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Freundschaftsinitiative Viva Guarjila , 05.11.2004 :

Rundbrief der Freundschaftsinitiative Viva Guarjila

Liebe Freundinnen und Freunde von Guarjila,

in der Küche steht ein Topf mit frijoles (roten Bohnen) aus Guarjila auf dem Herd. Sie stammen aus dem Säckchen, das uns Filomena, eine Bäuerin aus dem Gemüsebauprojekt, bei unserem Besuch im letzten Winter zum Abschied in die Hand drückte. Hoffentlich sind ihr selbst die Bohnen das Jahr über nicht knapp geworden, denn es war ein großzügiges Geschenk, Ausdruck ihrer Dankbarkeit gegenüber all denen, die Guarjila seit Jahren durch ihre Anteilnahme und durch Spenden unterstützen. An dem Dank der Mitglieder unserer Partnerschaftsgemeinde kann ich Euch durch diesen Brief teilhaben lassen. Mit den Bohnen ist das schon schwieriger.

Vor kurzem erreichten uns zwei Briefe aus unserem Partnerdorf, die außerhalb der gewöhnlichen Korrespondenz mit der Dorfleitung liegen. Sie stammen von zwei Familien, die in diesem Jahr ihre neuen Häuser beziehen konnten. Diese wurden mit euren Spenden und den Zuschüssen des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) und mit viel Eigenarbeit gebaut. Wie Ihr vielleicht noch in Erinnerung habt, bestand das Hausbauprojekt aus zwei Teilen. Zum einen sollten die letzten 19 Familien, die 1987 aus dem Flüchtlingslager Mesa Grande zurückgekehrt waren und noch in einem der inzwischen baufälligen Häuser der ersten Jahre wohnten, ein dem heutigen Wohnstandard in Guarjila entsprechendes neues Haus aus Hohlblocksteinen erhalten. Sie waren in keinem der bisherigen Hausbauprogramme berücksichtigt worden, aber selbst nicht in der Lage, die Mittel für ein neues Haus aufzubringen.

Die zweite Hälfte des Projektgeldes sollte Familien der nachfolgenden Generation die Möglichkeit geben, aus den beengten Wohnverhältnissen ihres Elternhauses auszuziehen und einen eigenen Hausstand zu gründen. Diese bisher 17 Familien bekommen das neue Haus allerdings auf Kreditbasis (zinsfrei). Sie müssen eine monatliche Quote von 15 Dollar - einige auch weniger - in einen revolvierenden Fonds zurückzahlen, aus dem dann Häuser für weitere junge Familien gebaut werden sollen. Ob alle es schaffen werden, tatsächlich regelmäßig zu zahlen, lässt sich natürlich nicht voraussehen, aber zumindest haben alle damit angefangen.

Wie schwer es manchen fällt, diesen Betrag aufzubringen, zeigt der Brief von Rosibel, die als alleinerziehende Mutter mit ihren zwei Söhnen im Alter von 11 und 9 Jahren ohne jede Unterstützung durch den Vater der Kinder von 62Dollar im Monat leben muss. Diese verdient sie im Rehabilitationszentrum. Alle weitere Arbeit, die sie für die Gemeinde leistet, z.B. beim regionalen Radiosender in Guarjila, ist ehrenamtlich.

Rosibel schreibt bezüglich des Häuserprojektes:

"Ich möchte, dass ihr wisst, dass ich zufrieden und zugleich dankbar bin, weil ich jetzt dank euch und der Directiva ein Haus habe, das stabil und groß genug für uns ist. Es hat eine Küche und ein Geländer (gemeint ist die niedrige Mauer, mit der der überdachte offene Raum vor dem Haus nach außen abgeschlossen ist, so dass die freilaufenden Tiere nicht in Haus und Küche herumlaufen). ( ... ) Am Anfang des Projektes hatten wir mit der Dorfleitung eine Reihe von Versammlungen, die dazu dienten, einige Einzelheiten der Häuser zu diskutieren, damit alle einverstanden waren. Außerdem gab es verschiedene Gespräche über Hygiene, über die Besitzurkunden, über die Wichtigkeit der Gleichstellung der Geschlechter und wie wir uns in der Familie, aber auch in der Dorfgemeinschaft besser verhalten können, um Konflikte zu lösen. Ich lernte, dass es besser ist, das Haus auf die Namen aller Familienmitglieder eintragen zu lassen, damit alle abgesichert sind. Auch wurde betont, dass Männer und Frauen die gleichen Rechte und Pflichten haben. ( … ) lch möchte mich nicht verabschieden, ohne noch einmal meine Dankbarkeit zu zeigen für das Glück, durch das Projekt ein neues Haus bekommen zu haben. Dies wäre ohne eure Hilfe nicht möglich gewesen."

