Lippische Landes-Zeitung ,
19.02.2005 :
Die Erinnerung hat einen anderen Ort / Ausschuss entscheidet sich gegen die "Aktion Stolpersteine"
Oerlinghausen (cla). In der Bergstadt wird es kein Stolpern im übertragenen Sinne geben: Gegen die Stimme von Bündnis 90/Die Grünen hat der Ausschuss für Kultur und Stadtentwicklung eine Beteiligung der Stadt an der "Aktion Stolpersteine" des Bildhauers Gunter Demnig abgelehnt.
Die Verwaltung hatte auf Antrag von Bündnis 90/Die Grünen recherchiert und war auf eine Reihe jüdischer und anderer Opfer des nationalsozialistischen Regimes gestoßen (die LZ berichtete).
Bevor es zu einer Diskussion im Ausschuss kam, unterbrachen die Politiker die Sitzung, um den Vorsitzenden des Kunstvereins Oerlinghausen, Peter Pantlen, zu hören, der im Zuschauerraum der Sitzung beiwohnte. Pantlen berichtete, dass in der Stadt viel über die "Aktion Stolpersteine" geredet werde. Alle sagten, dass Oerlinghausen eigentlich mitmachen müsse, aber alle sagten auch: Bitte nicht vor meiner Haustür.
Stephan Held (Bündnis 90/Die Grünen) ging es vor allem um die Diskussion, die Vermittlung dessen, was die "Aktion Stolpersteine" erreichen will. Der Bündnisgrüne schlug eine öffentliche Veranstaltung unter Beteiligung des Künstlers vor. "Erinnerung soll auch in Oerlinghausen Ort und Zeit haben", meinte Günter Augustin (SPD). "Wir glauben, dass wir der Erinnerung und Mahnung mit der Synagoge und dem jüdischen Friedhof einen guten Ort geben." Außerdem unterstütze die Stadt den Kunstverein, damit er die Synagoge als Haus der Erinnerung und Mahnung mit Leben erfüllen könne.
Auch die Christdemokraten hielten nichts davon, dass die Namen der Opfer womöglich mit Füßen getreten werden. Regina Kettner (FDP) konnte sich allenfalls eine Gedenktafel auf dem jüdischen, nicht aber auf dem evangelischen Friedhof vorstellen, "die dann leider nicht vollständig wäre", weil Namen fehlten.
Stephan Held bedauerte die Haltung der Ausschussmitglieder und sprach mit Blick auf die mögliche Anbringung einer Gedenktafel von einem "standardisierten Erinnern", ohne dass er dies aber als Kritik an dieser Form des Gedenkens verstanden wissen wollte.
19./20.02.2005
cla@neue-westfaelische.de
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