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Bad Oeynhausener Kurier / Neue Westfälische , 12.01.2005 :

Geldstrafe wegen Volksverhetzung / Horst Mahler unter den Zuschauern

Von Stefan Schelp

Bad Oeynhausen. Er begann mit einem Zitat der Kommunistin Rosa Luxemburg, er berief sich aufs Völkerrecht und bemühte zum Schluss auch noch Martin Luther. Genutzt hat es Klaus Kaping (60) nichts. Wegen Volksverhetzung und Störung des öffentlichen Friedens wurde er zur Zahlung von 120 Tagessätzen von 30 Euro (3.600 Euro) verurteilt. Das Urteil will er anfechten. Unter den Zuschauern war Horst Mahler, Jurist ohne Zulassung und Sprachrohr der rechten Szene.

Vor Gericht verantworten musste sich Kaping wegen eines Beitrags in der Zeitschrift "Stimme des Gewissens", die vom Vlothoer "Collegium Humanum" herausgegeben wird. In der November-Ausgabe 2003 hatte Kaping den Tod von vier Millionen Juden im Konzentrationslager Auschwitz als "talmudische Lüge" bezeichnet, die den "Seelenmord am deutschen Volk" ermöglicht habe. Die Staatsanwaltschaft hatte die Ausgabe beschlagnahmt und 3.000 Exemplare sichergestellt.

Er fühle sich als Bürger des Deutschen Reiches, erkenne die "BRD-Gerichtsbarkeit" daher nicht an, stellte Kaping klar. Dass er angeklagt werde, sei Zeichen dafür, dass die "60-jährige Gehirnwäsche" zu wirken beginne. Doch das Völkerrecht gewähre Meinungsfreiheit, "egal ob richtig, falsch, polemisch oder überzogen". Zudem sei der Beitrag lediglich in einer Vereinszeitung erschienen, damit sei der öffentliche Frieden keinesfalls nachhaltig gestört worden.

Pathetisch wurde Kaping gegen Ende seines rund 50-minütigen Vortrags, den er schriftlich vorbereitet hatte. "Nur die Wahrheit kann zur Versöhnung über allen Gräber und Leichenbergen führen." Wenn dies nicht gelinge, werde sich die "Wahrheit" gewaltsam Bahn brechen, warnte er. Für alle, die versucht waren, diese Warnung zu ignorieren, schob er nach: "Dann gibt es einen Knall, den können wir uns gar nicht vorstellen. Da sitzt die Kalaschnikow sehr locker. Dafür übernehme ich keine Verantwortung." Und der Staatsanwältin, die der Zeitschrift des "Collegium Humanum" größere Wirkung zuschrieb, als die für das Blatt Verantwortlichen selbst, erklärt er: "Wenn wir diese Möglichkeiten hätten, säßen Sie nicht hier."

Ober er denn überhaupt noch Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg habe, wollte die Richterin vom Angeklagten wissen. "Ich weiß, dass ich 1942 von Goebbels persönlich in den Zug nach Ostpreußen gesetzt wurde." SS-Soldaten hätten ihm 1944 auf der Flucht das Leben gerettet, sein Vater sei bei Stalingrad gefallen, ihn habe er nicht bekannt. Ein gutes Verhältnis habe er dennoch zu ihm, "weil ich weiß, wofür er gefallen ist". Zwölf Jahre war Kaping beim Bundesgrenzschutz, anschließend habe er mit geistig behinderten Menschen gearbeitet.

Nach der langen Rede des Angeklagten fassten sich Staatsanwältin und Richterin kurz. Entscheidend sei, wie Kapings Satz auf Normalbürger wirke, sagte die Staatsanwältin. "Das stellt eine Verharmlosung der Verbrechen dar und ist geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören." Damit habe er sich der "Volksverhetzung schuldig gemacht". Dieser Einschätzung schließe sie sich "voll inhaltlich an", stellte die Richterin klar. Auch das hohe Strafmaß von 120 Tagessätzen à 30 Euro sei gerechtfertigt.

Vor der Tür des Gerichtssaals ließ sich Kaping von einem runden Dutzend Gesinnungsgenossen dennoch wie der Sieger feiern. "Jetzt fahren wir gemeinsam ins Collegium Humanum", verkündete er. Selbstverständlich werde er Berufung gegen das Urteil einlegen.

Für Horst Mahler ging die Reise danach zurück nach Berlin. Dort wird für heute das Urteil in einem Prozess gegen das Sprachrohr der rechten Szene erwartet. Für ihn geht es um mehr als 30 Tagessätze. Der Staatsanwalt hat ein Jahr Haft ohne Bewährung gefordert.


lok-red.oeynhausen@neue-westfaelische.de

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