Neue Westfälische ,
04.04.2005 :
Schmerzliche Erinnerungen / Gedenkfeier für die Opfer des Nationalsozialismus in Wewelsburg
Von Julika Gausmann
Büren-Wewelsburg. Rund 250 Menschen kamen am Samstag am Mahnmal in Wewelsburg, um der Opfer des "Dritten Reichs" zu gedenken und gemeinsam ein Zeichen gegen das Vergessen zu setzen. Unter ihnen auch sechs Überlebende des Konzentrationslagers Niederhagen, die den heutigen Ort des Gedenkens als Schauplatz der Erniedrigung noch schmerzlich im Gedächtnis tragen.
Stellvertretend für die Überlebenden sprach Alexandre Schtscherbinin. "Wir sind froh, heute hier zu sein, und hoffen, dass unsere Völker weiter in Frieden miteinander leben", sagte der Ukrainer, der erst vor sechs Jahren als ehemaliger KZ-Häftling vom Kreismuseum ausfindig gemacht werden konnte. 2000 kehrte Schtscherbinin zur Einweihung des Mahnmals zum ersten Mal nach Wewelsburg zurück.
"Wir Kinder, Enkel und Urenkel tragen die Verantwortung, eine bessere Welt zu schaffen", sagte eine Schülerin. Die Klasse 10 b der Hauptschule Westenholz hat mit der in deutscher und russischer Sprache gestalteten Gedenkfeier bewiesen, dass sie bereit sind, sich dieser Verantwortung zu stellen. Gemeinsam mit ihrem Lehrer Karl-Heinz Mücher haben sich die Schüler im Unterricht mit der Thematik auseinandergesetzt. Ein Chor der Hauptschule beteiligte sich ebenfalls, musikalisch begleitet wurde die Feier von der Gruppe "Hörbar".
"Vor 60 Jahren wurden Häftlinge des KZ Niederhagen befreit und sind doch nicht befreit, sie werden lebenslang in Pein gefangen sein, genauso wie sich auch die Geschichte von diesen Taten nicht befreien kann", betonte Bürgermeister Wolfgang Runge die Dringlichkeit des mahnenden Gedenkens an die NS-Vergangenheit, die nicht zu einem Mythos verkommen dürfe. Die Stadt Büren und der Verein "Gedenktag 2. April" sind Veranstalter der traditionellen Feierstunde am Mahnmal.
Regierungspräsident Andreas Wiebe wies als Hauptredner daraufhin, dass Demokratie und Freiheit keine Selbstverständlichkeiten seien. "Die Verbrechen der Nazis sind mit nichts zu vergleichen", sagte er, beanspruchte dennoch ein gebührendes Gedenken der Todesopfer auf deutscher Seite, die die Befreiung durch die Alliierten forderte.
Angesichts der Tatsache, dass die überlebenden KZ-Häftlinge Leopold Engleitner, Jurij Zawadski, Alexandre Schtscherbinin, Valentin Perow, Wladimir Perfilow und Iwan Baglikow als Ehrengäste zum 60. Jahrestag der Befreiung des KZ Niederhagen in der ersten Reihe auf dem ehemaligen Appellplatz saßen, wirkte sein Anspruch allerdings ein Stück weit befremdend.
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