Der Dom Nr. 7 ,
13.02.2005 :
Abschiebehäftlinge aus Nordrhein-Westfalen werden zentral in Büren untergebracht / Hoffnung hinter Gittern
Büren (epd). Häftling Ralf Ajeti hat im bundesweit größten Abschiebegefängnis bei Büren wieder etwas Hoffnung geschöpft - auch wenn dies paradox klingt. "Hier ist es nicht so eintönig, ich kann arbeiten, habe mehr Freizeitmöglichkeiten, und man versucht, mir zu helfen, dass ich nicht abgeschoben werde", sagt der 40-Jährige aus dem Kosovo.
Anfang Januar wurde er mit 64 anderen Häftlingen von Moers nach Büren verlegt. Dort sind nun zentral alle männlichen Abschiebegefangenen aus Nordrhein-Westfalen untergebracht.
"Moers war richtiges Gefängnis", sagt Ajeti. In der Haftanstalt, die mittlerweile geschlossen wurde, gab es nur enge, dunkle Räume. Zur Beschäftigung stand für die rund hundert Gefangenen ein einziger Sportraum zur Verfügung. Nur alle zwei Wochen durften die Häftlinge für eine halbe Stunde Besuch empfangen. Wegen der Raum- und Personalknappheit sei dies nicht anders möglich gewesen, sagt Sozialarbeiter Volker Torka, der mit einer Kollegin die Häftlinge in Moers betreute und nun in Büren arbeitet, bedauernd.
Aus finanziellen Gründen hatte das Land NRW im vergangenen Jahr die Zusammenlegung aller männlichen Abschiebehäftlinge in Büren beschlossen. Durch die stark sinkende Zahl von Asylbewerbern war das Gefängnis mit 530 Plätzen nach Angaben des Düsseldorfer Justizministeriums in den vergangenen Jahren nur halb ausgelastet. Während 1994 noch 27.350 Menschen in Deutschland Asyl suchten, seien es 2003 nur 11.550 gewesen.
Menschenrechtsgruppen sind gegen die zentrale Unterbringung der Abschiebehäftlinge. Das Personal sei teilweise überlastet, kritisiert der Verein "Hilfe für Menschen in Abschiebehaft" Büren. Außerdem liege die ehemalige NATO-Kaserne isoliert in einem Waldgelände. Für Familien und Freunde sei die Anstalt ohne Auto schwer zu erreichen.
Vize-Anstaltsleiter Volker Strohmeyer will die Kritik nicht gelten lassen. Im Vergleich zu den 90-er Jahren mit einer Belegung von bis zu 500 Häftlingen sei die Situation jetzt entspannt, sagt er. "Auch wir haben dazugelernt: Die Menschen hier brauchen einen strukturierten Tagesablauf, damit sie nicht die ganze Zeit untätig auf der Stube hocken." Das Betreuungsangebot sei hochgefahren, Arbeitsplätze und zwei offene Abteilungen unter anderem für Jugendliche seien geschaffen worden. Auf Grund guter Erfahrungen sei ein weiterer offener Bereich geplant.
Zurzeit warten in Büren rund 300 Häftlinge auf ihre Abschiebung. Sie kommen unter anderem aus der Türkei, den GUS-Staaten, Algerien, dem Kongo, Kamerun und Pakistan. Um Sprachbarrieren zu überwinden, sind unter den 13 Mitarbeitern des Sozialdienstes fünf Betreuer ausländischer Herkunft, die neben Englisch und Französisch auch Türkisch, Russisch, Albanisch oder Arabisch sprechen. Ein Ärzteteam, eine Psychologin und zwei christliche Seelsorger bieten Beratung an.
"Im Schwerpunkt bereiten wir die Menschen darauf vor, dass sie gehen müssen", sagt der evangelische Pfarrer Burkhard Schmidt. Er gründete 1999 mit dem Personal der JVA Büren einen Gefangenen-Fürsorgeverein, der Häftlinge in besonderen Notlagen über Spenden unterstützt. Für die Gefangenen sei es schwer zu stehen, dass ihr Aufenthalt in Deutschland illegal sei, berichtet Schmidt. Viele hätten Angst vor Polizei-Willkür in ihrem Herkunftsland. Für einen jungen Algerier hat der Pfarrer Kontakt zur Familie in der Küstenstadt Oran aufgenommen, um dessen sichere Rückreise zu gewährleisten. Beim Abschied von den Häftlingen bittet Schmidt stets um eine e-mail nach deren Ankunft, "damit ich weiß, wie es gelaufen ist". Dankbar seien die Insassen für Gespräche und Gottesdienste, sagt der Seelsorger des Erzbistums Paderborn, der Theologe Clemens Stallmeyer. Durch den Glauben an Gott erführen viele echten Trost, auch wenn ihre Abschiebung meist nicht verhindert werden könne.
Raif Ajetis Chancen stehen aber gut, zumindest vorerst in Deutschland bleiben zu können. Er sei bei der zuständigen Ausländerbehörde fälschlicherweise als Albaner gemeldet, erläutert Sozialarbeiter Besim Imrihori, ein gebürtiger Albaner. Im Gespräch mit dem Häftling fiel Imrihori dessen Dialekt auf, den nur Roma aus dem Kosovo sprechen. "Und die haben noch Abschiebeschutz."
Katrin Nordwald
Info
Nähere Informationen über den Gefangenen-Fürsorgeverein Büren bei Pfarrer Burkhard Schmidt, Tel. 02951/971392.
markus.jonas@derdom.org
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