ulrike Kindermann
Enger. Im Februar dieses Jahres schien das weithin beachtete Projekt "Stolpersteine" für Enger auf einem guten Weg zu sein. Formale Meinungsverschiedenheiten zwischen der Stadt Enger und der Antragstellerin Angelika Tiemann führten aber zu Komplikationen, an denen das Projekt nun zu scheitern droht.
Zur Erinnerung: Angelika Tiemann hatte bei der Stadt Enger beantragt, dem Kölner Künstler Günter Demnig das Verlegen von sieben sogenannten Stolpersteinen zur Erinnerung an das Schicksal von Engeraner Juden an verschiedenen Stellen im Bürgersteigpflaster zu genehmigen. Die Steine mit Namen und Todesdaten der Betroffenen sollten auf die jüdischen Bürger aus Enger aufmerksam machen, die Opfer der Nazi-Herrschaft geworden sind. Die Antragstellerin hatte dafür umfangreiche Recherchen über das Schicksal dieser Opfer durchgeführt, die noch nicht ganz abgeschlossen waren (die NW berichtete mehrfach ausführlich).
Der Hauptausschuss sprach sich am 7. Februar einstimmig dafür aus, diese Aktion zu genehmigen. Strittig war dann allerdings der Wunsch der Stadt nach einer Dokumentation der Quellenangaben, die die Ergebnisse der Recherchen belegen sollten. Die Verwaltung argumentierte, die Stadt müsse das Projekt dokumentieren und die Richtigkeit der Angaben überprüfen können.
Tiemann will sich nicht selbst wirtschaftlich schaden
Angelika Tiemann aber lehnt die Herausgabe ihrer Quellen ab mit der Begründung, "dass ich diese Angaben für meine geplante Publikation über die Juden in der Stadt Enger benötige". Sie weist in einem Schreiben an die NW darauf hin, "dass eine vorzeitige Bekanntgabe bislang nicht bearbeiteter und veröffentlichter Akten und Tatsachen den Wert meiner geplanten Publikation extrem verringert".
Weiter argumentiert sie, die Stadt habe in diesem Fall nichts zu dokumentieren und nachzuweisen, da die alleinige Verantwortung für den Inhalt der Stolpersteine bei ihr als Projektnehmer liege. Ihre Angaben seien für jeden Interessierten überprüfbar, sobald ihre Arbeit dazu veröffentlicht sei. Einige Quellen seien im übrigen schon in einer Serie von Beiträgen in der NW genannt worden.
In ihrem Schreiben teilt sie mit: "Der Stadt Enger werden von mir keine Stolpersteine übergeben werden. Wenn die Stadt Enger Stolpersteine haben möchte, so muss sie ein eigenes Projekt machen oder jemanden finden, der es für sie erledigt."
Der Hauptausschuss beriet über dieses Thema am Montag im nicht-öffentlichen Teil seiner Sitzung, weil es dabei um Vertragsangelegenheiten und somit schützenswerte Interessen von Frau Tiemann geht, wie Bürgermeister Klaus Rieke gestern auf Anfrage der NW erklärte.
Ein Beschluss sei nicht gefasst worden, aber Politik und Verwaltung seien einer Meinung über das weitere Vorgehen, sagte Rieke. Die Verwaltung bereite dazu eine Presseerklärung vor. Über deren Inhalt wollte der Ausschuss bis zu ihrer Fertigstellung keine weiteren Aussagen machen.
lok-red.enger@neue-westfaelische.de
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