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Lippische Landes-Zeitung , 16.04.2005 :

Tiefe Einblicke / "Nachruf für alte Nazis", LZ vom 9./10. April

Botschafter a. D. Heinz Schneppen machte Fischers Gedenkpraxis öffentlich, indem er aus einem Briefwechsel des Ministers mit Botschafter a.D. Erwin Wickert zitiert. Danach hatte es Wickert abgelehnt, an einer Veranstaltung des Auswärtigen Amtes (AA) teilzunehmen, solange Fischer eine Person zu seinem engsten Mitarbeiter zählt, die dem Kommunistischen Bund Westdeutschland (KBW) angehörte und diese zu allem Überfluss auch noch den kambodschanischen Genozidmörder Pol Pot seine "feste Solidaritat" versichert habe.

Fischers Antwort: Dieser ehemalige KBW-Mann und jetzige AA-Mitarbeiter habe eine "glaubhafte Wandlung zum Demokraten" hinter sich gebracht und nehme das Recht für sich in Anspruch, politische Auffassungen zu ändern. Eine solche Begründung eröffnet einen tiefen Einblick in die Denkweise von Menschen mit der Vita eines Bundesministers Fischer.

Georg von Duckwitz zum Beispiel gehörte seit 1932 der NSDAP und 1943 der deutschen Botschaft in Kopenhagen an. Der seinerzeitige Außenminister Willy Brandt machte Duckwitz dennoch zum Staatssekretär im AA. Er hatte sich um die Rettung von 7.500 Juden in Dänemark verdient gemacht und wurde später vom Staat Israel in Yad Vashem geehrt. Die Reihe derer, die zwar Mitglied der NSDAP und dennoch keine "Nazis" waren, liege sich beliebig fortsetzen. Graf von der Schulenburg zum Beispiel war seit 1934 Parteimitglied und bevollmächtigter Botschafter des Deutschen Reiches in Moskau. Wegen Beteiligung am Widerstand des 20. Juli 1944 wurde von der Schulenburg in Pötzensee gehängt. Aber auch Männern wie Karl-Günther von Hase, Dr. Hans-Otto Bräutigam, Bernd von Staden, Dr. Dieter Kastrup, Hans-Werner Graf Finck von Finckenstein als Mitunterzeichner des Nachrufs auf Botschafter a.D. Franz Krapf wird man Nazi-Ambitionen ernsthaft nicht nachsagen können.

Friedrich Foht
Heckenrosenweg 3
Blomberg

16./17.04.2005
detmold@lz-online.de

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