Gruppe Schlupp - Antifa AG Universität Bielefeld - Jugendantifa Bielefeld - Junge Linke Herford ,
12.04.2005 :
Nieder mit dem Arbeitswahn! / Kapitalverhältnisse überwinden! / Demo - 30. April - 14 Uhr - Hauptbahnhof - Bielefeld
Kapitalismus yah yah yiepie yiepie yeah!
Letztes Jahr fand zum ersten Mal in Bielefeld am Vorabend des ersten Mai eine revolutionäre 30. April Demo statt. Auch dieses Jahr werden wir an diesem Tag unter dem Motto "Nieder mit dem Arbeitswahn! Kapitalverhältnisse überwinden!" auf die Straße gehen!
Die fetten Jahre sind vorbei!!!?
Der Sozialstaat wurde modernisiert und die materiellen Lebensverhältnisse vieler Menschen haben sich verschlechtert. Der "staatliche Arbeitsdienst" wurde flächendeckend eingeführt und noch weitere Maßnahmen, Gesetze und Neuerungen werden umgesetzt, um den Druck auf Arbeitslose und die abhängig am Strick ihrer schlecht bezahlten und öden Arbeit Baumelnden zu erhöhen. Genauso sind auch die neuen Gesetze zur Regelung der Zuwanderung ein Resultat der kapitalistischen Verwertungslogik, die mit rassistischen und nationalistischen Gesellschaftsstrukturen ineinander greift. Im modernen Deutschland dominiert nun ein pragmatischer Nützlichkeitsrassismus, der mit der 'Green Card' die Zuwanderung neuer, entrechteter Arbeitskräfte fördert und auf die Ausbeutung hochqualifizierter ImmigrantInnen abzielt. Die Unnützen sollen draußen bleiben.
Die Perspektiven, die dieses System bietet, lassen einem kalte Schauer den Rücken runter laufen. Alle gesellschaftlichen Bereiche funktionieren nach dem Prinzip der marktdienlichen Verwertung. Die Menschen sind als Humankapital zueinander in Konkurrenz gesetzt und sehen ihren Eigennutz durch einen starken Wirtschaftsstandort realisiert. Der neoliberale Kurs fordert der Wettbewerbslogik folgend Flexibilisierung und Anpassungsbereitschaft. Der Zwang zur Reformierung und Neustrukturierung wird zur unverrückbaren Realität erklärt und den Menschen mit sozialdemokratischer Rhetorik z.B. als "Arbeitsplatzsicherungsmaßnahme" verkauft. Agenda 2010! PunktumSchluss! Weiterhin sollen wir den Gürtel Stück für Stück und Loch für Loch enger und enger schnallen. Autsch!
Aber 2005 gibt es immer noch Menschen, die keinen Bock haben, um Arbeitsplätze zu betteln, kein Bock auf Jobcenter, auf Arbeitsamtschikanen, kein Bock für ihre Studiengebühren für ein Flachstudium namens Bachelor abends noch zu kellnern, kein Bock auf Praktikum für den Lebenslauf, ... kein Bock auf den ganzen Scheiss!!!
Kein Bock darauf unmündige Subjekte zu bleiben, ein Heer geduckt buckelnder und alles akzeptierender, bereiter Arbeitskräfte, sich klammernd an die Zugehörigkeit zu konstruierten Kollektiven wie Volk und Nation, an das schmierige Prinzip der Kleinfamilie, vielleicht auch an den Fußballverein oder den Lottoschein.
Who is the player? What a game?
Das ganze Elend ist nicht einfach die Schuld von fiesen PolitikerInnen oder geldgierigen UnternehmerInnen, sondern nicht weniger als die gesamte Logik, nach der die Gesellschaft funktioniert, ist darauf ausgerichtet, gegen die Menschen zu arbeiten. Das klingt jetzt vielleicht ein bisschen verrückt. Das Problem ist nur, dass das Leben aller Menschen auf der Welt von dieser verrückten Logik abhängt. Die Menschen sind einzig und allein dazu da Wert zu schaffen und dies müssen sie tun, indem sie sich auf dem Markt selbst als Ware anbieten oder Waren produzieren, um diese anzubieten. Beide Wege folgen einer krassen Konkurrenzsituation, indem die einzelnen Individuen immer versuchen müssen ein Vorteil auf Kosten der anderen zu erlangen. Und diese Logik bedeutet für viele auf der Welt zu hungern, weil ihre Arbeitskraft nach diesem Prinzip nicht profitabel genug ist und sie dadurch keine Möglichkeit haben auch nur ihre Grundbedürfnisse zu befriedigen. Das Elend dieser Welt ist so groß, dass es niemand übersieht. Viele wollen auch nicht, dass es so bleibt. Was wird jedoch oft für diese Misere verantwortlich gemacht und wo sehen viele der KritikerInnen die Lösung?
