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Vlothoer Zeitung / Westfalen-Blatt , 12.01.2005 :

Wegen Volksverhetzung bestraft / "Collegium Humanum"-Artikel: Verfasser erkennt Gericht nicht an

Vlotho (man). "Stimme des Gewissens" heißt die Zeitschrift der rechtsradikalen Vereinigung "Collegium Humanum", die ihren Sitz in Vlotho hat. Wegen Volksverhetzung ist der Verfasser eines dort erschienenen. Artikels gestern im Bad Oeynhausener Amtsgericht zu einer Geldstrafe von 3.600 Euro verurteilt worden. Der Angeklagte indes verteidigte seinen Text und sagte im Schlusswort zu der Richterin: "Ich stehe vor Ihnen mit einem reinen Gewissen."

Im Juni des vergangenen Jahres war es ebenfalls im Bad Oeynhausener Amtsgericht zu einem Prozess gegen Ursula Haverbeck aus Vlotho und Ernst-Otto Cohrs (beide Collegium Humanum) gekommen. Während der Zuhörerandrang damals groß war, blieb es gestern vergleichsweise ruhig. Unter den Zuhörern befand sich auch Horst Mahler, der seit langer Zeit zur rechten Szene gehört und dem Collegium Humanum nahe steht.

Im Mittelpunkt der Verhandlung stand ein Artikel des Hamburgers Klaus Kaping, der im November 2003 in dem Vereinsorgan "Stimme des Gewissens", Heft Nr. 6, veröffentlicht worden war. Der Verfasser bezeichnete die Behauptung, in Auschwitz seien vier Millionen Juden vergast worden, als "talmudische Lüge" und sprach vom "Seelenmord am deutschen Volk". Das Heft wurde beschlagnahmt und die weitere Verbreitung so verhindert.

Klaus Kaping, 1940 in Berlin geboren, ließ das Gericht zu Beginn seiner vorbereiteten Erklärung wissen, er erkenne es nicht an: "Denn das Gericht ist eine Einrichtung der Siegermächte." Er selbst betrachte sich als Bürger des "Deutschen Reiches".

Er bestritt nicht, den Artikel in der Vereinszeitschrift verfasst zu haben, wies jedoch den Vorwurf der Volksverhetzung zurück. Seine Formulierungen bedeuteten "keine Herabwürdigung des Holocaust und seiner Opfer".

Zur eigenen Verteidigung (der 64-Jährige war ohne Rechtsanwalt erschienen) berief er sich auf einen Artikel des Journalisten Fritjof Meyer, der in der Zeitschrift "Osteuropa" die Zahl von vier Millionen ermoderter Juden in Auschwitz in Frage gestellt habe.

Nichts anderes habe er auch getan, so Klaus Kaping. Und was die Formulierung "talmudische Lüge" angehe, so habe sie nichts mit Antisemitismus zu tun, behauptete der Angeklagte. Vielmehr sei eine Aussage des Talmud, dass Nichtjuden keine Menschen, sondern Tiere seien. Tiere dürften belogen werden und so sei die Lüge im Sinne des jüdischen Glaubens zu verstehen: "Das Unrecht, das sie dem deutschen Volk antun, ist ihnen nicht bewusst. Man muss den Juden sagen, dass sie lügen. Aber moralisch verurteilen darf man sie dafür nicht."

Aus dem Täter- ein Opfervolk konstruiert

Aus dem Tätervolk konstruierte der Angeklagte, einst Bundesgrenzschützer und später Heilerzieher, so ein Opfervolk. Auch von einer "Herabwürdigung des Holocaust" wollte das ehemalige Mitglied der Deutschen Reichspartei nichts wissen. Er habe den Begriff "Holocaust" in dem Artikel nicht benutzt. Und was die Gefahr betrifft, die von der Zeitschrift "Stimme des Gewissens" ausgehen könnte, sagte er in seinem Schlusswort zur Staatsanwältin: "Sie überschätzen unsere Möglichkeiten. Wenn wir diese Möglichkeiten hätten, dann säßen Sie hier heute gar nicht."

Die Staatsanwältin Dagmar Heckmann ließ sich von derartigen Äußerungen, nicht beeindrucken. Hinsichtlich des Artikels sei die Frage stets: "Wie wirken die Formulierungen auf den Normalbürger?" Der Text enthalte die Behauptung, wonach die Annahme von vier Millionen ermordeter Juden in Auschwitz eine jüdische Erfindung sei, um dem deutschen Volk zu schaden. Der Artikel bedeute eine Verharmlosung und Relativierung der Verbrechen des Dritten Reiches und erfülle den Tatbestand der Volksverhetzung. Der von der Staatsanwältin geforderten Geldstrafe in Höhe von 3.600 Euro schloss sich das Amtsgericht an.

Nach der Verkündigung des Urteils verließ der Angeklagte aus Hamburg lachend das Gerichtsgebäude.


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