-Z-ABschaffen! ,
09.04.2005 :
Redebeitrag zur Auftaktveranstaltung der Kampagne
"(Z)entrale (A)usländer (B)ehörde abschaffen!"
Bitte stellen Sie sich einmal vor:
Sie haben alleine oder mit Ihrer Familie Ihre gewohnte Umgebung verlassen müssen. Sie sind geflohen aus einer äußerst bedrohlichen Situation. Immer in der Angst vor Entdeckung, Gefängnis, Gewalt oder zwangsweiser Rückkehr haben Sie einen langen Fluchtweg überstanden.
Nun wähnen Sie Ihr Ziel erreicht. Sie sind angekommen - so weit schaffen es seit Mitte der 90er Jahre nicht viele Flüchtende -, angekommen im Inneren eines Landes, das Schutz durch Asyl verspricht. Dürfen Sie hierbleiben oder werden Sie wieder weggeschickt? Wie wird sich das entscheiden?
Zuerst wird Ihnen die Adresse einer ZAB genannt. Sie gehen dorthin, zum Beispiel zur ZAB in Bielefeld. Sie kennen hier nicht die Gesetze und nicht die Sprache. Aber Sie hoffen, dass man ihnen helfen wird, Ihnen zuhören, Ihr Anliegen ernst nehmen, Ihnen eine Chance und Perspektive geben wird. Voller Hoffnung betreten Sie die ZAB.
Aber was passiert dort drin?: Sie müssen in Räume gehen, deren Fenster und Türen sich ohne Schlüssel nicht öffnen lassen. Es gibt kein Zurück. Sie werden fotografiert, gezwungen zur Abgabe Ihrer Fingerabdrücke und durchsucht nach Geld und Dokumenten. - Welche Panik würde diese Situation in Ihnen auslösen? Welche Schlüsse würden Sie ziehen?
Sie merken gleich: Asylsuchende sind hier unerwünscht. Sie werden über das Asylverfahren unzureichend oder gar nicht informiert. Die geeigneten Dolmetscherlnnen stehen oft nicht zur Verfügung. Niemand hilft. Über Ihren Anspruch auf Rechtsbeistand sind sie auch nicht informiert. Sie werden behandelt als Nummer: registriert, unter Verdacht gestellt, verhört durch dutzende Standard-Fragen und detailversessenes Nachbohren. Ihre Angaben werden immer wieder angezweifelt. Allein eins scheint hier grenzenlos: das systematische Misstrauen den Geflüchteten gegenüber.
So ergeht es allen ankommenden AsylbewerberInnen in der "Zentralen Ausländerbehörde" und in der Stelle des "Bundesamts für Migration und Fluchtlinge" in Bielefeld, Am Stadtholz, seit der Behördeneröffnung im April 1993.
Die Hauptaufgaben der Zentralen Ausländerbehörden (ZAB) sind:
- Erstaufnahme und Verteilunq (Registrierung, Kurzbefragung nach Reiseweg und Fluchtgründen, erkennungsdienstliche Behandlung, Durchsuchung, eventuell Zuweisung in ein anderes Bundesland oder eine andere ZAB)
- Datenspeicherunq und -abgleich (Kriminalisierende Aufnahme aller fahndungstauglichen Daten für das europaweite Ausländerzentralregister)
- Ermittlunq des Herkunftslands (Organisation von Terminen bei Konsulaten, um dort durch Tests der Sprach-, Landes- und Ortskenntnisse das Herkunftsland zu ermitteln - mit Hilfe der Vertreterlnnen möglicher Verfolgerstaaten)
Über die Anerkennung der Asylsuchenden entscheidet nicht die ZAB. Das ist Aufgabe des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge. Die ZAB handelt häufig in Amtshilfe des Bundesamts und anderer Behörden.
- Verhaftunq und Abschiebunq (Begleitung bei Verhaftungen, Entscheidung über den konkreten Vollzug der Abschiebung, Transport mit Bullis zu Flughäfen oder Grenzen, oft überfallartig und mit Polizeigewalt)
Die ZAB Bielefeld ist, obwohl zuständig für die Regierungsbezirke Arnsberg, Detmold und Münster, eine städtische Einrichtung. Die Zustände in der ZAB Bielefeld sind Sache des hiesigen Ausländeramts und damit auch Sache von Oberbürgermeister Eberhard David.
Die zwei wichtigsten Aufgaben der ZAB sind die "Erstaufnahme" und die "Abschiebung" von Geflüchteten. Schon das ist eigentlich ein Skandal, dass diese beiden zutiefst widersprüchlichen Aufgabenbereiche in einer Institution zusammengefasst sind: Seit Jahren wird in Deutschland die Asylanerkennungsquote niedrig gehalten (auf ca. 5 Prozent Anerkennungen gemäß Grundgesetz und Zuwanderungsgesetz, wobei weitere Flüchtlinge auf Grund internationaler Standards nicht abgeschoben werden dürfen). Die Mehrheit der Asylbewerberlnnen wird irgendwann zur Ausreise gewzwungen oder - zum Teil von ZABs - abgeschoben. Deshalb gehen die Mitarbeiterlnnen der ZAB-Erstaufnahme gar nicht davon aus, dass die Menschen, die zu ihnen kommen, Verfolgung und Gewalt erlebt haben und Schutz brauchen, dass sie eben nicht einfach "illegale Einwanderer", "Wirtschaftsflüchtlinge" oder gar "Schmarotzer" sind. Ankommenden Asylsuchenden wird in der ZAB schnell klar gemacht, dass man ihnen sowieso nicht glaubt und ihnen keinerlei Chancen gibt.
Nur zum Schein hält sich die Bundesregierung an die Verpflichtungen der Genfer Konvention. Das Image eines asyl- und ausländerfreundlichen Landes soll bleiben. Tatsächlich werden diese Schutz-Vereinbarungen in Deutschland wie auch in den anderen Staaten Europas unterlaufen und missachtet. Das Recht auf Asyl wird immer stärker ausgehöhlt, gerade durch den Einfluss der BRD. Ziel ist, Europa nach außen abzuschotten und den Ausbau der "Festung Europa" voranzutreiben.
Dagegen machen wir die Kampagne Z-ABschaffen! Wehren wir uns gemeinsam:
Die ZAB muss abgeschafft werden!
Offene Grenzen und Solidarität!
Weg mit den Festungsmauern!
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