Die Kritik richtet sich gegen die momentane Politik, ohne dabei Staatsförmigkeit, die Nation, Zweigeschlechtlichkeit oder andere wesentliche Formen der kapitalistischen Vergesellschaftung zu hinterfragen. Sie reden vom "Volk" für welches die Unternehmen da sein sollen, von Gemeinschaft der Nation und erhoffen sich von Vater Staat die Regelung der Wirtschaft zu Gunst seiner BürgerInnen. Nicht die Kapitalverhältnisse als Totalität, welche sich das gesamte Leben unterwerfen und schon gar nicht Konstrukte wie Volk oder Nation werden als die Ursachen und Bedingungen des Elends gesehen, sondern nur einzelne Symptome kritisiert und damit auch die Ideologie vom "gezügelten Kapitalismus" verbreitet. Es sollte jedoch darum gehen die ganze Wertlogik an sich zu hinterfragen und das damit zusammenhängende Prinzip der kapitalistischen Arbeit.
Something about (Un)Mündigkeit.
Die strukturellen Zwänge der Warengesellschaft, die alle Menschen dazu zwingen einen "Warencharakter" auszubilden, um so die einzige Möglichkeit zum Überleben über den Weg der Kapitalakkumulation zu bestreiten, machen aus den einzelnen Individuen unmündige Subjekte. Durch den täglichen Umgang mit Waren in Form von materiellen Dingen und anderen Menschen nehmen auch Fähigkeiten und Emotionen, die die Menschen in ihren Beziehungen aktivieren, sowie die Inhalte Warenform an. Dadurch, dass sich der Wert der Arbeitsprodukte (auch der Arbeitskraft) und damit die Entscheidung ob es einen Menschen besser oder schlechter geht einzig und allein durch ein Tauschverhältnis bildet, auf das die Menschen keinerlei Einfluss haben, unterstehen sie einem "blinden Sachzwang". Der wiederum ein "sachliches" Herrschaftsverhältnis darstellt, welchem alle Menschen unterliegen.
Die Ausbildung eines warenförmigen Charakters und die Hilflosigkeit vor den "blinden Sachzwängen", lassen die von Ohnmacht geprägten Menschen an Ideologien wie Rassismus, Nationalismus und Antisemitismus festhalten, die feste Säulen dieses Systems sind, ohne die die Maschinerie nicht laufen würde. Natürlich sind sie nicht einfach mit dem Kapitalismus entstanden, sondern waren anders schon in der Geschichte präsent.
Die heutigen, modernen Formen unterscheiden sich jedoch in vielen wesentlichen Punkten von den Vorläufern. Wenn mensch die heutige Gesellschaft in ihrer Totalität kritisieren will, müssen ihre Basisideologien im Zusammenhang und als eigenständige Ideologien gesehen werden. Geschlechterverhältnisse sind schon seit Tausenden von Jahren Herrschaftsverhältnisse und sind klar patriarchal geprägt. Wir gehen davon aus, dass eine Gesellschaft maßgeblich durch ihr ökonomisches Verhältnis bestimmt wird. Das bedeutet natürlich nicht im geringsten, dass durch die Abschaffung der Kapitalverhältnisse z.B. Sexismus automatisch verschwindet. Das bedeutet jedoch schon, dass die Kapitalverhältnisse die Ideologien in ihrer modernen Form geprägt haben und andersrum.
