Widerhaken Oktober 2004 ,
12.10.2004 :
Buchbesprechung / Internationalismus - Eine Einführung in die Ideengeschichte des Internationalismus von Vietnam bis Genua / Von Josef Hierlmeier beim Alibri-Verlag in der Reihe "theorie.org"
Hierbei handelt es sich um ein kleines handliches Buch mit relativ großen Buchstaben. Geschrieben als "Essay" aus der "Perspektive eines linken Aktivisten, der seit 25 Jahren in sozialen Bewegungen ständig seine nächsten Irrtümer vorbereitet" und zugibt, dass es "zum Teil meine eigenen Irrtümer (sind), die im folgenden kritisiert werden."
Der Schwerpunkt liegt auf den Debatten in Westdeutschalnd und der Autor stellt am Anfang fest: "Die deutsche Geschichte ist der Hintergrund, vor dem sich der hiesige Internationalismus entwickelt hat. Diese Entwicklungen hierzulande waren meist wichtiger für den Blick auf die sogenannte Dritte Welt als die Situation in diesen Ländern selbst."
Anfangen tut das Buch aber ganz pragmatisch in der ideologischen Mitte in der modernen, kapitalistischen Gesellschaft, doch der Autor sieht auch einen Lichtschweif am Horizont. Eine neue "diffuse" und "heterogene" Bewegung, von Chiapas bis Porto Alegro, von Seattle nach Genua, von der Buko bis zu Attac. Vor dem Hintergrund dieser "neuen Bewegung" geht es ihm quasi um die Reflektion der Geschichte des Internationalismus für einen neuen Internationalismus, der an keiner der bisherigen Epochen anknüpfen dürfe, aber eine Menge aus ihnen lernen kann. Natürlich wird erwähnt, dass in einer Einführung, dazu aus einer sehr subjektiven Perspektive, viele Sachen zu kurz kommen, aber dafür gibt es ja andere Bücher.
Das Buch ist aufgeteilt in vier Kapitel, die die Geschichte des hiesigen Internationalismus markieren. Los geht's beim proletarischen und somit auch bei der Entstehung der Idee, vom Autor genau datiert auf das Erscheinen des Kommunistischen Manifests von Marx und Engels, das bekanntlich mit dem Satz: "Proletarier aller Länder vereinigt euch!" endet. Leider hörten die (deutschen) ArbeiterInnen nicht auf Marx und ihre größte Partei zog lieber mit der deutschen Bourgeosie in den Krieg für die Nation. Die Theorien von Marx und Engels, insbesondere die Frühschriften, werden in diesem Kapitel auf ihren Eurozentrismus und ihren "fast grenzenlosen Fortschritts- und Entwicklungsoptimismus" hin kritisiert und eine kritische Geschichte der ersten und zweiten Internationale wird nachgezeichnet.
Das zweite Kapitel nennt sich "Von Vietnam nach Kambodscha", geht los mit Marcuse und streift die aufkommenden nationalen Befreiungsbewegungen und ihre TheoretikerInnen. Während es im zweiten Kapitel mehr um "revolutionäre Ungeduld" der Zeit um '68 geht, wird im nächsten Kapitel die Phase der "Defensive" beschrieben. Es ging darum geschaffene "Freiräume" zu verteidigen. In dieser Zeit vergrößert sich auch der Einfluss des Christentums auf die internationale Bewegung. Im vierten und letzten Kapitel geht es um den "Sieg" des Neoliberalismus und die systemstabilisierende Politik der NGO's, aber auch um jene neue Bewegung, die der Autor "am Horizont erblickt".
Alles in allem ein nettes Buch, recht kritisch in vielen Punkten und doch etwas bewegungsfanatisch, aber dafür schnell und einfach zu lesen.
Zu beachten wären noch die anderen tollen Bücher, die ebenfalls beim Alibri-Verlag in der Reihe "theorie.org" erscheinen.
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