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WebWecker Bielefeld , 05.01.2005 :

Veranstaltungen im Schatten des Holocaust

Am 27. Januar 1945 wurde das Konzentrationslager Auschwitz durch die Rote Armee befreit. Seitdem wird am 27. Januar dem Holocaust gedacht. Alleine im KZ Auschwitz kamen zwischen 1,2 und 1,6 Millionen Menschen um, ein Massenmord am Fließband. Als die Rote Armee ins Lager einrückte, fand sie nur noch 7.500 kranke Häftlinge vor.

Der Holocaust ist Thema der Ausstellung Oneg Schabbat. In der Ravensberger Spinnerei wird zwischen dem 9. Januar und 12. Februar das Untergrundarchiv des Warschauer Ghettos gezeigt (siehe WebWecker-Artikel). Das Café Parlando in der Wittekindstraße nimmt den Holocaust-Gedenktag zum Anlass, eine ganze Reihe von Veranstaltungen durchzuführen.

Ab dem 11. Januar bis zum 31. Januar wird dort die Ausstellung "Madonna" gezeigt. Die Bilder und Drucke des Meller Künstlers Dieter Pentzek thematisieren den Holocaust, unter anderem mit Bezügen auf das Bild "Die Perlen" des Osnabrücker Malers Felix Nussbaum. Der jüdische Künstler ist auch Thema einer Veranstaltung am Montag, 17. Januar: "Empört euch ich bin!" Die Hommage von Susanne Hill (Violine), Günter Gall (Gesang, Gitarre) Klaus Thomas Schnittger (Texte) bezieht sich mit lyrische Erzählcollagen und Liedern auf die Bilder Nussbaums, der des 1944 in Auschwitz ermordet wurde.

Am Samstag, 22. Januar, tritt die Bielefelder Klezmer-Band "Chwazke" auf. Chwazke ist jiddisch und heißt soviel wie "witzig". Die Musik des Trios spannt denn auch den Bogen von heiter bis tieftraurig. Am Montag, 24. Januar, kommen der Ex-Bielefelder Harald Hahn und David Fuhr ins Parlando: "Lob der Verzweiflung" heißt ihr Liederabend. Im Mittelpunkt steht dabei der österreichische Dichter Theodor Kramer. Der Sozialist und Jude ging 1939 ins englische Exil und schrieb massenhaft Gedichte. Zwei Dutzend davon haben Hahn und Fuhr vertont.

Am Mittwoch, 26. Januar, kommt zwei Zeitzeugen ins Café: Celine van de Hoek de Vries und Henk´t Hooft. De Vries überlebte Auschwitz, Hooft ist Vorsitzender der Organisation "Kindermonument" in den Niederlanden. De Vries wird an diesem Abend ihre Geschichte aus dem KZ erzählen. Inzwischen ist sie 84 Jahre alt und sagt über sich selbst: "Antideutsche bin ich schon lange nicht mehr, aber Antifaschistin für immer-"

Schließlich kommt noch der Bezug zur Gegenwart in die Veranstaltungsreihe: Am Montag, 31. Januar, gibt es eine Informationsveranstaltung über das Collegium Humanum, ein rechtsextremes Seminarhaus in Vlotho. Der Vortrag behandelt die Geschichte des Hauses, das bereits seit 1963 besteht.

Empört euch, ich bin! Montag, 17. Januar, 20 Uhr. Am gleichen Abend zuvor Vernissage der Ausstellung mit der Kunsthistorikerin Roswitha Pentzek. Eintritt: 5 Euro

Klezmer-Konzert mit Chwazke: Samstag, 22. Januar, 21 Uhr. Eintritt: 7 Euro

Lob der Verzweiflung: Montag, 24. Januar, 20 Uhr, Eintritt: 8/6 Euro

Auschwitz Nr. A25236: Mittwoch, 26. Januar, 19 Uhr, Eintritt frei

Collegium Humanum: Montag, 31. Januar, 20.30 Uhr, Eintritt frei

Weitere Informationen: http://www.cafe-parlando.de

Hörtipps zum Thema

Donnerstag, 27. Januar 20.05 bis 24.00 Uhr in WDR 3: "Auschwitz. Stimmen"
Radiocollage aus Originalton-Mitschnitten der Verhandlungen im 1. Frankfurter Auschwitz-Prozess 1963-1965

Die dreistündige Radiocollage "Auschwitz. Stimmen" verdichtet Originalton-Mitschnitte der Verhandlungen im 1. Frankfurter Auschwitz-Prozess 1963-1965 zu einem Hörstück. Ursprünglich eine Gedächtnisstütze für das Gericht, spiegeln diese Aufnahmen heute die alltäglichen Verbrechen von Auschwitz ebenso wider wie die Mechanismen ihrer Verdrängung zwanzig Jahre später. Hier sprechen die Beteiligten selbst, Zeugen und Angeklagte, Beteiligte am Prozess - Beteiligte an Auschwitz. Nur sie können Auskunft darüber geben, was in diesem Lager mit Gleisanschluss fern im Osten geschah, was Auschwitz genau war.

Das anschließende Studiogespräch stellt diese Frage noch einmal anders: Bezeichnet der Name der polnischen Stadt Oswiecim noch das Todeslager? Oder steht "Auschwitz" inzwischen als Chiffre für Völkermord schlechthin? Ein Gespräch über die Reichweite eines Namens, der zum historischen, politischen und auch moralischen Begriff geworden ist. Teilnehmer sind der Historiker Reinhard Koselleck, der selbst nach 1945 Kriegsgefangener in Auschwitz war, der Historiker Volkhard Knigge, Leiter der Gedenkstätte Buchenwald, und die Schriftstellerin Marlene Streeruwitz, deren jüngste Novelle "Morire in livitate" das Problem des Sterbens nach Auschwitz umkreist.

Dienstag, 8. Februar: Begegnungen mit Theodor. Vertonungen von Gedichten des österreichischen Lyrikers Theodor Kramer. WDR 3, SoundWorld, 23.05 Uhr bis 24.00 Uhr. Eine Sendung von Harald Hahn zu Theodor Kramer.


webwecker@aulbi.de

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