Gütersloher Volkszeitung / Die Glocke ,
14.04.2005 :
Hakenkreuze an der Anne-Frank-Gesamtschule / Schüler fürchten eine Gewöhnung an Nazi-Symbole
Von Daniel Zumbusch
Gütersloh (gl). Hakenkreuze und Hassparolen an den Wänden ihrer Schule, das wollten zwei Neuntklässler der Anne-Frank-Schule keinen Tag länger hinnehmen. Weil sie sich von der Schulleitung und der Stadt bei der Beseitigung der verbotenen Schmierereien nicht ausreichend unterstützt fühlen, haben Kalle Grüneberg und Johannes Kriele einen offenen Brief geschrieben. Die ersten Hakenkreuze waren den beiden 15-Jährigen im Januar an der Gesamtschule an der Düppelstraße aufgefallen. Und an einer Wand der Turnhalle stand in falscher Rechtschreibung: "Auslender raus". Kalle Grüneberg und Johannes Kriele wollten selbst zu Farbeimer und Pinsel greifen, damit die Nazi-Graffiti möglichst rasch verschwinden. "Dummerweise haben wir die zuständigen Stellen um Erlaubnis gebeten und wurden abgewiesen", beschweren sich die Gütersloher Schüler. Michael Mühlen, der stellvertretende Leiter der Anne-Frank-Schule, bestätigt den Vorstoß der Neuntklässler. Er habe daraufhin versucht, bei der Stadt Farbe zu besorgen. Denn: "Wir begrüßen das Engagement. Das ist im Sinne unserer Pädagogik." Der Wunsch nach Farbe sei allerdings unter dem Hinweis abgelehnt worden, die Stadt kümmere sich stets selbst um die Beseitigung solcher Schmierereien. Genau das sei allerdings auch nach den Osterferien noch nicht geschehen gewesen. Daraufhin habe er sich noch einmal schriftlich an die Verwaltung gewandt, berichtet Möhlen. Gestern konnte er Vollzug melden: Die Hakenkreuze seien jetzt verschwunden. Die Verzögerung führt die Stadt auf "Abstimmungsprobleme zwischen Schule und städtischen Fachbereichen" zurück. Grundsätzlich würden Schmierereien mit ehrverletzendem Inhalt umgehend beseitigt. Für künftige Fälle werde der Anne-Frank-Schule nun Farbe zur Verfügung gestellt, um solche Graffiti selbst und unverzüglich beseitigen zu können.
Die Wünsche von Kalle Grüneberg und Johannes Kriele sind noch weiter gehend. Gern würden die Schüler "von engagierten Künstlern oder im Kunstunterricht" lernen, "wie man effektiv Hassparolen und Hakenkreuze übersprayt". Es geht ihnen allerdings nicht nur die Situation an ihrer Schule. Mit Sorge beobachten die beiden Jugendlichen eine Ausbreitung der Nazi-Symbole im öffentlichen Raum in Gütersloh. Und gleichfalls mit Sorge machen sie eine wachsende Gleichgültigkeit gegenüber diesen Schmierereien aus. Die Schüler haben eine Fotodokumentation erstellt: Hakenkreuze an ihrer Schule, am Postdamm, wo sie schon seit August vergangenen Jahres anzutreffen seien, auf Schildern, öffentlichen Gebäuden und vor allem auf Stromkästen. "Wir haben die Nazi-Graffiti dokumentiert, um die Öffentlichkeit darauf aufmerksam zu machen, dass unser aller Unrechtsbewusstsein im Alltag leidet, wenn diese Straftat zur Gewohnheit wird."
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