Arbeit (made in Germania)
Ein Schwerpunkt dieser Demonstration liegt auf der Kritik des Arbeitswahns und des kapitalistischen Prinzips der Arbeit. Alle (sonst wie gearteten) politischen Richtungen sind sich mit dem Schrei nach Arbeit einig. Dabei sollte diese angebliche Wohltat im Zeichen von New Economy, Dienstleistungskapitalismus und Arbeitskraftunternehmertum einen zentralen Punkt der Kritik einnehmen. Denn die Ideologie, die hinter dem Arbeitswahn steht, verweist direkt auf die kapitalistische Vergesellschaftung. Mit der Kritik an der Arbeit soll ein wesentlicher Bestandteil der kapitalistischen Verhältnisse bloßgelegt und gezeigt werden, dass ein positiver Bezug auf Arbeit die Warenförmigkeit der Menschen untermauert.
Traditionell gesehen, wurden Arbeit und Kapital immer als feindlich gesinnte Gegensätze gesehen. Die Verwertung von Kapital machte sich die eigentlich "gute Arbeit" nur zunutze. Doch spiegeln Arbeit und Kapital das selbe gesellschaftliche Verhältnis wieder. Unter der gängigen Begrifflichkeit versteht sich unter Arbeit immer Lohnarbeit, die gar nichts anderes sein kann als eine kapitalistische Tätigkeitsform und so in der Arbeit alles zu finden ist, was kapitalistische Herrschaft ausmacht.
Wenn mensch über den Arbeitswahn und die Verklärung von Arbeit spricht, ist es notwendig auch ein paar Worte zur "deutschen Arbeit" zu verlieren. Schon vor Jahunderten entstand hierzulande eine Vorstellung, die eine "schaffende, ehrliche, deutsche Arbeit" einer "bösen, raffenden, jüdischen Nicht-Arbeit" entgegenstellt. Die "jüdische Nicht-Arbeit" sollte an allen Übeln, die der Kapitalismus so mit sich brachte, schuldig sein. Meist waren es abstrakt erscheinende Vorgänge, wie z.B. das Spekulantentum, die als "Nicht-Arbeit" auf die Juden projiziert wurden, denen eine konkrete (Industrie-)Arbeit entgegengestellt wurden. Der Höhepunkt dieses Wahns liegt in Auschwitz als die Deutschen 6 Millionen Juden und Jüdinnen töteten und meinten sich dadurch von den Problemen dieser Welt befreien zu können. Dieses allein ist schon Anlass genug den Begriff der Arbeit und die damit einhergehende Ideologie zu hinterfragen und dem (deutschen) Arbeitswahn eine klare Absage zu erteilen.
Communismus schalalalala!
"Immer nur dagegen. Was habt ihr denn anzubieten?" fragen Leute oft spöttisch in der Erwartung, wir würden dann mit irgendwelchen abgedrehten Plänen ankommen und uns selbst lächerlich machen. Wir müssen diese Leute "leider" enttäuschen. Wir haben nämlich nichts anzubieten, außer der Lust an der schonungslosen Kritik der Verhältnisse.
Erstens weil es im Moment darum gehen sollte, erst mal zu verstehen, was warum falsch läuft und warum bisherige Versuche der Umwälzung so krass gescheitert sind oder sich in ihr Gegenteil verkehrt haben. Und zweitens weil wir, so viel Utopie darf dann doch sein, für die freie Assoziation freier Menschen kämpfen und es diesem Ziel leicht widersprechen würde bei der Planung von Utopia über die Köpfe aller Menschen dieser Welt hinweg zu entscheiden. Kategorien wie Volk und heterosexuelle Zweigeschlechtlichkeit gehören hinterfragt und zersetzt und Formen wie der Staat müssen abgeschafft werden, um die Kapitalverhältnisse zu überwinden. Es sollte darum gehen Räume und Praxen zu schaffen, in denen die Infragestellung der gesamten alten Ordnung möglich ist. Unser bescheidenes Ziel ist nicht einfach die Überwindung der Kapitalverhältnisse, sondern eine Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung.
Wie auch letztes Jahr laden wir alle Menschen, die nicht im Kapitalismus versauern wollen, dazu ein an der Demo teilzunehmen.
Die Arbeit nieder! Kapitalverhältnisse überwinden!
Das schöne Leben wartet!
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