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AStA der Universität Bielefeld , 01.12.2003 :

"Antisemitismus und die "Aufarbeitung" der Vergangenheit"

"Antisemitismus und die "Aufarbeitung" der Vergangenheit"

Wenn es noch eines Beweises aus Empirie bedurft hätte, was negativ dialektisch bereits im Begriff einer "Aufarbeitung der Vergangenheit" in der deutschen Gesellschaft nach Auschwitz beschlossen liegt, so hat ihn die Entscheidung für eine Beteiligung von Degussa am Bau des Denkmals für die ermordeten Juden Europas geliefert. Deutlicher kann man den Einspruch von Shoah-Überlebenden nicht ignorieren, ein erneutes deutsches Diktat gegen sie formulieren, das ihnen auf gewohnt kalte Art demonstriert, dass es auf sie nicht ankommt.

Zugute gehalten wird Unternehmen wie Degussa und anderen, Licht ins angebliche Dunkel der eigenen "Verstrickungen" in den Nationalsozialismus zu bringen, als gäbe es da überhaupt Zweifel, als sprächen nicht für sich und an sich die Zeugnisse von Überlebenden.

Referent für diese Veranstaltung ist Jörg Rensmann von der Berliner gruppe offene rechnungen. Diese beschäftigt sich seit Jahren intensiv mit der in Deutschland betriebenen Entledigung der eigenen Geschichte und mit der (auch von Staatsseite) munter praktizierten Funktionalisierung der "Aufarbeitung". Man erinnere sich nur der Funktionalisierung von Auschwitz als Begründung für den Krieg gegen Jugoslawien.

Mit dem von deutscher Seite regelrecht verächtlichen Umgang mit den überlebenden NS-Zwangsarbeitern beschäftigen sich die offenen rechnungen in dem kürzlich im Unrast Verlag erschienenen Buch 'The Final Insult - Das Diktat gegen die Überlebenden. Deutsche Erinnerungsabwehr und Nichtentschädigung der NS-Sklavenarbeit' (http://www.unrast-verlag.de/unrast,2,17,5.html)

Der voranschreitenden Abwicklung und Entledigung deutscher Verbrechen des Nationalsozialismus möchten wir mit dieser Veranstaltung einige Argumente entgegensetzen. Kein leichtes Unterfangen in Zeiten, in denen im Land der Täter nunmehr hauptsächlich von den deutschen "Opfern" des (notwendigen) Krieges der Alliierten gegen Nazideutschland und natürlich auch wieder verstärkt von den notorisch-revisionistischen deutschen "Vertriebenen" die Rede ist. Gleichgültig zeigen sich derartige Diskurse gegenüber der einfachen Frage von Verantwortlichkeiten. Wer hat fast alle Nachbarländer angegriffen und besetzt? Wer hat als programmatisch wichtigstes Kriegsziel die Vernichtung der europäischen Juden nahezu zur Vollendung getrieben? Auf wessen Initiative wurden nicht nur über 6 Millionen Juden entmenschlicht und ermordet, sondern mussten auch mehr als 20 Millionen Sowjetbürger und ungezählte Menschen mehr in den anderen besetzten Ländern ihr Leben lassen?

Deutschen und anderen, die diesen Fragen konsequent ausweichen, alles gerne mit allem verglichen sehen möchten und die meinen, die "Gnade der späten Geburt" entbinde sie von der kritischen Beschäftigung mit den mörderischen Umtrieben der Vorväter, entgegnet man am besten mit einem Satz aus Ralph Peters Artikel 'Canned Kraut', erschienen in der New York Post vom 06.11.2003:
"And let's not forget that the Third Reich was supposed to last a thousand years. There's no reason why German guilt shouldn't last 500. That's a 50 percent discount."

Diese und andere Frechheiten der deutschen "Vergangenheitsbewältigung" werden zentrales Thema von Analyse und Kritik im Rahmen dieser Veranstaltung sein.

Dienstag, 11.12.2003 um 19.30 Uhr in Hörsaal 2

Eine Veranstaltung des AStA der Uni Bielefeld in Zusammenarbeit mit der Georg-Weerth-Gesellschaft e.V., Detmold


asta@uni-bielefeld.de

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