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Westfalen-Blatt , 23.02.2016 :

"Unwürdig für den Juristenberuf" / Verwaltungsgericht Minden untersagt Rechtsextremem die Fortsetzung der Ausbildung

Von Christian Althoff

Minden / Bielefeld (WB). Sascha Krolzig (28) aus Bielefeld, Funktionär der Partei "Die Rechte", darf seine Ausbildung zum Juristen für zunächst drei Jahre nicht mehr fortsetzen. Das hat gestern die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Minden entschieden. Sie bezeichnete Krolzig als "unwürdig" im Sinne des Juristenausbildungsgesetztes NRW.

Krolzig studierte seit 2009 an der Uni Bielefeld Jura und bestand 2014 sein erstes Staatsexamen. Anschließend beantragte er beim Präsidenten des Oberlandesgerichts Hamm, der für die Juristenausbildung zuständig ist, die Zulassung für den zweiten Teil der Ausbildung, den so genannten Vorbereitungsdienst. Der Präsident lehnte ab. Er verwies nicht nur auf die zahlreichen Vorstrafen des Jurastudenten, sondern auch auf politische Beiträge, die Krolzig verfasst hatte.

Krolzig verklagte das Land und versuchte vorab, im Eilverfahren die Fortsetzung seiner Ausbildung durchzusetzen. Doch er scheiterte - erst beim Verwaltungsgericht Minden, im August 2015 dann auch beim Oberverwaltungsgericht Münster. Gestern fand nun die Hauptsacheverhandlung in Minden statt. Krolzig erschien nicht zum Prozess, so dass die Vorsitzende Richterin Antje Rübsam seinen schriftlichen Antrag als Grundlage nahm.

Das Gericht verlas zehn Vorstrafen zwischen 2004 und 2015, unter anderem wegen Volksverhetzung, Körperverletzung, Beleidigungen, Nötigung, Widerstands und des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Das Gericht wies außerdem darauf hin, dass 2015 fünf weitere Ermittlungsverfahren hinzugekommen seien, über deren Ausgang man noch nichts wisse. "Die Vorstrafen alleine reichen, um den Kläger vorläufig als unwürdig für den Juristenberuf einzustufen", sagte die Vorsitzende Richterin. Der Kläger habe zwar in seiner Klageschrift davon gesprochen, dass das alles Bagatellen gewesen seien, aber man dürfe die Fülle der Fälle nicht übersehen. "Der Kläger will Strafverteidiger werden, aber er schafft es nicht einmal, sich während seines Jurastudiums einigermaßen rechtstreu zu verhalten. Deshalb stellen wir seine Unwürdigkeit fest", sagte Antje Rübsam.

Auf Krolzigs politische Ausrichtung ging das Gericht nicht ein. Das Oberverwaltungsgericht hatte dazu 2015 im Eilverfahren angemerkt, es gebe erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass Krolzig die freiheitlich-demokratische Grundordnung beeinträchtigen wolle. Krolzig war führendes Mitglied der 2012 verbotenen "Kameradschaft Hamm". Er gehört heute dem Vorstand der Partei "Die Rechte" auf Landes- und Bundesebene an.

Die Vorsitzende Richterin sagte, Sascha Krolzig könne nach einer dreijährigen "Wohlverhaltenszeit" einen neuen Antrag auf Fortsetzung der Juristenausbildung stellen.

Az.: 4 K 1153/15

Bildunterschrift: Sascha Krolzig (hier mit der Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck) will in die nächste Instanz gehen.

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Neue Westfälische, 30./31.01.2016:

Rechtsextremer wieder vor Gericht

Minden / Bielefeld (caro). Der Bielefelder Neonazi Sascha Krolzig klagt am 22. Februar erneut vor dem Verwaltungsgericht Minden auf die Aufnahme in den juristischen Vorbereitungsdienst. Das Land NRW hatte dem wegen rechtsextremer und anderer Straftaten Verurteilten den Zugang zur weiteren Juristenausbildung verweigert. Damit wollte sich Krolzig jedoch nicht abfinden und klagte vor dem Verwaltungsgericht Minden und dem Oberverwaltungsgericht Münster. Die Richter in Münster bestätigten in ihrem Urteil die "Unwürdigkeit" des Antragstellers. Krolzig ist Vorsitzender des OWL-Kreisverbands der rechtsextremistischen Partei "Die Rechte" und mehrfach wegen Volksverhetzung, Beleidigung und Widerstand gegen Polizeibeamte vorbestraft.

