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Mindener Tageblatt , 25.04.2005 :

Demonstranten warnen mit Straßensperrung vor dem Tag "X" / Aktion gegen Atommülltransporte nach Ahaus / Mindener Straße in Bad Oeynhausen für 30 Minuten blockiert / Großes Polizeiaufgebot

Minden/Bad Oeynhausen (nw). Es hatte ein bisschen den Charakter eines alten Hippie-Festivals. Zumindest was die Musik vor dem Bahnhof in der benachbarten Badestand anging.

Von Nicole Sielermann

In Bad Oeynhausen versammelten sich am Samstagmittag 200 Gegner der Atom-Transporte vom sächsischen Rossendorf bei Dresden ins westfälische Zwischenlager Ahaus, deren Strecke Ende Mai möglicherweise auch quer durch Bad Oeynhausen verläuft.

Unter den Augen eines riesigen Polizeiaufgebotes zogen die Teilnehmer der Demonstration vorbei am Schweinebrunnen hin zur Mindener Straße. Die war während der Kundgebung für eine halbe Stunde gesperrt.

Die Bevölkerung zu informieren ist das oberste Ziel der Anti-Atomkraft-Initiativen, die zur Demo aufgerufen hatten. "Wenn diese Strecke über Braunschweig, Hannover, Bad Oeynhausen und Osnabrück gewählt wird, ist hier ein Nadelöhr", warnte Matthias Eickhoff von der Aktionsgemeinschaft Wiga Münster. "Schon jetzt ist hier auf der B 61 ein Verkehrschaos. Was soll dann erst werden, wenn der Castor durchrollt?" Und so machte er gemeinsam mit Vertretern aus Ahaus und Münster sowie einigen Mindenern und Bad Oeynhausenern auf die Gefahr des Tages "X" aufmerksam. Doch nicht nur das: "Wenn in den kommenden 30 Jahren einer der Behälter in Ahaus kaputtgeht, muss er die ganze Strecke zurück bis Dresden transportiert werden. Kaputt", so Eickhoff.

Und auch Dr. Jürgen Brettschneider, Arzt aus Bad Oeynhausen und Mitglied bei "Internationale Ärzte zur Vermeidung eines Atomkrieges", warnte vor den gesundheitlichen Risiken solcher Transporte: "Sollte die Strecke durch Bad Oeynhausen führen, wäre es nicht das erste Mal", erklärte er. Denn bereits in der Vergangenheit seien Transporte per Bahn durch die Kurstadt gerollt: "Das wissen die wenigsten."

Erinnerung an Jahrestag von Tschernobyl

In weiteren Redebeiträgen erinnerten Vertreter des Anti-Atom-Forums Ostwestfalen-Lippe und weiterer Organisationen an die Folgen der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl, die sich heute zum 19. Mal jährt. Gleichzeitig wurden "die unverantwortbaren Gefahren der Atomenergie" kritisiert und ein sofortiger Ausstieg aus der Atomenergie in Deutschland gefordert. Scharf kritisiert wurden in diesem Zusammenhang die rot-grüne Bundes- und NRW-Landesregierung, die nichts Konkretes für den Atomausstieg tue und im Februar sogar die Genehmigung für den Ausbau der Urananreicherungsanlage in Gronau erteilt habe.

Die Demonstranten forderten, dass die Atomtransporte von Dresden nach Ahaus sofort abgesagt werden müssten, da sie auf der 600 km langen Autobahnstrecke für eine große Gefährdung der Umwelt, der AnwohnerInnen und der anderen VerkehrsteilnehmerInnen sorgen. Felix Ruwe, Sprecher der Bürgerinitiative Ahaus: "Zwei Kilogramm Plutonium reichen aus, um die gesamte Bevölkerung Nordrhein-Westfalen zu töten. Zudem sind die Transportbehälter äußerst unsicher und weder für einen Transport noch für eine langfristige Lagerung geeignet. Wir haben darüber hinaus die konkrete Sorge, dass die Leichtbauhalle in Ahaus zu einem Endlager wird."

Rund 200 Demonstranten waren gekommen. Und die zogen friedlich vom Bahnhof quer durch die Innenstadt über die Steinstraße bis zur Mindener Straße. Dort war erst einmal Pause. Für 30 Minuten blockierten sie sitzend, stehend und singend die Kreuzung. Stillstand auch auf der Mindener Straße aus Richtung Löhne. Auf mehrere Kilometer staute sich dort der Wochenendverkehr bis auf die A 30.

Polizei vermeldet: Alles friedlich

"Alles friedlich", vermeldete Polizeipressesprecher Werner Wojahn. Neben Einsatzkräften aus dem Kreis Minden-Lübbecke waren Ermittlungsdienste, die Bereitschaftspolizei aus Bielefeld sowie die Autobahnpolizei und der Bundesgrenzschutz (Bahnpolizei) im Einsatz. Die Einsatz-Stärke wurde nicht bekannt gegeben. Auf jeden Fall zogen sie auf der Mindener Straße mit ihrem enormen Aufgebot die Blicke der Autofahrer auf sich.

30 Minuten auf der Mindener Straße, dann setzte sich der Zug Richtung Rehme - über den "Alten Rehmer Weg" wieder in Bewegung. Und nach fast vier Stunden und einer Abschlusskundgebung wurden Transparente eingerollt, mitgebrachte Sonnenblumen eingepackt und der Heimweg angetreten.


mt@mt-online.de

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