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Rechtsanwalt Günter Meyners , 11.07.2001 :

Presseinformation / Justiz stellt Rechtswidrigkeit der am 06.04.2001 erfolgten Durchsuchung der alten Pauline und der Privatwohnungen von zwei Vorstandsmitgliedern der Kulturinitiative Detmold e.V. fest

Peinliche Schlappe des Staatsschutzes beim juristischen Nachspiel im Fall Titho.

Bereits mit einem erst jetzt bekannt gewordenen Beschluss vom 29.05.2001, Az.: 4 Gs 708/01, hat das Amtsgericht Detmold die am 06.04.2001 erfolgte Durchsuchung der alten Pauline für rechtswidrig erklärt. Nach Ansicht des Amtsgerichts lag der Durchsuchung kein wirksamer Durchsuchungsbeschluss zugrunde. Die Wirkungsdauer des Durchsuchungsbeschlusses des Amtsgerichts Detmold vom 11.08.2000 war auch nach Ansicht des Amtsgerichts zum Zeitpunkt der Durchsuchung bereits abgelaufen. Die Gültigkeit des Beschlusses vom 11.08.2000 war auf die Dauer von 3 Monaten beschränkt. Mit Beschluss vom 16.01.2001 hat das Amtsgericht Detmold die Gültigkeitsdauer des Durchsuchungsbeschlusses vom 11.08.2000 um 3 Monate verlängert. Die Gesamtgültigkeitsdauer des Durchsuchungsbeschlusses des Amtsgerichts Detmold vom 11.08.2000 betrug somit 6 Monate und war somit lediglich bis zum 11.02.2001 gültig. Die polizeiliche Durchsuchung der alten Pauline erfolgte jedoch erst am 06.04.2001 und somit nach Ablauf der Gültigkeitsdauer des Durchsuchungsbeschlusses. Die Durchsuchung der alten Pauline erfolgte somit ohne Rechtsgrundlage und war daher rechtswidrig.

Mit Beschluss vom 05.07.2001, Az.: Qs 126/01, hat das Landgericht Detmold auf die von den Betroffenen eingelegten Beschwerden festgestellt, dass auch die Durchsuchung der Privatwohnungen der Vorstandsmitglieder rechtswidrig war. Nach Ansicht des Landgerichts genügten die der Durchsuchung zugrundeliegenden Durchsuchungsbeschlüsse des Amtsgerichts nicht den gesetzlichen Anforderungen. Angesichts der verfassungsrechtlich garantierten Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG) hätte das Amtsgericht den Rahmen, die Grenzen und den Zweck der in Aussicht genommenen Durchsuchungen definieren müssen, d.h. durch geeignete Formulierungen im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren sicherstellen müssen, dass der mit der Durchsuchung verbundene Grundrechtseingriff auf das unbedingt Erforderliche begrenzt wird und zugleich messbar und kontrollierbar bleibt. Die lediglich pauschalen Angaben des Amtsgerichts Detmold in den Durchsuchungsbeschlüssen vom 11.08.2000 würden diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht gerecht.

Hinzu kommt, dass nach Ansicht des Landgerichts die Gültigkeitsdauer der Durchsuchungsbeschlüsse hinsichtlich der Privatwohnungen vom 11.08.2000 ebenfalls zum Zeitpunkt der Durchsuchung bereits abgelaufen waren. Die Durchsuchungsbeschlüsse vom 11.08.2000 bezüglich der Privatwohnungen waren auf eine Gültigkeitsdauer von 6 Monaten, somit bis zum 11.02.2001, beschränkt. Auf diese Gültigkeitsdauer hat nach Ansicht des Landgerichts der Verlängerungsbeschluss des Amtsgerichts Detmold vom 27.02.2001 keinerlei Einfluss, zumal der Verlängerungsbeschluss erst nach Ablauf der Gültigkeitsdauer der Durchsuchungsanordnung erging.

Die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Beschlüsse ist ein weiteres Glied in der Kette der Peinlichkeiten der Aktion des Staatsschutzes gegen die "alte Pauline" im Fall Titho. Dass der zwischenzeitlich verstorbene Herr Karl Friedrich Titho, der 1951 von einem Gericht in Utrecht wegen Mitwirkung an der Erschießung von 70 sowjetischen Kriegsgefangenen zu 6 Jahren Haft verurteilt worden war, sich durch die Bezeichnung "Nazi-Mörder" und "Henker von Fossoli" auf einer Internetseite beleidigt und verleumdet fühlte, ist sicherlich kein Umstand, der eine Hausdurchsuchung rechtfertigt. Da es sich bei der auf der Internetseite ebenfalls enthaltenen Bemerkung, der Verfahrensbevollmächtigte des Herrn Titho sei Mitglied der Waffen-SS, Leibstandarte Adolf Hitler gewesen, angesichts seines Geburtsjahres 1944 um ein offensichtliches Versehen handelt, kann auch diese irrtümliche Behauptung die Durchsuchungsaktion des Staatsschutzes nicht rechtfertigen. Darüber hinaus sind auch die für eine Urheberschaft der betroffenen Vorstandsmitglieder vom Staatsschutz genannten Anhaltspunkte zum Teil unzutreffend und derart spekulativ, dass sich leider der Eindruck aufdrängt, dass für den Staatsschutz Bielefeld die Strafanzeige des Herrn Titho und das daraufhin eingeleitete Ermittlungsverfahren nicht der Grund, sondern lediglich ein willkommener Anlass zur Informationsbeschaffung über ein seit langem im Visier des Staatsschutzes stehendes Objekt war. Es ist nur zu begrüßen, dass die Gerichte zumindest im Nachhinein die Informationsbeschaffung in der erfolgten Art für rechtswidrig erklärt haben.


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