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Lippische Landes-Zeitung , 13.07.2001 :

Razzia in "Pauline“ illegal / Verfahren vor Einstellung

Detmold (da). Die Durchsuchungen des "Autonomen Kultur- und Kommunikationszentrums alte Pauline" und der Privatwohnungen von zwei Vorstandsmitgliedern der Kulturinitiative Detmold waren rechtswidrig. Das hat die Justiz in zwei Beschlüssen festgestellt.

Bei der Razzia am 6. April hatte die Polizei Computer, Datenträger und Flugblätter beschlagnahmt. Staatsschutz und Staatsanwaltschaft waren aufgrund der Anzeige des inzwischen verstorbenen ehemaligen NS-Lagerleiters und SS-Offiziers Karl-Friedrich Titho aus Horn tätig geworden. Dieser hatte sich durch eine Internetseite mit der Adresse der "alten Pauline" beleidigt gefühlt, auf der Titho als "Henker von Fossoli" und "Nazimörder" bezeichnet worden war.

Das seinerzeit konfiszierte Material sei inzwischen zurückgegeben worden, sagte gestern Oberstaatsanwalt Diethard Höbrink. Das damit in Zusammenhang stehende Strafverfahren werde voraussichtlich in Kürze eingestellt. Es hätten sich keine Erkenntnisse ergeben, dass die Betroffenen für die Inhalte der Internetseite verantwortlich gemacht werden könnten.

Wie Rechtsanwalt Günter Meyners berichtet, hat das Amtsgericht Detmold die Rechtswidrigkeit des Vorgehens gegen die "alte Pauline" bereits am 29. Mai bestätigt (Az.: 4 Gs 708/01). Begründung: Die Gültigkeit des Durchsuchungsbeschlusses war abgelaufen.

Mit Beschluss vom 5. Juli (Az.: 4 Qs 126/01) sei vom Landgericht bezüglich der Durchsuchung der Privatwohnungen Gleiches festgestellt worden. Außerdem, so Meyners, habe in diesen beiden Fällen der Durchsuchungsbeschluss nicht den gesetzlichen Anforderungen genügt. Angesichts der verfassungsrechtlich garantierten Unverletzlichkeit der Wohnung hätten der Rahmen, die Grenzen und der Zweck der in Aussicht genommenen Durchsuchungen genauer umrissen werden müssen.

Für Meyners sind die Beschlüsse "ein weiteres Glied in der Kette der Peinlichkeiten der Aktionen des Staatsschutzes gegen die alte Pauline im Fall Titho". Ihm, Meyners, dränge sich der Eindruck auf, dass die Strafanzeige willkommener Anlass gewesen sei zur Informationsbeschaffung über ein seit langem im Visier des Staatsschutzes stehendes Objekt. Höbrink hatte Mutmaßungen, die Aktion sei politisch motiviert, schon in der Vergangenheit mehrfach zurückgewiesen.


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