Deister- und Weserzeitung ,
10.02.2005 :
Breiter Protest gegen das Neonazi-Treffen / Gemeinsame Erklärung der demokratischen Parteien in Hameln-Pyrmont / Landesweite Aufmerksamkeit
Hameln (ni). Das von Rechtsextremisten für Sonnabend angekündigte Neonazitreffen im ehemaligen City-Kinocenter an der Deisterstraße hat weit über die Grenzen Hamelns hinaus große Besorgnis ausgelöst. Radio- und Fernsehsender griffen das Thema auf; Landespolitiker nahmen Stellung, Presseagenturen verbreiteten die Nachricht landesweit. Bei Hamelns Pressesprecher Thomas Wahmes stand gestern das Telefon nicht still. Und auch die heimischen Politiker bekennen Farbe. In einer gemeinsamen Erklärung wenden sich die Vorsitzenden von SPD, CDU, Grünen und FDP in Hameln-Pyrmont entschieden gegen die "nationale Tagung von braunen Gesinnungsgenossen" am 12. Februar in Hameln.
"Alle demokratischen Kräfte in Hameln-Pyrmont sind sich einig, dass Rechtsextreme in Hameln unerwünscht sind", so der CDU-Kreisvorsitzende und Landtagsabgeordnete Hans-Peter Thul. "Wir stehen geschlossen hinter Oberbürgermeister Arnecke, wenn er eine Nutzung des ehemaligen Kinos untersagt". Auch die Vorsitzende der Kreis-Grünen Anja Piel teilt diese Auffassung. "Rechtsextremistische Parteien gehören in kein deutsches Parlament. Das Leugnen und Relativieren des Holocaust sind für jeden Demokraten unerträglich. Tagungen, Demonstrationen und sonstige Aufmärsche, bei denen die Verbrechen und Verbrecher des Nationalsozialismus verherrlicht und ihre Opfer verhöhnt werden, müssen um jeden Preis verhindert werden."
Die Bundestagsabgeordnete Gabriele Lösekrug-Möller begrüßt die gemeinsame Initiative der örtlichen Parteien und spricht sich als Vorsitzende der Kreis-SPD für die gesellschaftliche Ächtung von Rechtsextremen aus. "Zu einer wehrhaften Demokratie, gehört auch eine klare Abgrenzung zu den Feinden der Demokratie. Wir können und wollen es nicht dulden, dass Rechtsradikalität wieder salonfähig wird. Besonders kurz vor dem 60. Jahrestag des Kriegsendes am 8. Mai ist es eine unerhörte Provokation für alle Hameln-Pyrmonter."
"Wir als Liberale wollen deutlich machen, dass sich unsere Demokratie eindeutig und kraftvoll gegen antidemokratische Kräfte ausspricht und handelt", so Heinrich Fockenbrock, Vorsitzender der FDP im Landkreis Hameln-Pyrmont. Übereinstimmend erklären SPD, CDU, FDP und Bündnis 90/Die Grünen in Hameln-Pyrmont "dass es bei uns keinen Platz für Extremisten gibt". Sie seien sich sicher, dass "wir damit den Bürgern und Bürgerinnen in und um Hameln aus dem Herzen sprechen".
Auch die niedersächsischen Grünen unterstützen die Bemühungen, das Neonazi-Treffen zu verhindern. Es sei offenbar das Bestreben des Hamburger Neonazis Jürgen Rieger, "Niedersachsen weiter als Brückenkopf für rechtsextreme Umtriebe auszubauen", unterstrich die Landesvorsitzende Brigitte Pothmer. Bereits die Beharrlichkeit, mit der Rieger den von ihm erworbenen Bauernhof in Dörverden (Kreis Verden) verteidige, weise darauf hin, "dass auch Niedersachsen strategisch als Schwerpunkt der NPD stabilisiert werden soll". Pothmer kritisierte es in diesem Zusammenhang als "unsinnig", weiter darüber zu streiten,ob die NPD juristisch oder politisch bekämpft werden sollte. "Wir brauchen beide Instrumente." Ohne ein Verbot der NPD werde die Bekämpfung stark erschwert.
Der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) vertritt die Auffassung, dass schlechte Politik den extremen Parteien Wähler in die Arme treibt. Der von CSU-Chef Edmund Stoiber entfachte Streit werte die NPD allerdings unnötig auf. Eine Neuauflage des NPD-Verbotsverfahrens lehnt Schünemann ab.
Die Stadt Hameln hat die geplante Zusammenkunft der Neonazis in Hameln untersagt und dies mit der baulichen Mängeln im Inneren des alten Kinos begründet. Rechtsanwalt Jürgen Rieger als Eigentümer des Hauses erklärte gestern gegenüber der Dewezet, er werde gegen ein von der Stadt Hameln ausgesprochenes Nutzungsverbot "selbstverständlich gerichtlich vorgehen". Ohnehin handle es sich dabei nur "um einejener politischen Schikanen". Sollten "die Gerichte aber aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen sagen, die Veranstaltung darf nicht stattfinden, dann findet sie nicht statt". Die Entscheidung, ob sich die im Nazi-Gedankengut geeinten Kameraden Sonnabend in Hameln versammeln, fällt vermutlich erst in letzter Minute.
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