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Paderborner Kreiszeitung / Neue Westfälische , 25.03.2005 :

"Ich sah die Stadt brennen"

Paderborn. Amelie Tewes erinnert sich an den Angriff am 27. März 1945: "Jedes Mal, wenn ich nach Paderborn komme und die Benhauser Straße hinaufgehe, schaue ich gleich hinter dem Bahnübergang nach oben zum Dachfenster unseres Hauses auf der rechten Seite.

Im März 1945 war ich sechs Jahre alt, doch die Eindrücke aus dieser Zeit sind mir erstaunlicherweise noch relativ klar in Erinnerung, besonders die Ereignisse vom 27. März, dem Tag des zweiten verheerenden Bombenangriffs auf die Stadt: Voralarm - Hauptalarm - wie üblich. Dann das gleichmäßige laute Brummen der englischen Bomberverbände.

Wir waren zu etwa acht Personen im Keller des Hauses. Meine Mutter, meine Schwester und ich (mein Vater war in Russland), meine Großmutter und die anderen Hausbewohner hielten sich im Kellergang auf. Die Angst war riesengroß. Es wurde laut und eindringlich gebetet. Das Fallen der Bomben erzeugte ein lang gezogenes Heulen.

Die Detonationen beim Einschlag ließen den Kellerboden und die Wände stark erzittern. Nie werde ich das vergessen! Es gab Entwarnung, der Keller war voller Rauch und Staub. Uns schien es später wie ein Wunder, dass alle Häuser der Benhauser Straße unbeschädigt geblieben waren.

Wie ich erst später erfuhr, war die Benhauser Straße wegen ihrer Nähe zur Panzerkaserne bewusst nicht bombardiert worden. Um einen Überblick über die Auswirkungen des Angriffs zu bekommen, gingen wir auf den Dachboden und öffneten das Dachfenster. Meine Mutter hob mich hoch: Ich sah die Stadt brennen – doch weit über den Flammen, wie eine Fackel, brannte der Domturm. Heute sehe ich es wie ein Fanal für den Untergang und das Ende des Krieges".


lok-red.paderborn@neue-westfaelische.de

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