www.hiergeblieben.de

Avanti! e.V. Osnabrück , 25.04.2002 :

Presseerklärung zur Nichtbefassung des Jugendhilfeausschusses mit der Forderung nach Einrichtung eines selbstverwalteten Zentrums in Osnabrück

In der heutigen Sitzung des Jugendhilfeausschusses wurde beschlossen, sich nicht weiter mit der Forderung nach einem selbstverwaltdten Zentrum zu befassen, da auf Jahre hinaus keine Möglichkeit der Finahzierung bestünde. In dieser Absolutheit wurde der Beschluss von der Mehrheitsfraktion der CDU durchgedrückt. SPD und Grüne wollten immerhin auf den Kompromiss hinwirken, sich wieder mit dem Konzept für ein autonomes Zentrum zu befassen, wenn ein geeignetes Objekt und ein geeigneter Finanzierungsplan in Aussicht steht.

Ehrlicher wäre es allerdings gewesen, wenn deutlich gesagt worden wäre, dass ein solches Zentrum politisch nicht gewollt ist. Von den Fraktionen war heute eine politische Entscheidung gefordert!

Mit der Nichtbefassung mit dem Thema einer selbstverwalteten Jugendkultur ist eine Chance für die Stadt Osnabrück vertan worden.

Trotz des vom Bundeskanzler geforderten "Aufstand der Anständigen" rutscht unsere Gesellschaft weiter nach Rechts. Jugendliche sind zunehmend interesselos am gesellschaftlichen Geschehen, stark konsumorientiert und neigen allzu häufig dazu, sich autoritären Strukturen unterzuordnen. Das Einstiegsalter Jugendlicher in die "Rechte Szene" wird immer jünger. Die Attraktivität rechtsextremer Organisationen für junge Leute steigt.

Die Frage nach Konzepten "gegen Rechts" ist daher berechtigt und notwendig. Viele Gesellschaftliche Gruppen müssen diese Frage zur Zelt unbeantwortet lassen und stehen dem Erstarken des Rechtsextremismus eher hilflos gegenüber.

Auch in Osnabrück und im Umkreis von Osnabrück nehmen rechtsextreme Gruppierungen mehr Einfluss und versuchen, öffentlichen Raum zu besetzen.

Wenn diese Gruppierungen so stark werden, dass sie das öffentliche Bild bestimmen oder nur noch durch repressive Maßnahmen zu bekämpfen wären, die erfahrungsgemäß noch nicht einmal konsequent durchgeführt werden, dann ist der Zeitpunkt, "den Anfängen zu wehren" verpasst. Deswegen müssen Konzepte grundlegend sein und an die Wurzeln gehen.

Es entwickeln sich Menschen zu solidarischen und verantwortungsbewussten Menschen, wenn sie frei mitbestimmen können, eigene Ideen entwickeln und verwirklichen können, wenn sie selbstbestimmt leben.

Dieser Freiraum ist es letztendlich, der durch ein selbstverwaltetes Zentrum geschaffen werden kann. Für die Idee des selbstverwalteten Zentrums setzt sich schon jetzt eine sehr große Gruppe meist junger Leute ein, obwohl allen Beteiligten klar ist, dass der Kampf um die Durchsetzung sehr schwer ist und bleiben wird. Aber der Bedarf ist da, auf diesen Bedarf wird weiter hartnäckig hingewiesen werden, und das ist positiv. Denn die, die das autonome Zentrum nachher nutzen wollen und werden, haben alle Chancen, eine Stärke zu entwickeln und auch weiter zu vermitteln, die rechtem Gedankengut keine Freiräume mehr gibt.

Die Forderung bleibt: "Für ein autonomes Zentrum in Osnabrück!"

"Ob wir in einer Gesellschaft leben, in der Fremdsein nicht nur möglich, nicht nur gestattet, nicht nur erlaubt, sondern gewollt sein wird, in der jeder fremd sein kann, nicht nur der Ausländer, sondern jeder Einzelne abweichen kann, in der es kein neues Diktat von Mehrheitskultur gibt, in der man Menschen hoffentlich nicht mehr zwingt, sich zu assimilieren und anzupassen, in der man letztlich dem Wort Freiheit wirklich Leben gibt, nämlich individuelles Leben zu ermöglichen - ob wir eine solche Gesellschaft entwickeln, hängt ausschließlich von uns ab."

(Michel Friedman auf der Tagung des Bundeskriminalamtes zu "Rechtsextremismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit" im Herbst 2000)


avantimail@web.de

zurück