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Westfalen-Blatt, 14.08.2015:

Für den Staatsdienst unwürdig / Gericht: Land darf Rechtsradikalem (28) aus Bielefeld Juristen-Ausbildung verweigern

Bielefeld (WB/bex). Das Land NRW darf einem wegen rechtsextremer Straftaten verurteilten Jurastudenten aus Bielefeld den Zugang zur Juristenausbildung verweigern. Sascha K. scheiterte vor Gericht.

Das Oberverwaltungsgericht Münster hat einen Eilantrag des 28-Jährigen abgewiesen. K. hatte nach seinem Jura-Studium auf Aufnahme in den juristischen Vorbereitungsdienst geklagt. Das Land hatte die Aufnahme mit Hinweis auf zehn Verurteilungen in der Zeit von 2004 bis 2015 abgelehnt, unter anderem wegen Volksverhetzung, Beleidigung, Körperverletzung, Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte. K. ist Mitglied im Bundes- und Landesvorstand der Partei "Die Rechte" sowie der mittlerweile verbotenen "Kameradschaft Hamm". "Die Rechte" steht unter Beobachtung von Verfassungsschutz und Polizei. Die Behörden sehen in der Partei ein Auffangbecken für Mitglieder verbotener Kameradschaften.

Die Richter in Münster bestätigten in ihrem Urteil die "Unwürdigkeit" des Antragstellers und bezogen sich in der Begründung auch auf den langen Zeitraum der verübten Straftaten sowie die Bandbreite der Vergehen. Die im Grundgesetz gewährleistete freie Wahl der Ausbildungsstätte ändere daran nichts (AZ: 6 B 733/15). Zuvor war K. bereits mit einem Eilantrag vor dem Verwaltungsgericht Minden gescheitert (AZ: 4 K 441/15). Der juristische Vorbereitungsdienst, das so genannte Rechtsreferendariat nach dem ersten Staatsexamen, diene der Ausbildung zu Berufen, deren wesentlicher Inhalt die Verwirklichung des deutschen Rechts sei. Die Referendare müssten eigenverantwortlich Aufgaben für die ausbildenden Gerichte, Staatsanwaltschaften, Behörden und Rechtsanwälte wahrnehmen. Diesen Anforderungen werde der wegen rechtsextremer Aktivitäten vorbestrafte Antragsteller nicht gerecht, hieß es. Das Urteil ist rechtskräftig.

K., der seit 2009 in Bielefeld studierte, war als Anmelder zahlreicher Aufmärsche in OWL aufgefallen. Bei einer Nazi-Kundgebung in Dortmund soll er ein T-Shirt mit der Aufschrift "Mit Leib und Seele Nazi" getragen haben. Im Zuge seines Jurastudiums absolvierte K., gebürtig aus Hamm, 2013 ein sechswöchiges Rechtspraktikum im Rathaus der Stadt Werther (Kreis Gütersloh), ohne dass seine rechtsradikale Gesinnung bekannt war. Bei Bekanntwerden sorgte dies für mächtig Wirbel. Später auf Vorwürfe der Grünen angesprochen, er sei ein "aktiver und aggressiver Neonazi", widersprach K. diesen Einschätzungen nicht.

Bildunterschrift: Sascha K. (28) aus Bielefeld darf kein Rechtsreferendar werden.

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Dattelner Morgenpost Online, 13.08.2015:

Zehnfach straffällig geworden / Rechtsextremist darf nicht Referendar werden

13.08.2015 - 19.19 Uhr

Von Thomas Fiekens

Münster. Volksverhetzung, Beleidigung, Körperverletzung … Die Liste strafrechtlicher Verurteilungen von Sascha Krolzig, Bundes- und Landesvorstandsmitglied der rechtsextremistischen Partei "Die Rechte", ist lang. Mit Verweis darauf hat das Oberverwaltungsgericht Münster eine Entscheidung des Landes bestätigt, den Rechtsradikalen nicht in den juristischen Vorbereitungsdienst im Bezirk des OLG Hamm aufzunehmen.

Bereits mit einem Eilantrag vor dem Verwaltungsgericht Minden war der heute in Bielefeld lebende Jura-Student gescheitert, am Mittwoch folgte in zweiter Instanz die Entscheidung des 6. Senats in Münster, sie ist unanfechtbar.

"Die Rechte": Auffangbecken für Neonazis

2009 hatte Krolzig an der Uni Bielefeld ein Jura-Studium aufgenommen, er stammt indes aus dem Ruhrgebiet: Der 28-Jährige gehörte der "Kameradschaft Hamm" an - nach dem Verbot dieser und weiterer "Kameradschaften" gilt die rechtsextremistische Partei "Die Rechte" Verfassungsschützern als Auffangbecken für Neonazis aus dieser Szene.

