Die Glocke ,
15.11.2004 :
Pole Bernhard Adamcewicz: Vor 60 Jahren als Zwangsarbeiter den Tod gefunden
Herzebrock-Clarholz (das). "Ich bin ermordet worden": Auf einem der Steine des Gräberfeldes für Zwangsarbeiter und deren Kinder, die im Zweiten Weltkrieg nach Deutschland verschleppt worden waren und in Herzebrock gestorben sind, findet sich diese Aussage auf polnisch. Es ist das Grab von Bernhard Adamcewicz, dessen Todestag sich am heutigen 15. November zum 60. Mal jährt. Der Herzebrocker Heimatverein hat ein Stück seiner Lebensgeschichte aufgezeichnet.Vor rund zehn Jahren wurden das Gräberfeld und die Steine auf dem alten Teil des Herzebrocker Friedhofs durch die Kriegsgräberfürsorge erneuert. In der Bildhauerei Vielstädte wurden neue Grabsteine geschaffen. Durch Zufall gelang die Bedeutung des Grabspruchs von Bernhard Adamcewicz ins Bewusstsein. Der Bildhauer hatte ihn von dem alten Stein übernommen, eine polnische Mitarbeiterin übersetzte ihn: "Ich bin ermordet worden" - Anlass, zu forschen und zu recherchieren. Im Jahr 2002 dann waren ein Sohn und weitere Familienmitglieder vor Ort, um das Grab des Vaters zu besuchen und auch die Heimatstube, in der sich der alte Grabstein befindet. Nicht nur der Eintrag ins Gästebuch ist Beleg: "Ich habe das Grab meines Vaters Bernhard Adamcewicz nach 58 Jahren gefunden. Bedanke mich herzlich für die Erhaltung des Grabes und für die ordentliche Pflege, gezeichnet Stanislaw und Elzbieta Adamcewicz."
Um mehr über das Leben des Verstorbenen zu erfahren, erfolgten Briefkontakte, die Licht in eine kurze, schicksalhafte Lebenszeit des Zwangsarbeiters brachten. Im März 1901 wurde Bernhard Adamcewicz im polnischen Naloboki, heute Bialorus, geboren. Der Landwirt lebte mit seiner Frau und neun Kindern auch später in dem Örtchen. Am 6. August 1943 wurde Naloboki verbrannt, die Menschen wurden als Zwangsarbeiter nach Rzeszy gefahren. Bernhard Adamcewicz und seine Familie - das älteste Kind war 16 Jahre, das jüngste neun Monate - kamen nach Herzebrock ins damalige Lager im Dorf 165. Die offizielle Sterbeurkunde gibt als Todesursache des damals 43-jährigen Vaters an: Verblutung durch Durchschlagen der großen Beinschlagader. Um 17.15 Uhr auf der Hauptstraße 64 in Herzebrock. Die Erinnerung seiner Kinder an den 15. November 1944 ist wach: "Mein Vater arbeitete in dieser Fabrik als Drechsler, und er hatte sich erkältet. Er bekam eine Lungenentzündung, wurde beurlaubt. Nur ein Tag verging, und schon kam die Polizei. Sie wollten wissen, wieso er nicht zur Arbeit erschienen war. Mein Vater sagte, dass er beurlaubt sei. Einer der Polizisten meinte, er lüge, hat seinen Stab aus der Tasche geholt und auf meinen Vater eingeschlagen. Mein Vater hat sich unter dem Bett versteckt. Er wurde herausgezerrt, und sie haben ihn verprügelt. Dann schossen sie auch noch auf ihn und haben ihn voller Blut liegen gelassen. Michael Kowalewski, er war mit uns im Lager, fuhr meinen sterbenden Vater ins Krankenhaus. Am 15. November 1944 starb mein Vater auf dem Weg ins dorthin."
Nach Wissen des Heimatvereins wurde der beteiligte Polizist zu einem Verfahren nach Polen berufen, dort allerdings freigesprochen.
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