Antifa-Café in der alten Pauline ,
16.02.2005 :
"Was heißt Judentum heute in Deutschland?" / Heute weiterer Gesprächsabend in der alten Pauline
Detmold. Im Rahmen der Veranstaltungsreihe des Bildungswerks Lippe (Blip) zu den Themen Nationalsozialismus, Holocaustleugnung und Judentum lädt die Kulturinitiative Detmold e.V. (KID) als Kooperationspartner des Blip heute zu einem weiteren Gesprächsabend "Was heißt Judentum heute in Deutschland?" in die "alte Pauline" ein.
Dieser Gesprächsabend beginnt um 19 Uhr 30. Einlass ist ab 19 Uhr in dem autonomen Kultur- und Kommunikationszentrum an der Bielefelder Straße 3.
Bereits am 9. Februar waren Mitglieder der Jüdischen Kultusgemeinde Herford-Detmold zu Gast. Einleitend referierte ein Vertreter der KID über die Verfolgung Detmolder Jüdinnen und Juden im Nationalsozialismus und den diskriminierenden Umgang mit den wenigen überlebenden Konzentrationslagerhäftlinge, die nach der Befreiung nach Detmold zurückkehrten. Er erinnerte u.a. daran, dass der lippische Landespolizeidirektor am 31. Juli 1945 schrieb, " ... daß unter den ehemaligen Insassen der K.Z. sich viele befinden, die wegen krimineller Verbrechen dort untergebracht wurden", und dass diese "Elemente versuchen" würden, "jetzt ihr unlauteres Treiben fortzusetzen". Das Vorgehen des Landespolizeidirektors sei bei weitem kein Einzelfall gewesen und so sahen viele Mitglieder der Jüdischen Gemeinde auf Grund anhaltender Ausgrenzung und antisemitischer Entwicklungen, wie etwa der Schändung des jüdischen Friedhofes 1948 in Horn, keine Perspektiven mehr für sich in Detmold und wanderten 1949 und in den Folgejahren nach Israel aus. So ging 1970 die Geschichte einer selbständigen jüdischen Gemeinde in Detmold zu Ende, die mit der Unterbrechung von 1942 bis 1946 viele Jahrhunderte bestanden hatte: die Jüdische Gemeinde für den Kreis Detmold mit ihren nun nur noch zehn Mitgliedern verschmolz mit der Gemeinde in Herford zur "Jüdischen Kultusgemeinde Detmold und Herford".
Anschließend gaben die Mitglieder der Jüdischen Gemeinde einen Einblick über die Komplexität jüdischen Lebens in Deutschland heute. Heute sind rund 100.000 Menschen Mitglieder jüdischer Gemeinden in Deutschland. Hinzu kommen zwischen 40.000 und 80.000 Jüdinnen und Juden, die nicht Mitglieder der Gemeinden sind. Viele kamen in den letzten Jahren aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland, so auch bei der Jüdischen Kultusgemeinde Herford-Detmold. Jüdisches Leben in Deutschland sei angesichts des Holocaust nach wie vor keine Selbstverständlichkeit, nichtsdestotrotz sei - insbesondere durch das Anwachsen der Gemeinden - eine Dynamisierung jüdischen Lebens in Deutschland festzustellen, so das Fazit.
Dass es auch in Detmold nach wie vor nicht einfach sei, mit Ablehnung und Distanz zu leben, machten viele konkrete Beispiele - auch antisemitische - aus dem Alltag deutlich. Nach dem anschließenden, über zweistündigem Gespräch in der gut besuchten Veranstaltung, besteht heute die Möglichkeit, die Frage nach dem Selbstverständnis jüdischen Lebens in Deutschland weiter zu vertiefen. Hierzu sind wiederum Mitglieder der Jüdischen Gemeinde zu Gast.
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