Westfalen-Blatt ,
16.02.2005 :
100.000 fielen auf einem Kriegsschauplatz, an dem sie alle Fremde waren / Aus den Alben deutscher Afrika-Kämpfer / Der Paderborner Bernd Peitz veröffentlicht Bilder des Bielefelder Kriegsfotografen Eberhard Dohm
Von Reinhard Brockmann
Bielefeld (WB). Einen "Blick in die privaten Fotoalben von Kriegsveteranen" nennt der Paderborner Bernd Peitz (47) seinen Bildband "Afrikakorps" ganz bescheiden. Dabei sind die 200 meist großformatigen Abbildungen eine kleine Sensation: Die meisten Bilder, aufgenommen von dem Bielefelder Eberhard Dohm, sind in Farbe.
"Dieses Buch widme ich meinem Vater und seinen Kameraden vom ehemaligen Deutschen Afrikakorps, ihren italienischen Verbündeten und den damaligen Kriegsgegnern: Briten, Australier, Neseeländer, Kanadier, Inder, Südafrikaner, Franzosen und Amerikaner", schreibt der Autor im Vorwort. Männer all dieser Nationen hätten mit dem gleichen Patriotismus für ihr Land gekämpft in einem Teil der Erde, "in dem sie alle Fremde waren".
Der gesamte Feldzug von der Landung an der Küste Nordafrikas bis zum Rückzug über Sizilien spiegelt sich in den Bildern. Dabei stehen Alltag und Ausrüstung der Soldaten im Blickpunkt. Szenen von der Beisetzung Gefallener bleiben die Ausnahme genau wie Fotos vom direkten Kampfgeschehen. Auch Opfer werden nicht gezeigt. So gesehen wiegt der Respekt vor den Toten höher als in vielen TV-Sendungen von heule. Letztlich überwiegt das Positive alles andere, dennoch ist die Darstellung erkennbar bemüht, angesichts von 100.000 Gefallenen auf beiden Seiten nicht den Eindruck einer unbeschwerten Fahrt durch fremde Länder auf kommen zu lassen.
Über seinen 81-jährigen Vater, der den Feldzug und fünf Jahre Gefangenschaft in Nordafrika durchlebte, fand der Autor erst zum Thema, dann zu einer privaten Afrikakorps Traditionssammlung und schließlich zu dem Buchprojekt. Bei Veteranentreffen der ehemaligen "Wüstenfüchse", an denen stets Abordnungen der damaligen Gegner teilnahmen, knüpfte Peitz junior zahlreiche Kontakte.
Die große Zahl farbiger Fotos machte das Vorhaben für den amerikanischen Fachverlag "Schiffer Publishing" so interessant, dass das zweisprachige Buch nunmehr als "A. Schiffer Military History Book" vorliegt. Demnächst soll der Bildband auch in Deutschland erhältlich sein (siehe Anhang).
Aus dem Fundus des inzwischen verstorbenen Eberhard Dohm, Afrika-Kameradschaft Bielefeld, stammen die meisten Bilder. Als Fotograf der Propagandakompanie hat er den gesamten Feldzugg auf Farbdias festgehalten. Die damals noch seltene Farb-DiaTechnik vermittelt in der Tat, wie Peitz im Vorwort schreibt, "ein wesentlich lebendigeres Bild aus längst vergangenen Zeiten".
Die Farbtreue hat mit den Jahren zwar etwas gelitten und war auch ursprünglich bei weitem nicht von heutiger Qualität, dennoch ist die mehrfarbige Darstellung für detail versessene Sammler und jeden Militärhistoriker von unschätzbarem Wert. Letzteres gilt auch für Modellbauer und die so genannten "Re-enactor", Das sind Spezialisten, die historische Filme, Spielszenen oder Dokumentationen korrekt in Bilder umsetzen.
Auf Schwarzweiß, das alles irgendwie älter aussehen lässt, haben Dohm und sein Kamerad Richard Wagener, Dortmund, nur zurückgegriffen, wenn auch auf diesem Gebiet die Versorgungslage eng wurde. Beide hätten die präsentierten Bilder damals als persönliche Andenken aufgenommen, betont Autor Peitz: "Es sind also keine gestellten Aufnahmen im Auftrag des Reichs-Propagandaministeriums."
Sein Wissen über Uniformen und Ausrüstung des Afrikakoprs stellte auch der Neuseeländer Dal Mc Guirk zur Verfügung. Der Sammelkollege von Bernd Peitz hat selbst zwei Bücher zum Thema veröffentlicht: "Rommels Army in Africa" und "Afrikacorps Selfportrait".
