Die Glocke ,
17.03.2005 :
Verstoß gegen das Jugendschutzgesetz / Meinolf Schönborn muss 900 Euro zahlen
Von Bettina Reinhardt
Herzebrock-Clarholz (gl). Wegen Verstoßes gegen das Jugendschutzgesetz ist der Herzebrock-Clarholzer Meinolf Schönborn gestern vom Amtsgericht Rheda-Wiedenbrück zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen á 15 Euro verurteilt worden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der 49-jährige Kaufmann im Jahr 2003 in seinem Versandhandel jugendgefährdende CDs der Nazi-Rockband "Landser" vertrieben hat.
Meinolf Schönborn selbst, der ohne Anwalt vor dem Gericht erschienen war, hatte zuvor für sich auf Freispruch plädiert. "Die CD haben zu dem damaligen Zeitpunkt viele angeboten. Denen ist auch nichts passiert", sagte er ehemalige Vorsitzende der Nationalistischen Front. "Außerdem war die CD zu diesem Zeitpunkt nicht indiziert." Meinolf Schönborn habe nach eigener Aussage bei jeder Bestellung die Lieferanten überprüft, damit nichts Verbotenes geliefert werde. "Ich bekomme wöchentlich Scheinbestellungen von verbotenen CDs, deshalb gehe ich damit sehr sorgfältig um", sagte Meinolf Schönborn vor Gericht. Im einzelnen habe er die Titel der CD aber nicht überprüft. Bei etwa 970 Titeln in seinem Angebot sei es ausgeschlossen, jeden einzelnen zu kennen.
"Schwer jugendgefährdend" seien auf der "Landser"-CD allerdings die Titel "Kreuzberg" und "Sag mir, wo du stehst", so die vorsitzende Richterin am Amtsgericht. Es werde in beiden Liedern zur Vernichtung der Ausländer aufgerufen. In "Sag mir, wo du stehst" werde zudem pauschal behauptet, dass alle Ausländer den Deutschen ihre Arbeit und ihre Wohnungen wegnähmen. Dieser Titel sei bereits am 15. März 2001, also zwei Jahre vor dem Vertrieb durch Meinolf Schönborns Versandhandel, indiziert worden. In seinem Katalog habe der gebürtige Gütersloher die CD allerdings als entschärft und "strafrechtlich völlig in Ordnung" ausgewiesen. Nachdem sich herausgestellt habe, dass auf der Platte dennoch indizierte Titel zu hören seien, habe Schönborn sie sofort aus dem Angebot genommen. Zu diesem Zeitpunkt waren 85 von 100 Exemplaren verkauft worden. Die restlichen habe Schönborns Lebensgefährtin vernichtet.
Die Richterin warf dem Herzebrock-Clarholzer vor, beim Vertrieb der CD "die erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen" zu haben. "Ich hoffe, dass Sie ihre Praxis dahingehend umstellen, zu prüfen, was Sie in ihren Versandhandel aufnehmen", sagte sie. Bei dieser Prüfung seien erfahrene Juristen gefragt. Auf die Aussagen der Zulieferer dürfe man sich nicht verlassen. Mit ihrem Urteil blieb die Richterin unter der Forderung der Staatsanwältin, die sich für eine Strafe von 60 Tagessätzen á 20 Euro ausgesprochen hatte. Die Tagessätze habe sie aufgrund des niedrigen Einkommens von Schönborn auf 15 Euro angesetzt. Der hatte angegeben mit seinem Versandhandel nur einen monatlichen Gewinn von 40 bis 400 Euro zu erzielen und bis ins vergangene Jahr sogar rote Zahlen geschrieben zu haben. "Ich stehe wirtschaftlich auf der Kippe", sagte der Kaufmann.
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