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Deutscher Bundestag ,
26.09.1995 :
Kleine Anfrage der Abgeordneten Annelie Buntenbach und der
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drucksache 13/2461: Ausbau der "Nationalistischen Front" nach dem Verbot durch den Bundesminister des Innern im November 1992
Trotz des Verbotes der "Nationalistischen Front" (NF) im November 1992 hat der ehemalige Chef der Organisation Meinolf Schönborn mehrfach zur Organisierung aufgerufen. Zuletzt wurde im Frühjahr 1995 in der Schrift "Deutschland unsere wichtigste Aufgabe für die Zukunft!" für eine Organisation mit straffer "Führung" und "diszipliniertem Gehorsam" geworben. Die Tatsache, dass sich die NF nach ihrer Spaltung im Sommer 1992 und nach dem Verbot in mehrere Gruppen geteilt hat, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie über ein ausgeprägtes Führersystem verfügt. Dieses Führersystem wird in der NF bzw. ihren Nachfolgeorganisationen konsequenter vollzogen als in vergleichbaren Neonaziorganisationen.
Trotz der angeblichen Zerschlagung ihrer Organisationsstrukturen konnten die Aktivisten um Schönborn die Zahl ihrer Anhänger seit dem Verbot erheblich erhöhen. Über die nicht verbotene Vorfeldorganisation der NF, dem "Förderkreis Junges Deutschland" (FJD), wird weiterhin die finanzielle und politische Unterstützung organisiert. Nach wie vor kann der als Finanzquelle wichtige Propagandavertrieb, heute als "Haitabu-Versand" mit Postfach in Dänemark, weitergeführt werden. Auch im NF-Zentrum in Detmold/Pivitsheide absolvieren Aktivisten weiterhin "Arbeitseinsätze", finden Schulungen und Treffen statt.
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Hält die Bundesregierung nach ihrer jetzigen Erkenntnislage die Bewertung des NF-Verbots, wie in ihrer Antwort auf unsere Kleine Anfrage (Drucksache 13/1123) aufrecht, derzufolge die organisatorischen Strukturen der NF durch das Verbot zerschlagen worden seien?
a) Wenn ja, welche einzelnen Strukturen wurden zerschlagen?
b) Wie wirkte sich das Verbot insbesondere auf das NF-Zentrum in Detmoldf/Pivitsheide aus?
c) Wie wirkte sich das Verbot insbesondere auf den unter verschiedenen Namen fortgeführten Versandhandel aus, der als Hauptfinanzquelle der NF gilt?
2. Inwieweit kann die Bundesregierung eine dpa-Meldung vom 18. Juli 1995 bestätigen, derzufolge die verbotene NF "nach Einschätzungen der Behörden bundesweit rund 500 Mitglieder zählt"?
3. Wie viele Personen um den ehemaligen NF-Chef Meinolf Schönborn sind insgesamt, und jeweils in den "Propagandaverteilkreisen", dem "Jungsturm" und der von Schönborn so genannten "Gemeinschaft", aktiv?
4. Wie viele Mitglieder hat der "Förderkreis Junges Deutschland" (FJD)?
5. Verfügt die Bundesregierung über Erkenntnisse, nach denen der FJD als Vorfeldorganisation der verbotenen NF gelten kann?
a) Ist der Bundesregierung insbesondere das Schreiben Meinolf Schönborns vom 8. September 1992 bekannt, in dem er Anwärter der später verbotenen NF anweist, Beiträge weiterhin auf das "Förderkreiskonto" zu überweisen?
b) Ist der Bundesregierung insbesondere eine Flugschrift der NF aus dem Jahr 1992 bekannt, in der gemeinsam für die NF, den "Jungsturm" und den FJD geworben wurde?
6. Aufgrund welcher Gründe wurde der FJD und der "Jungsturm" nicht in das Verbot der NF einbezogen?
7. Über welche Erkenntnisse verfügt die Bundesregierung, nach denen der FJD zur Fortführung der verbotenen NF dient?
8. Über welche Erkenntnisse verfügt die Bundesregierung hinsichtlich der Organisationsstruktur der Aktivisten um den ehemaligen NF-Chef Meinolf Schönborn?
a) Ist es insbesondere richtig, dass, wie in der Schrift "Deutschland unsere wichtigste Aufgabe für die Zukunft" aus dem Frühjahr 1995 beschrieben, von Mitgliedern erwartet wird, dass sie "im disziplinierten Gehorsam der Führung Gefolgschaft leisten"?
b) Kann die Bundesregierung insbesondere einen Bericht der FAZ vom 22. August 1995 bestätigen, demnach "Sprecher von Sicherheitsbehörden" über "Stützpunkte" Schönborns in fünf Städten berichteten?
c) Über welche Erkenntnisse verfügt die Bundesregierung insbesondere über den Fortbestand weiterer Organisationsgliederungen der verbotenen NF wie der Organisationsleitung, Bereichsleitungen, Ortsgruppen und Basisgruppen?
Bonn, den 21. September 1995
Annelie Buntenbach
Joseph Fischer (Frankfurt), Kerstin Müller (Köln) und Fraktion
mail@bundestag.de
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