Ebenso bedanken sich Reina und Jesús, Eltern von vier Mädchen zwischen 4 und 10 Jahren. Sie leben von ihrer Feldarbeit und müssen, wie sie schreiben, von ihrer Mais- und Bohnenernte verkaufen, um die monatliche Rate zu bezahlen. Andere Einkünfte haben sie nicht. Auch sie erwähnen die Küche und das Geländer, die in Guarjila nicht selbstverständlich sind. Über die Bauphase schreiben sie: "Die Erdarbeiten haben wir selbst gemacht und vieles andere während des Hausbaus. Die Arbeit in der Gruppe ist sehr gut. Man merkt, dass man mehr schafft, zumal der Maurer sehr geduldig war. Wir haben viel von ihm gelernt."

Allerdings gab es nicht nur zufriedene Rückmeldungen. Eine Delegation des BMZ, die Projekte in Mittelamerika, darunter auch die Häuser in Guarjila, inspizierte, bemängelte, dass bei einigen Häusern nur ein Fenster eingebaut und damit die Luftzirkulation beeinträchtigt war und dass bei der Dachkonstruktion z.T. zu schwache Stahlträger verwandt worden seien. Ersteres widersprach tatsächlich der Planung, letzteres dagegen entsprach der Bauweise bei allen bisherigen Hausbauprojekten in Guarjila, an denen auch Ingenieure der Universität beteiligt waren. Im Moment korrespondieren wir mit der Directiva darüber, welche Nachbesserungen mit vertretbarem Aufwand möglich sind. Auf jeden Fall werden die 6 Häuser, die dies noch nicht haben, ein zweites Fenster erhalten. - Soviel zu dem Häuserbauprojekt.

Zwei weitere Briefe bekamen wir vor einigen Wochen von Angel und Lucio, die an der Universität in San Salvador Sozialarbeit studieren. Sie bedanken sich für das Stipendium von 50 Dollar monatlich für jeden von ihnen und schicken Semesterabschlusszeugnisse mit. Diese Stipendien wurden direkt vom Spendenkonto bezahlt. Eine Förderung aus öffentlichen Mitteln gab es dafür nicht. Selbstverständlich sollen diese Zahlungen auch im kommenden Jahr fortgesetzt werden, denn ohne das Geld könnten die beiden jungen Männer nicht studieren.

Inzwischen haben auch Noemi und Constantino, die im letzten Winter nach ihrem Abitur wegen der ökonomischen Verhältnisse ihrer Familien nicht an die Uni gehen konnten, mit Hilfe eines Stipendiums mit dem Studium angefangen. Ich sehe Noemi noch genau vor mir, wie sie vor ihrem Elternhaus am Spülstein steht, Wäsche schrubbt und uns erzählt, dass so nun wohl ihr Leben aussehen wird, weil sie als Mädchen keine Chance auf ein Studium hat. Um so erfreuter waren wir, als die Directiva nun Noemi für ein Stipendium vorschlug.

Um einigen Schülerinnen den Besuch der Oberstufe in der staatlichen Schule zu ermöglichen, haben wir in mehreren Bielefelder Klassen bzw. Spanischkursen auch Schüler um Beteiligung an Stipendien gebeten. Das gesammelte Geld kann allerdings noch für das nächste Jahr zurückgelegt werden, da die Schulkosten in diesem Jahr unvorhergesehen von der Bürgermeisterei und von einer nordamerikanischen Partnergemeinde übernommen wurden. Der Bedarf wird aber sicherlich steigen, da die Zahl der Jugendlichen, welche die Schule auch bis zum Abschluss besuchen, wächst, auch wenn es immer noch Kinder gibt, die nur sehr wenige Jahre zur Schule gehen.

Wie seit vielen Jahren konnte auch 2004 mit den Spenden der Bielefelder Elterninitiative Wilde 13 eine Kindergärtnerin bezahlt werden. Wir erfuhren allerdings zu unserem Bedauern, dass gerade die "madre educadora", deren Arbeit uns bei unserm letzten Besuch besonders positiv aufgefallen war, in die USA gegangen ist, da sie in Guarjila nicht genug für den Unterhalt ihrer Familie verdienen konnte. Auch hier lässt sich immer mehr das bedrückende Phänomen beobachten, dass gerade die besten und aktivsten Leute auswandern.

Ebenso schon über einen längeren Zeitraum unterstützt die Freundschaftsinitiative Viva Guarjila Frauengruppen in der Region Chalatenango, die Naturheilmittel herstellen und verbreiten. Wir haben über diese Arbeit berichtet. Da die Geld gebenden Organisationen nie über einen längeren Zeitraum Löhne (so kann man den winzigen Betrag, den die Frauen bekommen, kaum bezeichnen) bezuschussen, waren und sind wir hierbei auch weiter ausschließlich auf Spenden angewiesen. Deshalb hat unsere Gruppe für diesen Zweck einen Teil der Spendeneinnahmen der Kampagne des Welthauses "Bielefeld hat Freunde in der Welt" erhalten.