In der Zeit von 2004 bis 2015 trat Krolzig bei zahlreichen Neonazi-Umzügen als Anmelder und Redner auf, insgesamt zehn Mal wurde er strafrechtlich verurteilt, saß zwischenzeitlich in Haft.

Vorstrafen begründen allerdings die Unwürdigkeit, Volljurist zu werden. Ein Bewerber müsse die Erwartung rechtfertigen, er werde dem Berufsbild eines Volljuristen auch von seiner Persönlichkeit her im Verlauf der Ausbildungszeit gerecht, so die Münsteraner Verwaltungsrichter. Der Vorbereitungsdienst diene der Ausbildung zu Berufen, deren wesentlicher Inhalt die Verwirklichung des Rechts sei. Vor diesem Hintergrund fehle es an der Würdigkeit, wenn der Bewerber schwer gegen das Recht verstoßen habe. Bereits während des Vorbereitungsdienstes müssten mitunter eigenverantwortlich Aufgaben für die ausbildenden Gerichte, Staatsanwaltschaften, Behörden und Rechtsanwälte wahrgenommen werden.

Die Richter in Münster hielten fest, dass die Verurteilungen sämtlich unter einem Strafmaß von mindestens einem Jahr Haft lagen. "Die Summe, die Bandbreite sowie die Qualität der über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren begangenen Straftaten beziehungsweise erfolgten strafrechtlichen Verurteilungen begründeten aber die Unwürdigkeit des Antragstellers."

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Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 13.08.2015:

Pressemitteilung / Aufnahme in den juristischen Vorbereitungsdienst kann bei wiederholter Begehung von Straftaten über einen längeren Zeitraum versagt werden

Mit Beschluss vom 12. August 2015 hat der 6. Senat des Oberverwaltungsgerichts in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Entscheidung des Landes NRW, den Antragsteller nicht in den juristischen Vorbereitungsdienst im Bezirk des Oberlandesgerichts Hamm aufzunehmen, bestätigt.

Der Antragsteller, Mitglied im Bundes- und Landesvorstand der Partei "Die Rechte" sowie der mittlerweile verbotenen "Kameradschaft Hamm", ist in der Zeit von 2004 bis 2015 insgesamt zehn Mal strafrechtlich verurteilt worden, unter anderem wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Volksverhetzung, mehrfacher Beleidigung, Körperverletzung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte. Mit seinem Eilantrag vor dem Verwaltungsgericht Minden und in zweiter Instanz vor dem Oberverwaltungsgericht NRW blieb der Antragsteller ohne Erfolg.

Nach Auffassung des Senats steht der Aufnahme des Antragstellers in den juristischen Vorbereitungsdienst entgegen, dass er der Zulassung im Sinne des § 30 Abs. 4 Nr. 1 Juristenausbildungsgesetz (JAG) NRW nicht würdig sei. Die durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete freie Wahl der Ausbildungsstätte ändere daran nichts. Der juristische Vorbereitungsdienst sei, auch wenn er außerhalb des Beamtenverhältnisses erfolge, nicht völlig unbeschränkt zugänglich, sondern könne im Interesse einer geordneten Rechtspflege, der als überragendes Gemeinschaftsgut besondere Bedeutung zukomme, von Voraussetzungen abhängig gemacht werden, die in der Person des Bewerbers begründet liegen. Der Bewerber müsse die Erwartung rechtfertigen, er werde dem Berufsbild eines Volljuristen auch von seiner Persönlichkeit her im Verlauf der Ausbildungszeit gerecht. Der Vorbereitungsdienst diene der Ausbildung zu Berufen, deren wesentlicher Inhalt die Verwirklichung des Rechts sei. Vor diesem Hintergrund fehle es an der Würdigkeit, wenn der Bewerber schwer gegen das Recht verstoßen habe. Denn bereits während des Vorbereitungsdienstes müssten mitunter eigenverantwortlich Aufgaben für die ausbildenden Gerichte, Staatsanwaltschaften, Behörden und Rechtsanwälte wahrgenommen werden. Diesen Anforderungen werde der mehrfach vorbestrafte Antragsteller nicht gerecht. Zwar blieben seine Verurteilungen sämtlich unter dem im Regelbeispiel des § 30 Abs. 4 Nr. 1 Halbsatz 2 JAG NRW genannten Strafmaß von mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe. Die Summe, die Bandbreite sowie die Qualität der über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren begangenen Straftaten beziehungsweise erfolgten strafrechtlichen Verurteilungen begründeten aber die Unwürdigkeit des Antragstellers.

Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts ist unanfechtbar.

Aktenzeichen: 6 B 733/15 (1. Instanz VG Minden 4 K 441/15)


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