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Löhner Zeitung / Westfalen-Blatt ,
18.11.2013 :
Friedlicher Protest gegen Rechts / 150 Demonstranten fordern Schließung des Büros der so genannten Justiz-Opfer-Hilfe NRW
Von Malte Samtenschnieder
Löhne (LZ). Etwa 150 Menschen haben am Samstagnachmittag gegen die so genannte Justiz-Opfer-Hilfe NRW und ihre "Botschaft Germanitien" demonstriert. Zu der Demonstration hatte das Bündnis gegen Rechtspopulismus und Rechtsextremismus aufgerufen.
Hinter der so genannten Justiz-Opfer-Hilfe NRW, die seit einem Jahr ein Büro in Löhne unterhält, steckt nach Angaben des Bündnisses gegen Rechtspopulismus und Rechtsextremismus eine rechte Gruppierung, die das Grundgesetz der Bundesrepublik ablehnt und im Internet diskriminierende, antisemitische und volksverhetzende Texte verbreitet. Der Fantasiestaat "Germanitien" ziele auf eine Entdemokratisierung ab. Plattformen der Organisation zeigten zudem Vernetzungen zu rechtsextremen Gruppen.
Auf diese Verflechtungen ging Gerd Alt vom Bündnis "Argumente und Kultur gegen Rechts" aus Bielefeld in seiner Rede an der Werretalhalle ein. Er bezeichnete die so genannte Justiz-Opfer-Hilfe als "skurrile Nazi-Truppe", die der "knallharten rechten Szene" zuzurechnen ist. Bei den Mitgliedern handele es sich keineswegs um harmlose Spinner. Alt: "Wenn sie ihre Glaubenssätze nicht verbreiten würden, würde der Neonazismus nicht funktionieren."
Holger Kasfeld, Sozialpfarrer im Kirchenkreis Herford, betonte, dass Demonstrationen wie die am Samstag in Löhne wichtig seien, um die eigene Haltung gegenüber Rechtspopulismus und Rechtsextremismus deutlich zu machen. Derartige Veranstaltungen seien ein wichtiges Aufbruchsignal, um sich gemeinsam dem rechten Gedankengut entgegenzustellen. Im Namen des Bündnisses gegen Rechtspopulismus und Rechtsextremismus machte Sprecher Jürgen Birtsch deutlich, dass es genügend Anhaltspunkte für antisemitische und rassistische Positionen innerhalb der so genannten Justiz-Opfer-Hilfe gebe, um weiterhin für eine Schließung des Büros in Löhne zu kämpfen. Im Gespräch mit der Löhner Zeitung nahm auch Heinz-Dieter Held diese Position ein. "Das Büro der so genannten Justiz-Opfer-Hilfe ist uns ein Dorn im Auge", sagte der Bürgermeister. Deren Sympathisanten lehnten einerseits den Rechtsstaat - etwa mit seinen Gebühren und Steuern - ab. Sie nähmen jedoch gerne die sich ihnen bietenden Vorteile in Anspruch. Um friedlich gegen die Präsenz der so genannten Justiz-Opfer-Hilfe in Löhne zu protestieren, sei die Demonstration ein geeignetes Mittel.
Der Verfassungsschutz in NRW und Rechtsextremismus-Experten haben bereits mehrfach vor der so genannten Justiz-Opfer-Hilfe gewarnt (die Löhner Zeitung berichtete). Ein verurteilter Neonazi, der auch für das mittlerweile verbotene "Collegium Humanum" in Vlotho aktiv war, gehört den Angaben nach zum Vorstand der Gruppierung. Der Löhner Rat verabschiedete im September 2012 einstimmig eine Resolution mit dem Ziel, die Aktivitäten der so genannten Justizopferhilfe in der Stadt zu unterbinden. Nahezu zeitgleich hatte es daraufhin nach der Gründung des Büros der sogenannten Justiz-Opfer-Hilfe eine erste friedliche Demonstration in Löhne gegeben. 300 Teilnehmer gingen dabei auf die Straße, um ein Zeichen für Zivilcourage zu setzen.
Bildunterschrift: Vom Vorplatz der Werretalhalle aus machten sich am Samstag 150 Demonstranten auf den Weg zum Büro der so genannten Justiz-Opfer-Hilfe NRW.
Bildunterschrift: Tamara Di-Turo (von links), Jasmina Jana Brackmann und Anne Wehmeier präsentieren ein Banner, das für Vielfalt und Toleranz in Löhne wirbt. Darauf sind unzählige signierte Handabdrücke zu sehen.
Bildunterschrift: Musikalischer Protest: Volker Hegemann, Sprecher des Bündnisses gegen Rechtspopulismus und Rechtsextremismus, stimmt mit Mitstreiterinnen ein Lied ein.
Bildunterschrift: Während der Kundgebung zu Beginn und des folgenden Marsches sind Seifenblasen in der Luft.
Bildunterschrift: Sowohl Holger Kasfeld (rechts) als auch Jürgen Birtsch wenden sich mit Reden an die Demonstranten.
Bildunterschrift: Als der Protestzug die Botschaft "Germanitien" an der Lübbecker Straße erreicht, sind die Räume verwaist. Eine direkte Konfrontation bleibt aus.
loehne@westfalen-blatt.de
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