Jetzt möchte ich euch noch berichten, wohin - über Stipendien, Kindergarten, Naturheilmittel hinaus - unsere Überlegungen für die nächste Zeit gehen. Wir stehen vor dem Problem, dass wir für 2005 keine Zuschüsse von der EU bekommen. Der Antrag des Welthauses wurde nicht angenommen, obwohl er bei mehr als 100 Anträgen europaweit auf Platz 16 stand. Zuschüsse aus BMZ und Landesmitteln, die das Welthaus bekommt, gehen diesmal an andere Gruppen des Hauses. Die unklare finanzielle Situation ist auch Grund dafür, dass ihr so lange nichts von uns gehört habt. Wir konnten nicht absehen, was wir an Projekten planen können, so lange die Zuschüsse in der Schwebe waren. Nun haben wir die Entscheidungen, wenn auch nur negative. Aber so wissen wir zumindest, dass im kommenden Jahr vorerst nur kleine Projekte realisierbar sind.

Mit der Dorfleitung von Guarjila besteht ein Konsens, dass die Solidarität mit dem vom Erdbeben betroffenen und noch wesentlich ärmeren Dorf Ajuluco ausgeweitet werden soll. Nach dem Erdbeben waren ja dort auch mit eurer Unterstützung einige Häuser gebaut worden. Bei unserem Besuch im letzten Winter haben wir dort erste Gespräche geführt über ein mögliches Basisgesundheitsprojekt. Die Vorstellung ist, dass die Ausbildung einiger Frauen aus Ajuluco von Gesundheitspromotorinnen aus Guarjila, z.T. auch in der Klinik selbst, durchgeführt wird. Davon würden beide Gemeinden profitieren, Ajuluco durch die Ausbildung und das Gesundheitszentrum in Guarjila durch die Bezahlung von ein oder zwei Promotorinnen, die mit dieser Aufgabe betraut würden. Da dies allerdings ausschließlich aus Spenden finanziert werden muss, ist der Maßstab relativ niedrig anzusetzen.

Deshalb werden wir parallel weiter versuchen, EU-Zuschüsse für ein größeres Projekt zu bekommen, nämlich für den Aufbau einer Wasserversorgung in Ajuluco. Die Dringlichkeit des Anliegens der Gemeinde haben wir bei unserem Besuch kennen gelernt. Der dortige Landkreis hat seine finanzielle Beteiligung an dem Projekt bereits zugesagt. Die technische Realisierbarkeit und die Kosten werden z. Z. geprüft. Sollte der Antrag, der erst 2005 gestellt werden kann und eine Bewilligungschance von vielleicht 20 Prozent hat, genehmigt werden, könnte das Gesundheitsprojekt darin integriert werden.

Liebe Freundinnen und Freunde, obwohl manches vage klingt, sind wir für unsere Arbeit mehr denn je auf Spenden angewiesen, damit beides möglich ist: sowohl kurzfristig die kleinen Projekte (s.o.) mit reinen Spendenmitteln weiter zu fördern, als auch die notwendigen Eigenmittel für den EU-Antrag zum großen Wasser- und Gesundheitsprojekt zur Verfügung zu haben oder aber bei Ablehnung des Antrags wenigstens das Basisgesundheitsprojekt in Ajuluco verwirklichen zu können.

Zum Schluss möchte ich euch noch darauf aufmerksam machen, dass wir auch für 2005 - mit Mitteln des NRW-Gemeindefinanzierungsgesetzes - einen Fotokartenkalender hergestellt haben, diesmal mit Fotos von Kindern aus Guarjila. Natürlich würden wir gerne möglichst viele Exemplare davon zugunsten von Guarjila verkaufen, z.B. als Weihnachtsgeschenke. Wir können euch versichern, dass die Qualität erheblich besser ist als im vorigen Jahr. Zu erhalten ist der Kalender wieder im Welthaus, im Kinderbuchladen Kronenklauer und im Buchladen Eulenspiegel.

Im Namen der Gruppe Viva Guarjila grüße ich euch sehr herzlich und danke euch für euer Interesse und eure Unterstützung.

Dietlind Wild

Das Projektkonto:

Welthaus Bielefeld
Sparkasse Bielefeld
Kontonummer: 106 666
BLZ: 480 501 61
Stichwort: "El Salvador"

Die Spenden sind steuerlich absetzbar. Bitte Absenderangabe nicht vergessen. Das Welthaus Bielefeld schickt eine Spendenbescheinigung.

www.viva-guarjila.de


info@viva-guarjila

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