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Neue Westfälische ,
17.07.1993 :
Blitzkarrierist entpuppte sich als übler SS-Führer / Ein Mann namens Stroop in Europa gefürchtet
Von unserem Korrespondenten
Düsseldorf (H.-W. H.). Vor 60 Jahren, im Frühsommer 1933, wurde die SPD in Ostwestfalen-Lippe durch Hitlers Regierung verboten. Prominente Sozialdemokraten, die nicht rechtzeitig fliehen konnten, so Reichsinnenminister a. D. Carl Severing (Bielefeld), waren verhaftet worden. Daran erinnerte gestern Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Schnoor.
Angst und Schrecken verbreitete damals 1933 ein Inspektor vom Katasteramt in Detmold. Der knapp 40-jährige Beamte war über Nacht zum Leiter der Hilfspolizei aufgestiegen. Sein Name: Jürgen Stroop. Im Zuge einer NS-Blitzkarriere entwickelte er sich zu einem in ganz Europa gefürchteten SS-Führer. Er schlug vor 50 Jahren den ersten Warschauer Judenaufstand nieder. An Himmler funkte er: "Warschau ist jetzt judenfrei."
Von den 80.000 Gettobewohnern, Männer, Frauen und Kinder, kamen 30.000 um. Die meisten wurden an Ort und Stelle ermordet. Die anderen Zehntausende wurden in Vernichtungslager wie Treblinka deportiert und gingen dort zugrunde. Über das Massaker verfasste der zum SS-General avancierte Stroop ein 75 Seiten umfassendes Tagebuch mit Fotos und Skizzen in schwarzledernem Album.
"Abgrund der Geschichte"
Dieser berüchtigte Stroop-Bericht lag nach dem Krieg schwarz auf weiß auf dem Richtertisch. Als "Henker von Warschau" wurde Stroop zum Tode verurteilt und vor 40 Jahren hingerichtet.
1972 kniete Bundeskanzler Willy Brandt im jüdischen Stadtteil von Warschau an jenem Denkmal nieder, das an die furchtbare Zeit des Massenmordes erinnert. Brandt: "Am Abgrund der deutschen Geschichte und unter der Last der Ermordeten tat ich, was Menschen tun, wenn die Sprache versagt."
17./18.07.1993
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