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Höxtersche Kreiszeitung / Neue Westfälische , 28.02.2005 :

Angst vor dem falschen Islam / Emin Özel: "Nicht alle Muslime handeln muslimisch"

Von R. Hoffmann-Wittenburg

Höxter. Das Thema "Islam" ist aktuell und interessiert. Die Veranstaltung des Evangelischen Forums Höxter zu dem Thema, zu dem die Referenten der Evangelischen Erwachsenenbildung, Petra Paulokat, Höxter und Matthias Böhm, Paderborn, ins Gemeindehaus in der Brüderstraße in Höxter eingeladen hatten, war hervorragend besucht. Und der Referent, Emin Özel, Vorstand der Türkisch-Islamischen Gemeinde Paderborn ein Kenner der Materie.

Mit der Schilderung des Mordes am 7. Februar an der 23-jährigen Hatun Sürücü, die es gewagt hatte, sich aus der Zwangsehe zu befreien, und begonnen hatte, als allein erziehende Mutter mit ihrem kleinen Sohn ein selbstbestimmtes Leben zu führen, sowie Hinweisen auf Kopftuchstreit, Terrorismus und Selbstmordattentate, gab Petra Paulokat in ihrer Eröffnungsansprache die Richtung vor, die die Veranstaltung nehmen sollte. Emin Özel verstand die Botschaft, nahm die Provokation lächelnd zur Kenntnis und erlaubte sich seinerseits eine kleine Provokation, wie er betonte. Er zitierte Goethe.

Aus einem Brief des Dichters las er dessen Analyse des Islam vor mit der respektvollen Würdigung einer Religion und Lehre, "der es an nichts fehlt und die ein artiger Maßstab ist, den man an sich und andere anlegen kann, um zu sehen, auf welcher Stufe man steht.".

Genau dies zu vermitteln, war Emin Özels vorrangiges Bestreben. Indem er die sechs Lehren sowie die fünf Säulen des Islams erläuterte, stellte er die Gemeinsamkeiten mit den christlichen und jüdischen Lehren heraus. Unmissverständlich machte er klar, dass der Islam nichts, aber auch gar nichts mit Mord und Totschlag oder der Unterdrückung von Frauen zu tun habe. Wie die Bibel baue der Koran auf dem Fundament der Nächstenliebe und einem Leben ohne Sünde auf.

"Gewalt ist im Islam verboten", betonte Emin Özel. "Wer sie dennoch im Namen des Islams ausübe, handle gegen seine Religion. Dass eine latente Gewaltbereitschaft unter den Muslimen vorhanden sei, räumte er ein, betonte aber, dass dies nichts mit dem Islam an sich zu tun habe. Die Gründe hierfür lägen im sozialen Bereich, hätten ihren Ursprung in Ungerechtigkeit und Demütigung. Ihm komme es darauf an, die Ursachen zu hinterfragen. Ein wesentlicher Grund sie das ungelöste Palästinenser-Problem. "Wieso haben die Juden einen eigenen Staat, aber nicht die Palästinenser?" Viele Muslime sehen darin eine Ungerechtigkeit und Demütigung durch den Westen. "Erst wenn diese Regionen befriedet werden, hat der Weltfrieden eine Chance", führte er aus. "Aber Menschen, die Selbstmordattentate durchführen, handeln nicht im Namen des Islams."

Dringend bat er darum, Nachrichten und Informationen, in denen der Islam als etwas Feindliches dargestellt werde, nicht ungefiltert zu übernehmen, sondern zu hinterfragen. "Nicht alle Menschen halten sich an die Regeln, und nicht alle Muslime handeln muslimisch."

In der sich anschließenden Diskussion, zeigten die Zuhörer, mit Beispielen von Steinigungen bei Ehebruch oder zum Stichworten "Heiliger Krieg", dass es nicht ganz gelungen war, ihre Ängste und Bedenken zu beseitigen. Das habe alles nichts mit dem Islam zu tun, führte der Referent ebenso verständnisvoll und freundlich wie unverdrossen aus.

Ein verbindendes Schlusswort, dem wohl alle ihre Zustimmung erteilen konnten, kam schließlich von der Zuhörerseite. "Ich bin ein Moslem", erklärte ein junger Familienvater aus Afghanistan, der in Höxter wohnt und arbeitet. "Und ich habe auch Angst vor dem Islam. Vor falschem Islam."


lok-red.hoexter@neue-westfaelische.de

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