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Warburger Zeitung / Neue Westfälische , 23.03.2005 :

1. April 1945: Ein Dorf in Not / St. Liborius-Schützenverein Eissen erinnert an Kriegshandlungen vor 60 Jahren

Eissen. Der St. Liborius Schützenverein erinnert mit einer Gedenkfeier an den 60. Jahrestag des Kriegsendes in Eissen. Die Veranstaltung soll mit einer heiligen Messe um 18.30 Uhr beginnen. Anschließend treffen sich die Teilnehmer am Gedenkstein an der Kirche. Dort wird der Schützenverein Aufstellung nehmen und Hubert Plogmeier in eine kurzen Rede an die Dorfbewohner an die Ereignisse vor mehr als einem halben Jahrhudnert erinnern. Beitragen zu dem Gedenken wird auch der Gemischte Chor "Eintracht".

Der Gedenkstein wurde im Jahr 1970 mit der Inschrift: "Unser Dorf in Not - 1. April 1945" aufgestellt und solle "somit ständig an das Ereignis des Einmarsches der amerikanischen Truppen erinnern, der für Eissen in einer Katastrophe endete, sowie auch an das Ende des Nazi-Regims und des schrecklichen Krieges", so der Schützenverein.

Schon Wochen zuvor, Anfang des Jahres 1945, sei in Eissen alles auf ein baldiges Ende des Krieges hingelaufen.

"Die Fronten waren an allen Seiten eingebrochen. Die Alliierten hatten die totale Luftherrschaft. Bomberverbände flogen zu Tausenden nach Mitteldeutschland und zurück über unsere Gegend. Das Dröhnen jeder heran fliegenden Staffel setzte die Menschen in Angst und Schrecken. Die Bombardierung der nahegelegenen Städte wie Paderborn, Bielefeld und des Viaduktes bei Altenbeken ließen auch noch bei uns die Häuser erschüttern und die Fensterscheiben klirren.

Ständig wurde von dem mobilen Sender 'Prima-Donna' Tieffliegeralarm gegeben. Die Tiefflieger schossen auf alles, was sich bewegte. Mehrere Lokomotiven wurden nahe des Dorfes angegriffen und zerstört. Am 22. Februar 1945 wurden vier Kesselwagen mit je 36.000 Liter Erdöl auf dem Bahnhof in Brand geschossen, und am 5. März fiel ein Bombenteppich von neun Bomben nahe des Dorfes in die Gantenhalsgemarkung.

Zu diesen Ängsten und Nöten hier in der Heimat kam noch die Sorge um die Väter und Söhne draußen an der Front, von denen in dieser letzten Phase des Kriegsgeschehens nicht mehr viel oder gar nichts zu hören war", so der St. Liborius-Schützenverein im Rückblick auf die Ereignisse des Jahres 1945.

Vor Ostern, in der Karwoche, sei dann der Geschützdonner der heran nahenden Front vom Süden her zu vernehmen gewesen. Mittlerweile sei damsls klar geworden, dass das Ruhrgebiet umgangen und der Kessel bei Paderborn geschlossen werden sollte.

"Hieraus ergaben sich auch die Kampfhandlungen in unserer Gegend. Jetzt war die Bevölkerung bis zum Äußersten verunsichert und verängstigt. Ältere Männer, welche noch zum Volkssturm rekrutiert waren, mussten eilends Schützengräben ausheben und mitten im Dorf eine Panzersperre errichten. Deutsche Soldaten fuhren hin und her.

Vom Kirchturm wurde die umliegende Gegend beobachtet, und unten im Gotteshaus wurde gebetet. Lebensmittel und andere Wertsachen wurden vergraben, Hitlerbilder, Fahnen und Uniformen verbrannt. Die Häuser wurden so gut abgesichert, wie nur möglich.

Gründonnerstag waren dann schon Maschinengewehrsalven zu hören. Tröstlich war, bei all' den Hiobs-Botschaften die Nachricht, dass Warburg und einige Orte kampflos eingenommen werden konnten, und dass Karsamstag die Amerikaner schon bis in Menne waren", betont der Verein.

Doch "wahnsinnige Durchhalteparolen des Dritten Reiches" hätte eine Kompanie Wehrmachtssoldaten veranlasst, sich in der Nacht zum Ostersonntag an der Südseite des Dorfes einzugraben, um das Dorf noch zu verteidigen. Nur wenige hätten davon gewusst - und so seien viele Bürgerinnen und Bürger trotz allem in die Auferstehungsmesse gegangen.

"Es war Ostersonntag, der 1. April 1945! - dieses Tages gilt es zu gedenken, denn bei den mehrstündigen Kampfhandlungen, die in dem Buch 'Eissen, Bild unserer Heimat' ausfühlich beschrieben wurden, sind 47 Awesen zerstört worden.

An diesem Tag kann man aber auch dem Herrgott danken, dass bei den erbitterten Kampfhandlungen, wie durch ein Wunder, keine Menschenleben unter der Zivilbevölkerung zu beklagen waren und die Nazi-Herrschaft nunmehr beendet war! Leider sind bei den Kämpfen 14 deutsche und drei amerikanische Soldaten gefallen.

Der Schützenverein tut gut daran, wenn er am 60. Jahrestag zum Gedenken an diese Ereignisse aufruft. Bleibt zu hoffen, dass die ganze Dorfbevölkerung am Freitag, 1. April, die Einladung annimmt und somit die schrecklichen Geschehnisse, auch für zukünftige Generationen, lebendig hält", betont der St. Liborius-Schützenverein abschließend.


lok-red.warburg@neue-westfaelische.de

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