Lippische Landes-Zeitung , 12.04.2001 :

Justiz in Verzug? / Durchsuchungsaktion

Detmold (upf). Die Durchsuchung in der "alten Pauline" im Zusammenhang mit einer Strafanzeige des früheren NS-Lagerleiters Karl Friedrich Titho (die LZ berichtete) zieht Kreise. Die Bielefelder Bundestagsabgeordnete der Grünen, Annelie Buntenbach, bezeichnete die Aktion des Staatsschutzes als "peinlich". Unterdessen betrachtet der Rechtsanwalt der von der Aktion betroffenen Mitglieder der "Kulturinitiative Detmold" das Vorgehen des Staatsschutzes als rechtswidrig: Die Durchsuchungsbeschlüsse seien nicht gültig gewesen.

Rechtsanwalt Günter Meyners bezieht sich dabei auf die Tatsache, dass die Durchsuchungsbeschlüsse des Amtsgerichts am 11. August 2000 ausgestellt und erst nach Ablauf der Gültigkeitsdauer von drei beziehungsweise sechs Monaten verlängert worden seien. Er kündigte an, gegen die Durchsuchung Beschwerde einzulegen. Das zwischen Ausstellung und Vollziehung acht Monate vergangen seien, schafft nach Meinung der Parlamentarierin Buntenbach den "Eindruck, als sei eine einfache und zudem teilweise unbegründete Verleumdungsklage zum Vorwand genommen, eine Staatsschutzaktion durchzuführen und unliebsame politische Akteure auszuforschen". Den Zeitverzug begründete der Staatsschutz in Bielefeld auf Anfrage mit innerdienstlichen Zusammenhängen. Die beschlagnahmten Computer und Datenträger würden zur Zeit auf Hinweise auf eine Urheberschaft der beleidigenden Äußerungen ausgewertet. In ihrer Pressemitteilung weist Buntenbach darauf hin, dass Titho wegen Misshandlungen und der Mitwirkung an der Erschießung von Kriegsgefangenen verurteilt wurde.

Oberstaatsanwalt Diethard Höbrink, der die Ermittlungen leitet, hofft nach eigenen Worten im Zuge eines Rechtshilfeersuchens an die niederländische Justiz darüber nähere Erkenntnisse zu gewinnen – er zweifele jedoch, ob es aus dem Jahre 1951 noch Strafregisterauszüge gibt. Höbrink misst der Frage, ob eine einschlägige Vorstrafe Tithos vorliegt, hohe Bedeutung für das weitere Verfahren bei.

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