Mindener Tageblatt ,
25.04.2005 :
Pioniere stehen vor tiefer Umstrukturierung / Zukünftig Pionierregiment 100 / "Organisiere und trainiere dich wie du kämpfst" / Bedeutender Wirtschaftsfaktor
Minden (mt). Eine Umstrukturierung in dieser Tiefe, wie sie im zurzeit laufenden, so genannten Transformationsprozess stattfinde, habe es bei der Bundeswehr bisher nicht gegeben.
Von Hans-Jürgen Amtage
Mit deutlichen Worten schilderte der Chef der Pionierbrigade 100, Oberst Henning Dahmen, Ende der vergangenen Woche im MT-Gespräch die Bedeutung der Transformation für den Bundeswehrstandort Minden und die Bedeutung des Wirtschaftsfaktors Bundeswehr für die Stadt Minden. "Seit dem 2. November 2004 war klar, dass es für den Standort Minden keine Gefahr mehr gab", betonte Dahmen unter Verweis auf die Gespräche des Verteidigungsministeriums, die es Anfang der vergangenen Woche mit den Kommunen gab, die vom Abzug der Bundeswehr betroffen sind. Trotz der Standortsicherheit werde die Binnenstruktur der Bundeswehr in Minden aber signifikant verändert, so der Brigadekommandeur.
So wird es die Pionierbrigade 100 nach Abschluss des gegenwärtigen Transformationsprozesses nicht mehr geben. Und letztlich auch nicht mehr den Dienstposten des Brigadekommandeurs. Die Bataillone werden bis Mitte 2007 in dem Pionierregiment 100 zusammengeführt, dass der 1. Panzerdivision in Hannover unterstellt sein wird. Unterteilt sein wird der Verbund zukünftig in die Kategorien Eingreifkräfte, Stabilisierungskräfte und Unterstützungskräfte. Seien die Einheiten früher verstreut gewesen, gehe es jetzt nach dem Motto "Organisiere und trainiere dich wie du kämpfst", erläuterten Henning Dahmen und der Personaloffizier Hauptmann Heinz-Joachim Pecher auch unter Verweis darauf, dass das Pionierbataillon 1 aus Holzminden dem Pionierregiment 100 unterstellt wird. Hauptgerät in Minden werde die hochmoderne Amphibie M3, Faltschwimmbrücken, Faltfestbrücken und geleaste Baumaschinen sein. Gerät, dass zur Unterstützung der Eingreiftruppen diene, wobei auch das Pionierregiment bis zur Führung des so genannten "high-intensity conflict" - der Kriegsführung - befähigt sei.
Eine konsequente Zielführung werde es auch in der Ausbildung geben, sagte Oberst Dahmen. Beispielsweise unter dem Aspekt des "Three Block War" (Drei-Blöcke-Krieg), wie er im Irak auftrete. Zum einen die humanitäre Hilfe, dann die Deeskalation und der etwaige Kampf gegen irreguläre Kräfte, sowie der Kampf gegen gegnerische Soldaten. Noch spezifischer als bisher würden auch die Grundwehrdienstleistenden ausgebildet. "Es wird eine stärkere Orientierung am Beruf geben", so Dahmen. Ein Bürokaufmann würde beispielsweise im Stabsdienst eingesetzt, ein Kraftfahrzeugmechaniker in der militärischen Instandsetzung. Einsatzort werde der Standortbetrieb sein - als Unterstützungskräfte, nicht der Auslandseinsatz, der dem Längerdienenden vorbehalten sei.
Oberst Henning Dahmen sprach sich gegenüber dem MT deutlich für den Erhalt der Wehrpflicht aus. Wenn die Grundwehrdienstleistenden wegfielen, dann sei die jetzt eingeleitete Umstrukturierung nicht mehr zu halten, betonte der Brigadekommandeur, der von der Politik auch Planungssicherheit einforderte. Gleichzeitig habe der Grundwehrdienst eine große gesellschaftliche Bedeutung: "Die Bundeswehr ist mit ihm ein Bestandteil der Gesellschaft in der Bundesrepublik."
Sechs Millionen Euro Kaufkraft für Minden
Seit 46 Jahren sind die Pioniere in Minden stationiert. In den vergangenen Jahren waren ihre Einsatzziele unter anderem Bosnien-Herzegowina, Kosovo und Afghanistan. Allein im vergangenen Jahr waren rund 400 Soldaten der Pionierbrigade 100 im Auslandseinsatz: "Die Mindener Pioniere verstehen sich als Kämpfer, Wegbereiter und Helfer in der Not", so Hauptmann Heinz-Joachim Pecher.
Mit rund 1.200 Soldatinnen und Soldaten und etwa 100 zivilen Mitarbeitern bilde der Bundeswehrstandort Minden einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor, erinnerte Oberst Dahmen. Die überwiegende Zahl der Soldaten wohne im unmittelbaren Einzugsbereich der Herzog-von-Braunschweig-Kaserne und gebe das Einkommen vor Ort aus. Die jährliche Kaufkraft, die von der Bundeswehr in Minden ausgehe, liege bei rund sechs Millionen Euro jährlich, so Personaloffizier Pecher. Neben den persönlichen Ausgaben der Soldaten seien die erforderlichen Kosten für den Betrieb des Standortes mit 750.000 Euro veranschlagt. Die Naturalien für die Verpflegung der Soldaten belaufe sich im Jahr auf eine Gesamtmenge von 75,5 Tonnen. Das entspreche einem Einkaufswert von etwa 320.000 Euro. Hinzu kämen Investitionen von 3,2 Millionen Euro.
mt@mt-online.de
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