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Löhner Nachrichten / Neue Westfälische , 15.03.2005 :

Gegen Krieg, Gewalt und das Vergessen / 60 Jahre nach dem Bombenangriff wurde gestern eine Gedenktafel im Löhner Bahnhof enthüllt

Von Jörg Stuke

Löhne. Menschen eilen durch den Bahnhof. Reisende, die zum Zug wollen. Pendler, die nach Hause streben. Doch gestern Nachmittag mussten sie sich in der Löhner Bahnhofshalle ihren Weg durch eine Gruppe von weit über 100 Menschen bahnen. Die hatten sich versammelt, um eine Bronzetafel zu enthüllen, die an Löhnes schwärzeste Stunde erinnert: den Bombenangriff auf den Bahnhof.

Jäh und brutal wurde der Alltag in Löhne vor 60 Jahren unterbrochen: Innerhalb von 15 Minuten fielen am 14. März 1945 über 22.000 Bomben auf den Bahnhof und seine Umgebung, legten große Teile der Gebäude im Herzen von Löhne in Schutt und Asche und rissen über 130 Menschen in den Tod.

"Viele von Ihnen werden sich sicherlich noch an das gespenstische Pfeifen und Rauschen der fallenden Bomben erinnern", sagte Kurt Quernheim. Tote und Verletzte, überall Feuer und Trümmer, mittendrin der brennende Kirchturm von Mahnen – vielen Löhnern, so vermutet der Bürgermeister, bleiben die Eindrücke von diesem Bombenangriff fest ins Gedächtnis eingebrannt.

Quernheim schilderte auch seine persönliche Erinnerung an den 14. März 1945. Er war – kaum vier Jahre alt – mit seiner Mutter und einem Bollerwagen unterwegs, als die Bomben fielen. "Meine Mutter zerrte mich in einen Graben, warf sich schützend über mich. Als wir wieder hoch kamen, sahen wir brennende Trümmer auf den Feldern", berichtete der Bürgermeister.

"Ist nicht genug erinnert?" fragte Mahnens Pfarrer Eckhard Teismann rhetorisch und antwortete: "Wir werden solche Momente des Gedenkens auch in Zukunft brauchen. Auch, um das Bild des Krieges ungeschönt und unverklärt darzustellen."

"Diese Bronzetafel erinnert uns daran: Seid wachsam. Glaubt ja nicht, so etwas kann heute nicht mehr passieren", sagte Manfred Pollmeier, Pfarrer der katholischen Laurentius-Gemeinde.

Den Anstoß zu der Gedenktafel im Löhner Bahnhof hatte Anfang des Jahres Heinz Vogelsang von den Löhner Naturfreunden in der NW gegeben. Andere Vereine, Gewerkschaften und Kirchengemeinden unterstützten ihn, die Stadt setzte den Vorschlag kurzfristig in die Tat um.

Die Bronzetafel solle aber nicht nur an die Toten und Verletzten des Bombenangriffs erinnern, betonte Quernheim. "Wir wollen auch an die Millionen Opfer der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft erinnern. Denn Vergessen und Totschweigen der Zeit von 1933 bis 1945 wären das Schlimmste, was wir tun könnten."

Ähnliches hatte wohl auch eine Hand voll von Demonstranten im Sinn, die die Gedenkfeier zu Anfang störte und Kaugummis und Flugblätter in die Bahnhofshalle warfen. "Deutsche Täter sind keine Opfer", riefen die Jugendlichen und verschwanden nach fünf Minuten wieder in Richtung der Bahnsteige.

Quernheim wandte den Blick nach vorn: "Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, dass eine solche Katastrophe wie zwischen 1933 und 1945 nie wieder geschehen kann. Lassen Sie uns, beginnend in der örtlichen Gemeinschaft, miteinander, nie gegeneinander arbeiten."


lok-red.loehne@neue-westfaelische.de

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