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Lippische Landes-Zeitung ,
09.04.2001 :
Polizeiaktion in der "alten Pauline" / Ehemaliger SS-Offizier stellt Strafanzeige wegen Verleumdung - Staatsschutz sucht nach Beweisen
Detmold (upf). Die "alte Pauline" ist am Freitag von Beamten des Staatsschutzes aus Bielefeld durchsucht worden – ebenso die Privatwohnungen von drei Mitgliedern des Vereins "Kulturinitiative Detmold". Hintergrund ist eine Strafanzeige, die der in Horn lebende Karl Friedrich Titho wegen Beleidigung und übler Nachrede gestellt hatte. Auf einer Internet-Seite mit der Adresse der "alten Pauline" wird Titho als "Henker von Fossoli" und "Nazimörder" bezeichnet. Der heute 90-jährige leitete während des Zweiten Weltkriegs in Italien.
Einen "unglaublichen Skandal" nannte Morten Huneke von der "Kulturinitiative Detmold" die Durchsuchung: "Die deutschen Behörden nehmen es offenbar nicht ernst mit der Aufklärung von NS-Straftaten. Stattdessen verfolgen sie diejenigen, die versuchen, diese aufzudecken", so Hunke in einer Pressekonferenz am Samstag. Er betonte, Titho habe "Deportationen eigenhändig unterschrieben und veranlasst". Huneke warf den Behörden vor, Antifaschisten zu kriminalisieren.
Die Durchsuchungen, bei denen Computer, Datenträger und Flugblätter beschlagnahmt wurden, sollen Beweise sichern. Titho und sein Rechtsanwalt Arndt Kuhlmann hatten Strafanzeige gestellt, weil für sie der Inhalt der Internet-Seite den Tatbestand der Beleidigung, üblen Nachrede und Verleumdung erfüllt. "Titho den Lebensabend zur Hölle machen. Keine Ruhe für Nazimörder", heißt es dort. Kuhlmann, Jahrgang 1946, wird als "ehemaliges Mitglied der SS-Leibstandarte Adolf Hitler" bezeichnet – die Seite verweist auf Telefonnummer und E-Mail-Adresse der "alten Pauline".
Laut Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Detmold vom August vergangenen Jahres geht es auch um Flugblätter mit "verleumderischem Inhalt". Hunke und Jens Petzold, Vorstandsmitglied der Kulturinitiative, betonten gegenüber der Presse, von Flugblättern nichts zu wissen. Zu der Internet-Seite antworteten sie ausweichend: Es gebe eine Seite mit einem Text über Titho, der aber nicht von der Kulturinitiative stamme – wieso die "alte Pauline" dort als Urheber erwähnt wurde, könnten sie sich nicht erklären. Auch der "Henker von Fossoli" sei "kein Begriff, der unserer Phantasie entsprungen ist", so Petzold, "er wird von italienischen Medien benutzt. Und wir werden das weiter vertreten."
Vom Staatsschutz war zu erfahren, dass allein die Staatsanwaltschaft in Detmold Auskünfte erteile. Dort war niemand zu erreichen.
Die "Arbeitsgemeinschaft Fossoli", deren Postadresse auf der Seite angegeben ist und die sich ebenfalls mit Titho beschäftigt, bestehe mittlerweile zum Teil nicht mehr aus den früheren Personen, so deren Mitglied Dieter Zoremba. Dennoch: "Wir verurteilen diesen Polizeieinsatz ohne Wenn und Aber." Titho gehöre auf die Anklagebank.
Detmold@lz-online.de
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