Paderborner Kreiszeitung / Neue Westfälische ,
30.03.2005 :
Starb General Rose irrtümlich? / Den ganzen Tag über heftige Gefechte im Raum Borchen
Von Ralph Meyer
Borchen. Nach dem schnellen Vorstoß in den vergangenen Tagen stießen die amerikanischen Truppen im Süden der durch den Luftangriff vom 27. März schwer beschädigten Stadt Paderborn auf zum teil erbitterten Widerstand.
Durch die oft enge Bebauung mussten sich die amerikanischen Truppen häufig von Haus zu Haus durchkämpfen, berichtete der heute 77-jährige Waldemar Becker aus Bad Driburg, der in zahlreichen Aufsätzen und Beiträge die Besetzung des Hochstifts dargestellt hat. Allein bei den Kämpfen in Wewer, die bis zum 31. März dauerten, kamen über 40 Soldaten ums Leben.
Erbitterte Gefechte gab es auch im Borchener Raum. Die Kämpfe gegen die von Henglarn vorrückenden Amerikaner begannen am Karfreitag, 30. März, gegen 7.30 Uhr. Gegen 14.30 Uhr kam es zu Gefechten mit SS-Einheiten in Etteln. Durch Brandgranaten wurden fünf Häuser in Brand geschossen. Viele Häuser wurden beschädigt, schließlich standen im Unterdorf acht Häuser in Flammen. Gegen 18 Uhr zogen sich die letzten deutschen Soldaten zurück. 35 Soldaten kamen bei den Kämpfen um Etteln ums Leben.
Über weitere Kämpfe berichtet Becker aus dem Raum Nord- und Kirchborchen. Dort waren meist junge Rekruten mit erfahrenen Ausbildern in Stellung gegangen und wurden von acht Panzern unterstützt. Die amerikanische Artillerie, die den Vorstoß der Division unterstützte, schoss in beiden Dörfern mehrere Häuser in Brand. Am Nachmittag des Karfreitags griffen amerikanische Panzer und Infanterieeinheiten Nordborchen an. Zu schweren Kämpfen kam es im Jammertal, wo auf beiden Seiten mehrere Panzer zerstört wurden. Dort kämpften allein 1.000 deutsche Soldaten zäh gegen die angreifenden Amerikaner. Nordborchen wurde erst am folgenden Tag erobert.
Amerikanische Einheiten, die über Meerhof und Dalheim vorrückten, stießen erst bei Husen auf Widerstand. Später marschierte die amerikanische Task Force Welborn durch das Waldgebiet Etteler Ort in Richtung Schloss Hamborn. Als die Soldaten den Wald nordöstlich Etteln verließen, wurden sie von Soldaten der deutschen schweren Panzerabteilung 507 Hauptmanns Helmut Koltermann in verlustreiche Gefechte am Kühlenberg verwickelt.
Kurz nach diesem Panzergefecht ist auch Generalmajor Maurice Rose, der Kommandeur der 3. US Panzerdivision, gefallen. Der Sohn eines Rabbis, ein energischer Kommandeur in Reithosen und stets blank polierten Stiefeln, der von seinen Soldaten "Big Six" genannt wurde, war auf dem Weg zum Gefechtsstand einer der vier amerikanischen Kampfgruppen in Schloss Hamborn. Als der 45-jährige General mit seinem Begleiter auf der Straße Eggeringehausen–Kirchborchen fuhr, verfehlte er offenbar in der Dunkelheit die Abfahrt nach Schloss Hamborn Als plötzlich in der Dunkelheit Panzerumrisse sichtbar wurden, glaubte Rose, amerikanische Pershings zu sehen, doch es waren deutsche Tiger in Kolonnenfahrt. Erst der vierte Panzer bemerkte den kleinen amerikanischen Konvoi , der aus vier Fahrzeugen bestand und stoppte ihn.
Die amerikanischen Soldaten stiegen aus, um sich zu ergeben. Als Rose sein Pistolenhalfter abschnallen wollte, wurde die Geste von deutscher Seite offenbar missverstanden, und ein deutscher Panzerkommandant erschoss Rose mit einer Maschinenpistole. Dem Fahrer des Generals und seinem Adjutanten Major Robert Bellinger gelang die Flucht. Letzterer hielt sich mehrere Tage und Nächte im Wald bei Schloss Hamborn verborgen. Dass der Getötete ein hoher amerikanischer Offizier und Divisionskommandeur war, blieb den Deutschen offenbar verborgen. Als amerikanische Soldaten etwa eine Stunde später die Leiche ihres Kommandanten bargen, war dessen Jeep einschließlich der Führungskarten und Funkschlüssel unberührt.
lok-red.paderborn@neue-westfaelische.de
|