Auf den Seiten 156 und 1577 stellt sich Dohm - nicht immer ganz ernst - selbst der Kamera. Mal von Kopf bis Fuß eingeseift, mal beim Wasserholen und schließlich ganz offiziell. Mit dem Bild, das auch auf dieser Seite links im Ausschnitt wiedergegeben wird, präsentiert er die gängige Ausstattung: Hemd, Heeres-Mannschafts-Webkoppel mit aufgeschlaufter Pistolentasche, kurze Hose und - als Markenzeichen der Afrika-Kämpfer - die ausgeblichene, fast weiße Feldmütze.
Bernd Peitz, Afrikakorps – Rommel’s tropical army in original color/Rommels Tropen-Armee in Originalfarbe, Schiffer-Publishing, Ltd., Atglen, PA 19310 USA, 59,95 Dollar, ISBN: 0-7643-2140-4. Bezugsquellen über den Autor, Ruf: 05254/60289
B-P.Peitz@t-online.de
Rommels Feldzug von 1941 bis 1943 / Raumgewinne ließen Nachschub abreißen
Im September 1940 startete Italien vom libyschen Kolonialgebiet aus eine Offensive gegen Ägypten, das unter britischer Herrschaft stand. Eine Gegenoffensive führte die Briten Anfang Februar 1941 nach El Agheila an der Großen Syrte. Gleichzeitig gingen Italiens Kolonien in Ostafrika verloren. Der drohende Verlust Libyens ließ Benito Mussolini Deutschland um militärische Hilfe bitten.
Unter der Bedingung, dass auch italienische Verbände dem Oberbefehl von Generalleutnant Erwin Rommel unterstellt wurden, landeten am 11. Februar 1941 deutsche Truppen in Tripolis. Das Deutsche Afrikakorps begann Ende März bei Marsa el Bregha mit der Rückeroberung der Cyrenaica. Durch die Taktik des mobilen Wüstenkriegs drängten Rommels Truppen überlegene britische Verbände 800 Kilometer zurück. Wegen Nachschubmangels stoppte der. Vormarsch Mitte April an der ägyptischen Grenze. Den anschließenden Stellungskrieg beendeten britische Verbände am 18. November 19411 mit der Operation Crusader. Das Deutsche Afrikakorps fiel Ende 1941 auf seine Ausgangsstellung zurück. Dank Unterstützung durch die Luftflotte 2 gewann Rommel im Januar 1942 die Initiative zurück. Ein Gegenangriff führte die deutschitalienischen Verbände Ende Juni bis nach El Alamein 100 Kilometer vor Alexandria. Durch die wechselnden Offensiven hatte sich der Feldzug zu einem Bewegungskrieg entwickelt. Die Wüsten eigneten sich für weiträumige Operationen der Panzerwaffe über Hunderte von Kilometern. Die Versorgung der Truppen mit Nahrungsmitteln, vier bis fünf Litern Wasser pro Person und Tag, mit Treibstoff und Ausrüstung war kaum sichergestellt. Raumgewinne bedeuteten für beide Seiten oft versiegenden Nachschub. Von Sommer 1942 an fielen zwei Drittel der deutschitalienischen Nachschublieferungen U-Booten und Flugzeugen der Briten zum Opfer.
Auch daran scheiterte während der Schlacht um El Alamein der entscheidende Durchbruch zum Suez-Kanal. Eine Gegenoffensive der britischen 8. Armee unter Bernard L. Montgomery, Anfang November, zwang das Afrikakorps zurück nach Libyen. Endgültig aussichtslos war die Lage, als mehr als 100.000 US- und britische Soldaten am 8. November 1942 eine zweite Front in ihrem Rücken eröffneten.
Ende Januar 1943 mussten die Achsenmächte Libyen aufgeben vor der doppelten Übermacht von einer halben Million alliierter Soldaten. Mit der Kapitulation der deutsch-italienischen Verbände unter Rommels Nachfolger Generaloberst Hans-Jürgen von Arnim (1889-1962) bei Tunis endete am 13. Mai 1943 der Afrikafeldzug.
18.600 deutsche Soldaten fielen in Nordafrika, 3.400 galten als vermisst. Die Italiener zählten mehr als 13.700, die Briten 35.500 und die Amerikaner 16.500 Tote. 130.000 Angehörige des Deutschen Afrikakorps gingen in Kriegsgefangenschaft. Den Alliierten ermöglichte die Niederlage der Achsenmächte die Kontrolle über den Mittelmeerraum. Mit der Landung auf Sizilien am 10. Juli 1943 eröffneten sie schließlich die von Hitler so gefürchtete neue Front im Süden Europas.
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