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Lippe aktuell ,
14.04.2001 :
Verleumdungsanzeige war Vorwand / Recht peinliche Staatsschutzaktion
Bielefeld/Detmold. Die Hausdurchsuchungen in der alten Pauline und in Privatwohnungen von drei Mitgliedern der "Kulturinitiative Detmold" sind unverhältnismäßig und peinlich für die Oberstaatsanwaltschaft. Vorgeblicher Anlass ist eine Klage des NS-Verbrechers Karl Friedrich Titho, der sich durch die Bezeichnungen als "Nazi-Mörder" und "Henker von Fossoli" verleumdet sieht.
Die Durchsuchungsbeschlüsse wurden bereits am 11. August 2000 ausgestellt. Die Vollziehung fast acht Monate später kann kaum mehr der Beweissicherung oder der Aufklärung des Sachverhaltes dienen.
Es entsteht der Eindruck, als sei eine einfache und zudem teilweise unbegründete Verleumdungsklage zum Vorwand genommen worden, eine Staatsschutzaktion durchzuführen und unliebsame politische Akteure auszuforschen. Anders lässt sich die Beschlagnahmung der Mitgliederliste der Kulturinitiative kaum erklären.
Der strittige Text ist im Internet nicht einmal auf der Webseite der alten Pauline veröffentlicht. Das lässt sich mit einigen Mausklicks feststellen.
Karl Friedrich Titho wurde in den Niederlanden wegen Misshandlungen im KZ Vught und wegen der Mitwirkung an der Erschießung von 70 sowjetischen Kriegsgefangenen verurteilt. 1944 wurde der SS-Untersturmführer Lagerleiter des Polizeidurchgangslagers in Fossoli und später in Bozen. Von dort wurden Juden und Oppositionelle in die deutschen KZ`s deportiert. Er wirkte an der Erschießung von 70 italienischen Gefangenen mit – einer sogenannten Vergeltungsmaßnahme der Nationalsozialisten. Unter seiner Lagerleitung in Bozen waren die Gefangenen Misshandlungen und Folterungen ausgesetzt. Wenn die Oberstaatsanwaltschaft nun u.a. wegen der Aussage, Titho sei ein "Nazi-Mörder", ermittelt und Hausdurchsuchungen durchführen lässt, ist das absurd und haltlos. Es stände den deutschen Behörden besser an, das bislang ungesühnte NS-Unrecht juristisch aufzuarbeiten. Wenn heute die Verbrechen den Tätern nicht mehr exakt zugeordnet werden können oder verjährt sind, ist das auch ein Versäumnis der deutschen Justizbehörden. In manchen Fällen wird abgewartet, bis der Beweisdruck aus den betroffenen Ländern so erdrückend ist, dass er nicht mehr ignoriert werden kann. So ist der Eindruck entstanden, hier würden NS-Täter von den Justizbehörden gedeckt.
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