Bielefelder Tageblatt (OH) / Neue Westfälische ,
17.03.2005 :
Doppelpass-Bürger in Sorge / Schreiben vom Innenministerium sorgt bei eingebürgerten Türken für Unruhe
Bielefeld (mönt). Bei den türkischstämmigen Deutschen herrscht Unruhe wegen eines angekündigten Briefs von NRW-Innenminister Fritz Behrens. Der SPD-Politiker hat die Ämter beauftragt, bei eingebürgerten Türken nachzufragen, ob sie nach der deutschen zusätzlich wieder die türkische Staatsbürgerschaft beantragt haben. In Bielefeld erläuterte gestern Abend Jörg List von der Bezirksregierung Detmold gegenüber dem Migrationsrat die Hintergründe.
Seit Januar 2000 können Zuwanderer über18 Jahren den deutschen Pass erhalten, wenn sie den alten Pass abgeben. Eine doppelte Staatsangehörigkeit ist nicht erlaubt. Dennoch sollen laut Landes-Innenministerium, welches entsprechende Informationen von der türkischen Regierung hat, rund 50.000 Türken in Deutschland ihren ursprünglichen Pass wieder erlangt haben, nachdem sie bereits den deutschen in der Tasche hatten. Das führt dazu, dass die deutsche Staatsbürgerschaft automatisch erlischt, diese Personen also auch nicht wählen dürfen. Am 22.Mai ist Landtagswahl.
"Ihre Aufenthaltsgenehmigung wird dann neu überprüft", erklärt Emir Ali Sag, Geschäftsführer des Migrationsrates der Stadt Bielefeld. Er schätzt, dass etwa 2.000 Zuwanderer in Bielefeld in den vergangenen fünf Jahren den deutschen Pass erhalten haben. Wie viele davon wieder den alten Pass haben, weiß niemand. Zahlen gibt es nicht, auch nicht für das Land NRW. Für diejenige, die unerlaubt zwei Ausweise in der Tasche haben, kann es Probleme geben. Denn sie müssen sich bei den Behörden melden und den deutschen Pass erneut beantragen. Die Landesregierung rät ausdrücklich dazu, diesen Schritt zu gehen, andernfalls würden sich diese Menschen strafbar machen. "Der Aufenthalt muss legalisiert werden", fordert List. In der Regel hätten diese Personen auch ein Recht zu bleiben. Innenminister Behrens hat die Kommunen gebeten, in solchen Fällen "wohlwollend über einen rechtmäßigen Aufenthalt und eine anschließende Wiedereinbürgerung zu entscheiden."
Kritik an der Aufforderung aus dem Ministerium aber kommt von der Landesarbeitsgemeinschaft der Migrationsvertretungen. Das Gremium sieht den Grundsatz der Gleichbehandlung missachtet: "Davon, dass auch die aus der Sowjetunion ausgesiedelten Menschen angeschrieben werden, ist nicht die Rede", moniert der Vorsitzende Tayfun Keltek.
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